Heute ist es soweit: Nach all der Mühen der bisherigen Teile haben wir nun alle Bausteine zusammengesamelt, um ein wirklich fundamentales Ergebnis herzuleiten: Warum ziehen sich Massen an, aber gleiche elektrische Ladungen stoßen sich ab? Koppelt man unsere Überlegungen zum Spin mit den Erkenntnissen der Relativitätstheorie, ergibt sich eine einfache Erkenntnis: Der Spin des Austauschteilchens entscheidet.
Achtung: In diesem Teil werde ich sehr heftig von den Tricks der speziellen Relativitätstheorie Gebrauch machen. Es empfiehlt sich vielleicht, den entsprechenden Teil dieser Serie nochmal zu lesen oder einfach in einem zweiten Browser-Fenster aufzuklappen, dann könnt ihr immer schnell nachgucken. Und vielleicht braucht ihr noch ein drittes Fenster, in dem ihr die Überlegung zur Kraft zwischen zwei Quellen aufklappt. Ein kurzer Blick auf die beiden Abschnitte zum Spin schadet sicher auch nichts… (Falls ihr es noch nicht bemerkt habt: Der Link “Artikelserien” oben auf der Seite gibt euch einen Überblick über meine längeren Werke. Da könnt ihr direkt zu allen bisherigen Teilen springen.)
Wie ihr gleich sehen werdet, ist das Argument trotz aller Vorarbeit ziemlich länglich geraten. Ich gebe hier einen kurzen Überblick, wie die Logik des Arguments geht, und dann erkläre ich die Einzelheiten. Um das ganze etwas einfacher zu machen, haben ich auch noch Zwischenüberschriften eingezogen, die, wenn man sie einfach hintereinander liest, den Kern des Arguments wiedergeben. Trotz allem: Ich bin mir ziemlich sicher, dass es schwierig ist, diesen Text beim ersten Lesen zu verstehen. Falls jemand einen Tipp hat, wo man das Argument straffen oder vereinfachen kann, bin ich dankbar. Falls ich euch irgendwo total abhänge, dann nörgelt bitte auch.
Hier also ein kurzer Überblick über die Logik des Arguments:
- Wir haben gesehen, dass der Ausdruck J(x)D(x-y)J(y) (gelegentlich auch W(J) genannt) direkt mit der Energie zwischen zwei Quellen zusammenhängt. Er ist größer als Null, und damit ist die Energie negativ. Wir gewinnen also Energie, wenn wir zwei Quellen zusammenbringen, und das bedeutet, dass sie sich anziehen.
- Dieses Argument hatte den Spin nicht berücksichtigt – mit anderen Worten, es galt für ein Spin-0-Teilchen.
- Ein Spin-1-Teilchen mit Spin in Raumrichtung das zwischen zwei Quellen ausgetauscht wird, verhält sich sehr ähnlich wie ein Spin-0-Teilchen. In diesem Fall hat W(J) also dasselbe Vorzeichen wie beim Spin-0-Teilchen.
- Um an ein Spin-1-Teilchen zu koppeln, braucht man eine Quelle, die sich wie ein relativistischer Vierervektor verhält. Für den Fall der elektrischen Ladung ist das beispielsweise der Vierervektor aus Ladungsdichte und Stromdichte.
- Ruhende elektrische Ladungen die an ein Spin-1-Feld koppeln, tun dies entsprechend über die zeitliche Komponente. Zwischen ihnen wird dann also ein Spin-1-Teilchen mit Spin in “Zeitrichtung” ausgetauscht.
- Nach den Rechenregeln der SRT dreht sich das Vorzeichen um, wenn man in einem solchen Produkt von der Raumkomponente zur Zeitkomponente übergeht. W(J) hat also entgegengesetztes Vorzeichen, wenn das ausgetauschte Teilchen seinen Spin “in Zeitrichtung” hat.
- Weil sich das Vorzeichen von W(J) umkehrt, kehrt sich auch das Vorzeichen der Energie um – aus Anziehung wird Abstoßung. Gleiche Ladungen stoßen sich jetzt ab, wir können aber mit ungleichen Ladungen noch ein Vorzeichen dazubekommen (eine Ladung ist negativ, also gibt es ein Minus-Zeichen), und entsprechend ziehen sich ungleiche Ladungen an.
Das ist der das Argument so weit eingedampft, wie ich nur konnte. Und jetzt schauen wir uns die einzelnen Schritte etwas genauer an. Wir fangen da an, wo wir letztes mal aufgehört haben, mit der Frage, was aus dem Spin in der Quantenfeldtheorie wird.
In der QFT wird ein Spin-1-Teilchen durch Vierervektoren beschrieben
Ein quantenmechanisches Spin-1-Teilchen wird durch drei Zahlen beschrieben – das haben wir neulich ausführlich angeguckt. Analysiert man, wie sich diese drei Zahlen verhalten, wenn man das Koordinatensystem dreht, dann sieht man, dass sie sich benehmen wie ein Vektor1. Der Spin hat in diesem Fall also eine “Richtung”. (Das ist nicht selbstverständlich so, auch wenn es zu unserer klassischen Vorstellung eines sich drehenden Teilchens passt. Bei Spin 1/2 zum Beispiel kann man nicht so einfach eine Richtung angeben, bei Spin 2 braucht man in gewisser Weise sogar zwei Richtungen.)
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