In populärwissenschaftlichen Büchern und selbst in Fachbüchern liest man über das Vakuum seltsame Dinge, beispielsweise so etwas:
“The vacuum is boiling sea of nothingness, full of sound and fury…”
“A storming sea of quantum fluctuations”
“Das Vakuum ist voller Quantenfluktuationen”
Was genau ist denn nun das Vakuum? Das werden wir jetzt herausfinden – und dabei leider feststellen, dass die meisten dieser anschaulichen Umschreibungen zumindest schief sind.
Zunächst ein Wort der Warnung: Das, was ich hier erzähle, habe ich mir zu einem guten Teil selbst zusammengereimt. Nachdem dieser Teil (und der nächste, für einen wurde es jetzt doch zu lang und unübersichtlich…) fast fertig war, habe ich dann endlich das Buch von Hatfield (QFT of Particles and Strings) in die Finger bekommen, in dem der Vakuumzustand detailliert (wenn auch sehr mathematisch) erklärt wird. Soweit ich sehen kann, passt das, was ich hier geschrieben habe, damit gut zusammen, ich übernehme aber keine Garantie, dass nicht doch irgendein Argument hier etwas windig ist. Ich könnte natürlich gleich erklären, was bei Hatfield steht, aber vielleicht ist es viel spannender zu sehen, wie ich selbst zu meinen Ideen über das Vakuum gekommen bin.
Das Ein-Punkt-Universum
Betrachten wir ein Universum, das nur aus einem einzigen Punkt besteht. Ja, jetzt könnt ihr zu recht einwenden, dass dann das Bild der schwingenden Membran, mit dem wir unsere QFT immer veranschaulicht haben, wenig Sinn ergibt. Das macht aber nichts, die Membran ist eine nette Hilfe für die Anschauung, aber heute tun wir mal so, als wären wir Hardcore-TheoretikerInnen, die sich um die Interpretation ihrer Gleichungen nicht kümmern.
Also, wir haben ein Universum mit einem einzigen Punkt, an dem ein Quantenfeld φ sitzt. Wir betrachten wieder die Lagrangefunktion so wie damals, als wir die Klein-Gordon-Gleichung eingeführt haben. Da hatten wir gesehen, dass die Lagrangefunktion einen Ausdruck für die kinetische Energie gibt, der die zeitliche Änderung des Feldes enthält. Dieser Ausdruck bleibt uns natürlich erhalten.
Zusätzlich hatten wir auch noch einen zweiten Term, der die räumliche Änderung des Feldes beinhaltete. Diesen Ausdruck gibt es jetzt nicht – da wir nur einen Punkt haben, kann sich räumlich nichts ändern.
Und dann hatten wir noch einen Extra-Term, der war proportional zum Quadrat des Feldes. Dieser Extra-Term hing – wie wir später gesehen haben – mit der Masse zusammen.
Unsere Lagrangefunktion an einem Punkt hat also zwei Terme: Die kinetische Energie (die enthält die zeitliche Änderung von φ) und die potentielle Energie, in der das Quadrat von φ drinsteckt. Wenn ihr euch das als Gleichung hinschreibt, dann sieht die Lagrangefunktion exakt so aus wie die für einen harmonischen Oszillator. Dort gab es eine kinetische Energie, die von der Geschwindigkeit (der zeitlichen Änderung des Ortes) abhängt, und eine potentielle Energie, die proportional zum Quadrat der Auslenkung aus der Gleichgewichtslage war.
Der Übersichtlichkeit hier eine kleine Übersetzungstabelle
Harm. Oszillator | QFT an einem Punkt | |
---|---|---|
Variable | Ort x | Feld φ |
Kin. Energie enthält | Änderung von x | Änderung von φ |
Pot. Energie enthält | Quadrat von x | Quadrat von φ |
Konstante in Pot. Energie | Federkonstante k/2 | Quadrat der Masse: m2 |
Unsere Vorgehensweise für eine Quantenfeldtheorie sah ja immer so aus, dass wir erst die klassische Theorie (mit ihrer Lagrangefunktion) hingeschrieben haben und dann das Pfadintegral benutzt haben, um etwas auszurechnen. Die Mühe brauchen wir uns jetzt aber nicht zu machen. Da wir die Lösungen in der QM schon kennen, muss die Lösung in unserer QFT an einem Punkt genauso aussehen – in beiden Fällen haben wir ein Pfadintegral mit einer Variablen drin.
Mit Hilfe unserer Übersetzungstabelle können wir also direkt die Lösung des harmonischen Oszillators aus der QM nehmen und die in die QFT an einem Punkt übersetzen ohne langes Rechnen (erleichtertes Aufatmen bei allen…).
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