Quelle: Bates&Falkingham, s.u
Die Bisskraft am hinteren Zahn variiert zwischen schlappen 667 Newton für einen abgelaschten Brauen-Glattstirnkaiman (seine Artgenossen erreichten bis zu 1125 Newton) und ziemlich heftigen 16414 Newton für eins der Spitzkrokodile. Dass die Spanne sehr groß sein würde, überrascht natürlich nicht – den auch die Krokodile haben nicht nur unterschiedliche Kopfformen, sondern natürlich auch schlicht und einfach unterschiedliche Körpergrößen.
Und was kommt nun heraus, wenn man sich anschaut, welchen Grund es jeweils für die unterschiedliche Bisskraft gibt? Dazu wurde die Bisskraft größenabhängig normiert, so dass man unterschiedliche Arten vergleichen kann, und dann wurde sie gegen ein Maß für die Kopfform aufgetragen, so wie wir uns das oben überlegt haben. Das Ergebnis sieht so aus:
Quelle: Erickson et al., s.u.
O.k., man kann eine Linie durch die Datenpunkte durchzeichnen, aber man müsste schon sehr mutig sein, um diese Korrelation ernst zu nehmen. Sowohl bloßes Hinsehen als auch der niedriger R2-Wert, der misst, wie gut die Linie die Datenpunkte wiedergibt, sprechen eine deutliche Sprache: “Leider falsch, aber danke fürs mitspielen.”
Trägt man dagegen die Bisskraft ganz banal gegen die Körpergröße (bzw. das Gewicht) auf, dann sieht die Sache wesentlich deutlicher aus:
Quelle: Erickson et al., s.u.
Wer hätte das gedacht? Die Bisskraft korreliert extrem gut mit der Körpermasse, ziemlich unabhängig davon, ob der Schädel nun robust oder eher grazil gebaut ist. Das bedeutet natürlich, dass die Spannungen in diesen Schädeln entsprechend höher sind als in dem eines Alligators oder Spitzkrokodils.
Wie kommen diese Krokodilarten mit den eher schwach gebauten Schädeln wie etwa das Panzerkrokodil oder das Australien-Krokodil damit klar? Sie beißen vermutlich zumindest bei der Futtersuche selten mit voller Kraft zu, denn sie fressen vergleichsweise kleine Beute. Bei Kämpfen mit anderen Krokodilen aber dürfte die hohe Bisskraft eher ein Problem sein, und tatsächlich ist es wohl so, dass Arten mit eher grazilen Schädel wesentlich häufiger gebrochene Kiefer haben als andere. Sie operieren also anscheinend mit einem deutlich kleineren Sicherheitsfaktor.
Dieses Ergebnis ist eine handfeste Überraschung und die eigentliche Sensation dieses papers. Es lässt natürlich auch andere Simulationsrechnungen, die sich auf die Schädelkräfte stützen, zweifelhaft erscheinen. Ich denke, da werden einige Leute ins Grübeln kommen. (Die Arbeit von Bates und Falkingham wird davon aber nicht berührt, denn die haben ja ihre Berechnung auf die Muskelsimulation gestützt, nicht auf die Spannungen im Schädel.)
Gaviale mit ihren sehr schlanken Schädeln fallen übrigens tatsächlich etwas aus der Reihe – ihr Datenpunkt (G.g.) liegt deutlich unterhalb der Linie, ebenso der der falschen Gaviale (T.s.). Zumindest für sie stimmt also die ursprüngliche Idee, doch so deutlich, wie man den Zusammenhang erwartet hatte, ist er nicht.
Aus der Bisskraft und der Zahnform lässt sich auch der Druck berechnen, mit dem der Zahn auf die Beute drückt. Auch hier ergeben sich große Schwankungen zwischen 153 und gigantischen 1349 Megapascal (Newton pro Quadratmillimeter). Der höchste Wert tritt dabei beim Gavial auf – das ist kein Widerspruch, sondern liegt einfach daran, dass der Gavial sehr spitze Zähne hat, so dass die Kraft sich auf eine sehr kleine Fläche verteilt. Den Wert von 1349 MPa finde ich allerdings ein bisschen zweifelhaft, denn er liegt über der Bruchfestigkeit von Zahnschmelz. Da würde es sich sicher lohnen, noch einmal genauer hinzuschauen, um zu sehen, wie genau die Gaviale diesen hohen Druck hinbekommen, ohne sich die Zähne zu zerbrechen.
Aber eigentlich wollt ihr ja etwas über das Beißduell erfahren. Da die Werte für die Bisskraft so schön auf einer Linie liegen, kann man sie natürlich auch zu größeren Massen hin extrapolieren. Und wenn man das tut, dann kommt man für Deinosuchus, das Riesenkrokodil aus der Kreidezeit, auf einen Wert von 102803 Newton, also etwa doppelt so viel wie für den Tyrannosaurus rex. Der mag zwar der König der Tyrannenechsen sein, aber der unangefochtene Meister gigantischer Bisskraft ist Deinosuchus.
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