Die Geschichte von der Gans, die goldene Eier legt, gehört natürlich ins Reich der Märchen (auch wenn es eine passende Science-Fiction-Geschichte von Isaac Asimov gibt). Es gibt aber tatsächlich ein Bakterium, das Goldklümpchen produziert – wenn auch nicht per Kernreaktion.

Cupriavidus metallidurans (wenn ich mich nicht irre, bedeutet das zu Deutsch etwa “metallaushaltender Kupfergieriger”) ist ein Bakterium, das in schwermetallreichen Gegenden lebt und überlebt. Man findet es beispielsweise in Australien an Stellen wo es auch Goldvorkommen gibt.

Gold ist ja normalerweise chemisch ziemlich träge und gut bioverträglich1 – das ist ja auch ein Grund, warum man aus Gold Füllungen für Zähne herstellt. In den australischen Lebensräumen von C. metallidurans allerdings kommt Gold auch als Gold-Ion (Au(III), also dreifach ionisiert) vor und zwar in Hydroxychlorid-Verbindungen (also in Verbindung mit Chlor- und OH-Ionen). In dieser Form ist Gold nicht mehr harmlos, sondern wirkt auf viele Bakterien toxisch.

1Entschuldigung an alle ExpertInnen: Ich weiß, dass Biokompatibilität per Definition keine Materialeigenschaft, sondern immer vom Anwendungsfall abhängig ist, aber diese Spitzfindigkeit wollte ich mir im Haupttext ersparen und verbanne sie deshalb in diese Fußnote.

Gold liegt normalerweise ja deshalb in metallischer Form vor und rostet nicht, weil Goldatome eine hohe Elektronenaffinität haben – sie lassen sich ungern Elektronen klauen. Hydroxychlorid-Verbindungen sind dazu zwar in der Lage, aber nur wenige andere Verbindungen schaffen das – deswegen löst sich Gold in den meisten Säuren auch nicht auf und rostet nicht.

Gelangen Au(III)-Ionen in eine Zelle, dann klauen sie sich Elektronen, oder, vornehm ausgedrückt, sie setzen die Zelle unter oxidativen Stress, ganz ähnlich wie das andere Substanzen, beispielsweise Wasserstoffperoxid tun. Dabei bildet sich zunächst Au(I), also einfach ionisiertes Gold. Dieses ist für die meisten Bakterien immer noch toxisch.

C. metallidurans besitzt allerdings spezielle Mechanismen, um mit giftigen Gold-Ionen fertig zu werden. Die Anwesenheit von Gold-Ionen aktiviert entsprechende Gene, die auch durch Wasserstoffperoxid aktiviert werden können. Diese sorgen für eine weitere Reduktion der Au(I)-Ionen zu echtem elementaren Gold, das dann als Nanopartikel innerhalb des Bakteriums vorliegt:

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Aus Reith et al., s.u.

In dieser Form ist das Gold dann harmlos und schadet dem Bakterium nicht weiter. Der Mechanismus funktioniert übrigens nicht nur für Gold, sondern auch für andere Schwermetalle, beispielsweise Cadmium, Blei oder Kupfer. Deswegen heißt das gute Bakterium ja auch “metallidurans”.

Drüber gestolpert bin ich übrigens, als ich neulich mal wieder mit meinen Studis die Frage diskutiert habe, warum es in der Natur keine Metalle in metallischer Form gibt und deswegen meinen alten Text noch mal gelesen habe. Beim Lesen der Kommentare bin ich dann wieder auf diesen Hinweis gestoßen, der entsprechende Spekulationen auslöste: C. metallidurans könnte sich ja evolutionär weiterentwickeln und sich beispielsweise einen Panzer aus Gold (oder einer Gold-Kupfer-Legierung) zulegen. Und wenn es größere Bereiche in Australien (oder auf einem anderen Planeten) gäbe, die sehr reich an Gold oder anderen Schwermetallen wären, könnten solche Bakterien vielleicht auch größere Metallstrukturen bauen, vielleicht sogar makroskopische Schalen oder Knochen auf Metallbasis (in denen das Metall immer noch als Nanoteilchen umgeben von organischen Molekülen vorliegt, so wie die Keramik in unseren Knochen.). Zugegeben, sehr wahrscheinlich ist das nicht, darauf wurde in den Kommentaren ja auch hingewiesen.

Aber auch ohne solche Science-Fiction-Ideen ist C. metallidurans ziemlich interessant. Es wirft auch die Frage auf, in wieweit Gold- und andere Metallvorkommen durch Bakterien beeinflusst sind. Und schließlich könnte man auf die Idee kommen, C. metallidurans so weiterzuzüchten, dass es Goldvorkommen abbauen kann – entweder in goldreichen Gegenden oder vielleicht auch, indem es das Gold aus Meerwasser extrahiert.


Reith, F., Etschmann, B., Grosse, C., Moors, H., Benotmane, M., Monsieurs, P., Grass, G., Doonan, C., Vogt, S., Lai, B., Martinez-Criado, G., George, G., Nies, D., Mergeay, M., Pring, A., Southam, G., & Brugger, J. (2009). Mechanisms of gold biomineralization in the bacterium Cupriavidus metallidurans Proceedings of the National Academy of Sciences, 106 (42), 17757-17762 DOI: 10.1073/pnas.0904583106

Kommentare (8)

  1. #1 BreitSide
    5. Mai 2012

    …ginge der Goldglanz alles nicht viel leichter mit Staphylococcus Aureus? Duckundwech…

    Die metallharten Bakterien könnte man ja auch zur Sanierung von Böden verwenden. Sowas in der Richtung wird doch schon gemacht?

  2. #2 WolfgangK
    5. Mai 2012

    Abgesehen davon, was man mit diesem Bakterium alles machen könnte bzw. es selbst aus dieser Metallverwendungsfähigkeit erstellen könnte; was macht es denn mit den Nanoteilchen überhaupt derzeit? Wozu nimmt es denn Metalle konkret überhaupt auf und lagert die ein? Oder habe ich was überlesen?

  3. #3 MartinB
    5. Mai 2012

    @WolfgangK
    Es lagert sie nur ein, um das giftige Gold (in Ionenform) loszuwerden. Ob es sie irgendwann ausscheidet, konnte ich dem Artikel nicht entnehmen, ich vermute es aber.

  4. #4 WolfgangK
    5. Mai 2012

    @Martin
    Ach klar, verstehe. Die toxischen AU(III)-Ionen werden ja nicht bewusst zu einem Zweck aufgenommen, sondern dringen mit ein, weil sie in der Umgebung vorliegen und dann vom Bakterium neutralisiert werden müssen. Naja, manchmal dauert´s etwas länger mit dem Denken bei mir…
    Ich vermute auch, dass die Nanopartikel wieder ausgeschieden werden. Theoretisch müsste ja das Bakterium sonst immer schwerer werden – je nach Lebensdauer.

  5. #5 BreitSide
    6. Mai 2012

    Ich will eine Benachrichtigung!

  6. #6 Dagda
    6. Mai 2012

    @ WolfgangK und MartinB
    Bakterien vermehren sich ja nur durch Zellteilung ( Tun sie das immer und ausschließlich und symmetrisch?). Wenn sie die Goldpartikel dann nicht irgendwann los werden, dann würden sie das ja durch die Zellteilungen mitschleppen, oder?

  7. #7 MartinB
    6. Mai 2012

    @Dagda
    Ich gehe schond avon aus, dass die irgendwann ausgeschieden werden, es stand aber nicht explizit in der Arbeit (oder ich habe es überlesen).

  8. #8 BreitSide
    6. Mai 2012

    Oh je, schon wieder ein Blog, der mir keine Nachrichten schickt. Sehr lästig das. Ist schon der Dritte nach Geograffitico und Primaklima.

    Naja, es gibt ja noch die Lesezeichen…;-(