Im Allgemeinfall gilt, dass für den Zustand
die Wahrscheinlichkeit, den Spin nach oben zu messen durch |a1|2 gegeben ist und für den Spin nach unten entsprechend durch |a2|2.
Wenn ich den Elektron-Spin aber gemessen habe, dann hat er hinterher auch den gemessenen Wert. Wenn ich also ein Elektron im Zustand
in meinen Apparat hineinschicke, dann ist es hinterher entweder im Zustand
wenn ich den Spin oben gemessen habe, oder im Zustand
wenn ich den Spin unten gemessen habe.
Und was passiert, wenn man den Stern-Gerlach-Apparat in eine andere Richtung dreht? Das könnt ihr selbst ausprobieren! Ich habe nämlich gerade ein total cooles Applet gefunden, mit dem man den Stern-Gerlach-Versuch selbst nachspielen kann:
Wenn ihr es ausprobieren wollt, klickt hier.
Oben könnt ihr die Messapparatur einstellen, links den Zustand der Atome, deren Spin ihr messen wollt. Per default sind die Spins anfänglich in x-Richtung ausgerichtet, aber es ist vermutlich einfacher, ihr schaltet das um und wählt für die Spin-Orientierung erst mal +z, also ↑
Ihr könnt einzelne Atome abschießen (“Fire Atom”) oder den Apparat automatisch die Atome schießen lassen – der Geschwindigkeitsregler sorgt dafür, dass ihr schnell eine gute Statistik anhäufen könnt.
Wenn ihr mit +z-Spins anfangt und den Apparat so lasst, wie er ist, dann bekommt ihr 100% aller Atome im oberen, roten Kanal und keine im unteren. Das ist nach dem eben gesagten auch logisch. Wenn ihr den Stern-Gerlach-Apparat dreht (oben mit dem Winkel-Einsteller), dann verschieben sich die Wahrscheinlichkeiten. Liegt er bei genau 90°, dann bekommt ihr gleich viele Atome in beiden Kanälen, das ist genau der 50-50-Zustand von eben.
Spielt ein bisschen damit herum, dann bekommt ihr hoffentlich ein Gefühl für die Sache. Anschließend könnt ihr auch einen zweiten Messapparat hinter den ersten schalten. Ihr könnt dann zum Beispiel schauen, was passiert, wenn ihr die beiden Apparate gegeneinander verdreht.
Ist beispielsweise der erste Apparat um 90° gedreht, dann gehen 50% der Atome durch. Diese Atome sind jetzt in einem klar definierten Spinzustand, nämlich +x; der Spin zeigt in +x-Richtung. Wenn ihr den zweiten Apparat ebenfalls um 90° dreht, dann kommen alle Atome, die den ersten passieren, auch durch den zweiten durch. Dreht ihr dagegen den zweiten Apparat auf 0°, bleiben wieder 50% der Atome hängen.
Der Spin in der Quantenmechanik
Was haben wir herausgefunden? In der Quantenmechanik wird ein Teilchen mit Spin j durch 2j+1 Zahlen beschrieben (natürlich zusätzlich zu seiner Wellenfunktion, die uns sagt, wo sich das Teilchen vermutlich gerade rumtreibt). Die drei wichtigsten Fälle sind das Elektron (Spin 1/2, 2 Zahlen), Spin 1-Teilchen wie das Photon (3 Zahlen) und Spin-2-Teilchen wie das Graviton (5 Zahlen).
Wir haben auch dank des Stern-Gerlach-Experiments gesehen, was passiert, wenn man den Spin misst.
Aber was passiert, wenn wir Quantenfeldtheorie betreiben? Dort gibt es ja gar keine klar abzählbaren Teilchen, sondern nur Überlagerungen von Feldern oder Propagatoren. Und außerdem haben wir uns hier alles mit Hilfe von Rotationen überlegt – aber wegen der speziellen Relativitätstheorie sind Raum und Zeit ja gemischt. Was passiert dann? Hat der Spin dann auch eine Zeitkomponente? (Um die Antwort vorwegzunehmen: Ja, in gewisser Weise schon.)
Und mit diesem kleinen Cliffhanger verweise ich dann auf die nächste Folge der endlosen Serie “Quantenfeldtheorie für alle“.
Die Erklärung des Zusammenhangs zwischen Richtungsabhängigkeit und Spin stammt aus
R. Feynman “The Theory of Fundamental Processes”, das ich vorletztes Wochenende zu meiner großen Freude vollkommen überraschen auf dem Dachboden gefunden habe.
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