Jetzt könnte jemand einwenden, warum das bei den Spin-0-Teilchen nicht so war – warum habe ich da die Quelle nicht auch als Vierervektor geschrieben? Das habe ich deswegen nicht getan, weil da eben nur die Null-Komponente an das Quantenfeld koppelt. Das bedeutet, dass sich – weil sich bei Lorentztransformation die Nullkomponente ändert – die Anziehungskraft zwischen bewegten Ladungen, die über ein Spin-0-Feld wechselwirken, verringern muss. Das steht mal wieder bei Feynman (Lectures on Gravitation). (Feynman benutzt es als Argument, warum die Gravitation nicht durch Spin-0-Teilchen vermittelt werden kann.)
Wir bekommen eine saubere, relativistisch korrekte Größe, wenn wir das Ganze so schreiben:
Jμ(x) Dμν(x-y) Jν(y)
Hier regt also die μ-Komponente der Quelle J am Punkt x unser Spin-1-Feld an. Dieses propagiert zum Punkt y und wechselwirkt mit der ν-Komponente der Quelle am Punkt y.
Ja, relativistisch invariant ist das natürlich nur mit impliziter Summenkonvention. Falls ihr gerade darüber nörgeln wolltet – gehört das wirklich in den “harmlosen” Teil? (Der heute eh schon nicht so harmlos ist.) Wir betrachten hier gleich eh nur einzelne, konkrete Werte für die Indices.
Die Relativitätstheorie dreht das Vorzeichen
Für die Anziehung zwischen zwei ruhenden Quellen (also konkret z.B. zwei ruhenden elektrischen Ladungen) sind nur die Zeit-Komponenten von J relevant (das war ja gerade die Ladung), also ist μ=0 und ν=0. Wir interessieren uns also für
J0(x) D00(x-y) J0(y)
Oben hatte ich argumentiert, dass beim Austausch eines Spin-1-Teilchens mit richtiger räumlicher Orientierung des Spins eine Anziehungskraft zwischen den Quellen herrschen muss, die durch diesen Austausch zu Stande kommt, weil das letztlich analog zum Spin-0-Teilchen sein muss. (Das war das Argument mit der kinetischen Energie.)
Für diesen Fall müssen wir also (beispielsweise, hier für die 1-Komponente geschrieben)
J1(x) D11(x-y) J1(y)
berechnen und das Ergebnis ist genau dasselbe wie bei der alten Kraftberechnung. Insbesondere ist dieser Ausdruck größer als Null. (Wir hatten ihn neulich W(J) genannt.)
Dieses Produkt involviert zwei raumartige Komponenten zwischen Vierervektoren. Unsere Anziehungskraft für die Zeitkomponente involviert im Gegensatz dazu zwei zeitartige Komponenten. Und jetzt kommen die Regeln der Relativitätstheorie ins Spiel.
Wir hatten hier eine Formel für den Raumzeitabstand kennengelernt. Da konnte man sehen, dass die Zeitkomponente beim Multiplizieren ein anderes Vorzeichen hat als die Raumkomponente. Verwendet man dieses Wissen, dann kann man sofort sehen, dass das Vorzeichen für
J0(x) D00(x-y) J0(y)
genau entgegengesetzt sein muss wie das für
J1(x) D11(x-y) J1(y)
Da der Ausdruck nur dann ungleich Null sein soll, wenn μ=ν ist und da er außerdem invariant sein soll, muss Dμν proportional zur Metrik ημν sein. (Feynman macht es sich gleich ganz einfach und schreibt direkt Jμ(1/k2)Jμ, dann sieht man das unterschiedliche Vorzeichen noch schneller.) Wie gesagt, das gilt nur für masselose Teilchen, für Spin-1-Teilchen mit Masse kommt hier noch ein zweiter Term hinzu.
Endlich: Die Abstoßungskraft
Nun war J(x)D(x-y)J(y) ja gerade der Extra-Phasenfaktor (Dreh des Amplitudenpfeils), der etwas über die Energie aussagt. Beim Austausch von Spin-0-Teilchen ist er größer als Null und die Wechselwirkungsenergie wird (weil sie entgegengesetztes Vorzeichen hat) negativ, es gibt also eine Anziehungskraft, denn es ist energetisch günstig, die Ladungen zusammenzubringen.
Tauschen wir dagegen Spin-1-Teilchen zwischen Ladungen aus, ist das Vorzeichen entgegengesetzt. J0(x) D00(x-y) J0(y) ist also kleiner als Null, also ist die Energie größer als Null. Es gibt also eine Abstoßungskraft.
Es sei denn natürlich, die beiden J’s haben selbst noch entgegengesetzte Vorzeichen. Ist ein J positiv, das andere negativ, dann bekommen wir ein weiteres Minuszeichen, und die Energie wird wieder negativ.
Wir sehen also: Entgegengesetzte Ladungen ziehen sich an, gleichnamige Ladungen stoßen sich ab.
Spin-2-Teilchen: Einfacher geht’s nicht
Zum Abschluss – weil das jetzt wirklich simpel ist – ein kurzer Blick auf Spin-2-Teilchen. Bei Spin-2-Teilchen haben wir nicht mehr bloß einen Viererindex für den Spin, sondern gleich zwei. (Das erkläre ich vielleicht ein andermal.) Das gilt entsprechend auch für die Quellen. Der Propagator hat dann gleich vier Indices (zwei für den Zustand beim Losfliegen, zwei für den beim Ankommen). Man kann dieselbe Überlegung anstellen wie eben – nur dass man jetzt zwei mal so viele Indices hat. Entsprechend hat man auch zwei Vorzeichenwechsel, das Vorzeichen ist also das Alte.
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