Auf der anderen Seite ist das Knistern einer etwas dickeren Folie (eine Chipstüte war zur Hand) lauter, besteht aber aus weniger Einzel-Knistern. Auch das ist einleuchtend – durch die größere Kraft beim Knicken wird die Luft stärker beschleunigt. (Es mag auch sein, dass die dickere Folie etwas gleichmäßigere Eigenschaften hat – mehr dazu unten -, das konnte ich aber nicht wirklich experimentell herausfinden.)
Also lernen wir daraus:
2. Dünne Folie begünstigt das Knistern, weil bereits kleine Kräfte ausreichen, um viele Dellen ins Material zu machen und sich entsprechend auch Knicke leichter bilden. Dafür sind Einzel-Geräusche bei dickerer Folie lauter, aber sie macht nicht so viele.
Aber auch Frischhaltefolie ist ziemlich dünn – trotzdem knistern sie weniger als zum Beispiel eine Chipstüte. Hier spielt das Material eine Rolle.
Frischhaltefolie fühlt sich sehr “weich” ein, während eine Chipstüte eher aus einer “härteren” Folie ist. Tatsächlich sind Frischhaltefolien aus Polyethylen, Chipstüten meist (jedenfalls die, in denen meine Lieblingschips kommen) aus Polypropylen. Polypropylen hat eine höhere Festigkeit und Steifigkeit als Polyethylen – bei der Verformung zu einer Delle wird bei höherer Steifigkeit mehr Energie gespeichert, die dann beim Knistern freigesetzt werden kann.
Der Grund dafür liegt in der chemischen Struktur. Polymere bestehen aus langen Kettenmolekülen, die miteinander verknäult sind. Für das mechanische Verhalten sind vor allem die Bindungen zwischen den Ketten wichtig. Beim Polyethylen sind die Ketten sehr einfach – sie bestehen aus einem Kohlenstoff-Rückgrat mit Wasserstoffatomen dran:
Von Mykhal, Public Domain, Link
Beim Polypropylen sind zusätzlich noch Seitengruppen (Methylgruppen) an jedem zweiten Kohlenstoffatom des Rückgrats befestigt:
Dubaj~commonswiki , Gemeinfrei, Link
Die zusätzlichen Seitengruppen verstärken die Bindungen zwischen den Ketten – sie machen ein Abgleiten der Ketten aneinander schwieriger, weil sie sich verhaken und sie sorgen für stärkere Anziehungskräfte durch schwache elektrische Kräfte (die so genannten van-der-Waals-Bindungen).
Und jetzt schauen wir uns noch einmal an, was mit unserer Delle passiert: Kein Knistern entsteht, wenn sich die Delle einfach gleichmäßig weiter ausbreitet (so wie man eine Teppichfalte weiterschieben kann). So sieht es vielleicht in etwa aus, wenn ich eine Delle erzeuge – die Kettenmoleküle sind ein bisschen gebogen:
Jetzt versuchen wir, die Delle weiterzubewegen. Damit das glatt und stetig geht, müssen sich die einzelnen Kettenmoleküle entsprechend verformen, so, als würdet ihr eine Teppichfalte weiterschieben:
Wenn ihr euch allerdings anguckt, was zwei Kettenmoleküle machen müssen, die übereinanderliegen, dann stellt ihr fest, dass sich dazu einzelne Bereiche in den Molekülen gegeneinander bewegen müssen:
Anders als beim Bild oben sind hier die beiden Ketten wirklich übereinander. Dadurch ist die Biegung in der oberen länger als in der unteren (deswegen habe ich die Linien gestrichelt, dann sieht man das besser). Die dünnen roten Linien sollen Bindungen zwischen den Kettenmolekülen darstellen. Wenn wir die Delle weiterschieben wollen, dann müssen sich die Ketten im Bereich der Biegung gegeneinander bewegen – zwei Punkte, die vorher gebunden waren, sind es hinterher, wenn wir die Ketten in diesem Bereich wieder parallel nebeneinander haben, nicht mehr. Beim Polyethylen sind die Bindungen zwischen den Ketten relativ schwach und lassen sich leicht lösen – die Kettenmoleküle gleiten leicht aneinander ab und die Delle lässt sich einfach weiterschieben, so wie im Bild oben.
Wenn die Bindungen zwischen den Ketten zu stark sind (wie beim Polypropylen), dann wird dieses Weiterschieben behindert. Die Ketten sind zu stark aneinander gebunden (oder miteinander verhakt), als dass sie einfach abgleiten könnten. Wenn ihr die Kraft auf die Delle weiter erhöht, dann “schnappen” die Moleküle irgendwann “durch”, etwa so:
Und dieses Durchschnappen ist ein ruckartiger Prozess, der entsprechend ein Geräusch erzeugt – einen Knister.
Also:
3. Je stärker die einzelnen Kettenmoleküle aneinander gebunden sind, desto schlechter können sie abgleiten. Das begünstigt das Knistern, weil verformte Bereiche sich dann eher durch “Durchschnappen” (oder Knicken) verformen als sich gleichmäßig auszubreiten.
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