Der Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass Polypropylenfolien für Verpackungen oft gestreckt (man sagt auch manchmal “orientiert”) werden – das Material wird bei der Herstellung stark gezogen, so dass sich die Kettenmoleküle bevorzugt in eine Richtung ausrichten. Das erhöht die Festigkeit weiter. Entsprechend wird das Abgleiten weiter erschwert und so neigt die Folie noch stärker zum Knistern.
Zusätzlich vermute ich, dass beim Strecken des Materials die Materialeigenschaften ungleichmäßig werden, weil nicht alle Bereiche sich exakt gleich verformen. Wenn ihr eine weiche Plastiktüte stark zieht, könnt ihr sehen, dass die Verformung ziemlich ungleichmäßig ist (bei mir bilden sich jedenfalls immer “Wellen” in der Tüte) Auch wenn das bei einer Verpackungsfolie natürlich nicht so ausgeprägt ist, scheint es doch so zu sein, dass einige Stellen im Material fester sind. Dafür spricht jedenfalls, dass es wesentlich schwerer ist, eine herabhängende gezogene Polypropylen-Folie ganz gleichmäßig wie eine Fahne zu schwenken als eine Polyethylenfolie.
Wenn das so ist, dann verstärkt es das Knistern dadurch, dass sich die Verformung an Bereichen mit etwas höherer Festigkeit arretiert und dann wieder ausbreitet, bis der nächste festere Bereich kommt. Um das noch auf andere Weise zu testen, habe ich ungestreckte Polyethylenfolie mit der Hand gestreckt – danach knisterte sie stärker, wobei aber die Handstreckung natürlich sehr ungleichmäßig ist und die Folie auch bei Strecken dünner wird. So ganz wasserdicht ist dieser Teil der “Theorie” also nicht. Trotzdem halte ich mal fest:
4. Gestreckte Folie begünstigt das Knistern, weil dort die Bindungskräfte stärker sind. Eventuell sorgen auch die ungleichmäßigen Materialeigenschaften dafür, dass Dellen eher arretieren.
Schließlich hatte ich noch die zweilagige Folie – die besteht aus einer dünnen gestreckten Polypropylen- und einer dickeren Polyethylenfolie. Sie raschelt weniger als die Polypropylenfolie allein – das ist auch zu erwarten, weil die dickere und weichere Polyethylenfolie die Eigenschaften ausgleicht. Beim Verformen mit einer Delle breitet sich die Delle jedenfalls wesentlich gleichmäßiger aus und wird nicht so leicht arretiert. Die weichere Polyethylen-Folie hindert die dünne Folie natürlich auch daran zu knicken, weil die weiche Folie weniger “knickfreudig” ist.
Das ergibt
5. Bei der zweilagigen Folie sorgt die zweite Lage dafür, dass das Materialverhalten “weicher” wird – es gibt weniger Arretierungen, die Dellen breiten sich leichter aus und die gestreckte Folie wird am Knicken gehindert.
So, alles in allem haben wir damit ein schöne und durch Experimente gestützte Knister-Theorie (oder sollte ich sie noch vorsichtig als Hypothese bezeichnen?). Um sie wirklich zu überprüfen, wären ein paar weitere und exaktere Experimente nötig – man müsste das Knistern in Lautstärke und Häufigkeit der “Einzelknister” quantitativ messen und mehrere Folien gleicher Dicke aus unterschiedlichen Materialien vergleichen. Aber das soll hier ja keine Bachelor-Arbeit werden, sondern nur ein Blogeintrag.
Nachdem ich meine Experimente beendet und erste Theorien aufgestellt habe, habe ich noch mal im Internet gesucht. Hier und hier findet man Erklärungen, die zu meiner passen (an den Begriff “Knicken” hatte ich auch vorher gar nicht gedacht). Echte wissenschaftliche Veröffentlichungen habe ich nicht parat, aber es gibt zumindest Patente, in denen das Raschelverhalten untersucht wird. In dem Patent wird tatsächlich bei PE-Folie von unzureichendem Rascheln gesprochen.
Das passt auch zu den Internet-Links: Dort steht nämlich, dass es bei Chipstüten extra Sound-Designer gibt, die dafür sorgen, dass es schön raschelt – auch wenn es mir (und meiner Umwelt) oft lieber wäre, die Tüte wäre etwas leiser. Immerhin kommt man so zu ein paar unterhaltsamen Experimenten.
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