Ja, auch als Saurier hatte man es nicht leicht. Einige von ihnen legten sich ja so etwa in der mittleren Jurazeit (so grob vor 170 Millionen Jahren) ein hübsches Kleid aus Federn oder Protofedern zu (war ja auch gemütlich warm) – und prompt wurden sie von Flöhen befallen, die sich extra zu diesem Zweck entwickelten.1
150 Minuspunkte für jeden, der sich in den Kommentaren beschwert, dass die Evolution doch keine Zwecke verfolgt. Ihr wisst schon, was ich meine…
Und diese Flöhe fingen nicht etwa klein an – im Gegenteil. Es waren richtige Riesen – jedenfalls für Flohverhältnisse. Sie erreichten Körperlängen von mehr als zwei Zentimetern:
Aus Huang et al., s.u.
und hatten ziemlich furchterregende Beißwerkzeuge:
Aus Huang et al., s.u.
“Oh Manno”, stöhnt die versierte Internetnutzerin1, “das konnte man doch nun wirklich auf jeder Wissenschaftsnachrichtenseite lesen. Ja, die waren ganz groß und hatten gezackte Beißwerkzeuge und springen konnten sie auch nicht. Laaangweilig.”1Jaja, die weibliche Form schließt … kennt ihr ja.
In der Tat, die Riesenflöhe hatten keine abgeflachten Körper und ihre Beine hatten keine besondere Sprungkraft – die kam erst später. An den Beinen hatten sie Klauen, mit denen sie sich gut in Haar oder ähnlichem festhalten konnten, was dafür spricht, dass ihre Wirtstiere irgendwie behaart waren. Das steht in so ziemlich jeder Pressemitteilung zum Thema (und Original in der unten angegebenen Nature-Veröffentlichung).
O.k., wenn ich schon nicht der super-aktuell-Blogger bin, dann krame ich dafür ein paar Hintergrundinformationen raus, damit ihr doch einseht, dass ihr nirgendwo so coole Wissenschaft bekommt wie auf den Scienceblogs.
Zunächst mal sind die neuen Biester, die im Moment noch nicht mal einen Namen haben (“Taxonomic descriptions will be published elsewhere.” – das kommt davon, weil nature-paper immer nur 4 oder 5 Seiten lang sein dürfen1), sondern die wunderschön poetischen Bezeichnungen “Taxon A” und “Taxon B” tragen, nicht die ersten Dino-Flöhe, die man gefunden hat. Diese Ehre gebührt der Gattung Tarwinia, die also auch einen richtigen Namen hat. Tarwinia lebte allerdings in der Kreidezeit, während Taxon A aus dem Jura stammt, also einige zehn Millionen Jahre älter ist. Außerdem war Tarwinia mit 7 Millimeter Körperlänge auch eher klein (wenn auch größer als die meisten heutigen Flöhe).
1Falls die Autoren irgendjemanden gar nicht mögen, ist das natürlich die Gelegenheit, einen der Flöhe nach dieser Person zu bennenen. So ein Riesen-Blutsauger könnte auch prima nach einem Finanzminister oder so heißenn, oder…? Sowas gab’s ja in der Paläontologie schon öfters – eins der bekanntesten Beispiele ist sicher Mosasaurus copeanus – von Othniel Marsh nach seinem Erzrivalen (aber wohl nicht Fernschachgegner) Edward Drinker Cope benannt – man lese Cope-Anus… Mehr so schöne Namen findet ihr übrigens hier.
Hier ein Bild von Tarwinia:
Flöhe leben ja nur auf warmblütigen Tieren und verstecken sich in deren Pelz – deswegen nahm man auch lange Zeit an, dass sie sich auf Säugetieren entwickelten (beispielsweise im Buch “Evolution of the Insects” von Grimaldi und Engel, dessen Abschnitt über Tarwinia man online nachlesen kann – schmeißt einfach ne google-Suche an). Seit etwa 15 Jahren wissen wir aber, dass auch viele Dinosaurier nicht einfach schuppig waren, sondern Vorformen der Federn oder auch echte Federn trugen (im Fachjargon gern als “Dino-Fuzz” zusammengefuzztfasst). Wäre ja blöd von der Evolution1, sich diese schicke ökologische Nische entgehen zu lassen, oder?
1Nochmal 50 Minuspunkte, falls ihr euch gerade über die Formulierung “blöd von der Evolution” echauffieren wolltet.
Tja, was sonst haben die üblichen Verdächtigen in ihren Wissenschaftsseiten nicht erzählt? 1 Zunächst mal sprangen die Flöhe ja nicht einfach so aus dem Nichts in die Welt- (oder Vor-) geschichte (zumal sie ja zuerst gar nicht springen konnten). Ihre nächsten Verwandten sind die Mecoptera – und hier ergibt sich für den fleißigen, aber nicht entomologisch versierten Blogger ein kleines Problem. Im Englischen heißt die Gruppe der Mecoptera “scorpion flies” – übersetzt Skorpionsfliegen. Im Deutschen aber ist der Gruppenname für die Mecoptera “Schnabelfliegen” und der Name “Skorpionsfliegen” ist für die kleinere Familie der Panorpidae vorbehalten. (Die aber wohl nicht die sind, die mit den Flöhen am nächsten verwandt sind.) Ehe ich mich im Gewirr von Namen verheddere, bleibe ich bei Mecoptera.
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