Nachdem wir beim letzten Mal das Vakuum verstanden haben, können wir uns nun aufmachen, um alle überhaupt möglichen Zustände eines Quantenfelds zu verstehen. Der Sprung von “Nichts” zu “Allem” ist viel einfacher, als ihr vielleicht befürchtet.
Beim letzten Mal haben wir gesehen, dass der Vakuum-Zustand eine doppelte Überlagerung ist: Jede Wellenlänge (oder jeder Wert der Wellenzahl k) trägt zum Vakuumzustand bei und hat eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, die aussieht wie die Wellenfunktion für den Grundzustand des harmonischen Oszillators. Wellen mit hoher Energie tragen dabei weniger bei als solche mit niedriger Energie (ihre Wahrscheinlichkeitsverteilung ist schmaler).
Aber was passiert, wenn wir kein Vakuum mehr haben? Die Antwort darauf ist – zumindest für mich – verblüffend.
Nehmen wir wieder unser Quantenfeld φ. Wir wollen es so anregen, dass es ein einzelnes Teilchen enthält, das einen Impuls von ℏk1 trägt. Diesen Zustand schreiben wir kurz als |k1⟩. Langer Rede kurzer Sinn: Wir haben jetzt ein Teilchen mit Impuls k1 (ℏ=1, wie immer…).
Wie sieht nun der Zustand unseres Quantenfeldes aus? Zunächst mal können wir davon ausgehen, dass sich für alle anderen Wellenzahlen k≠k1 nichts ändert, denn die einzelnen Wellen sind ja unabhängig voneinander. Für k1 aber wird sich die Wahrscheinlichkeitsamplitudenverteilung ändern. Im Vakuum (kein Teilchen mit Impuls k1) sah sie ja so aus:
Basierend auf einem Bild von AllenMcC. – File:HarmOsziFunktionen.jpg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11623546
Sie entsprach genau der Wellenfunktion für den Grundzustand des harmonischen Oszillators.
Da sich die k-Wellen-Komponente unseres Quantenfeldes verhält wie ein harmonisches Oszillator (jedenfalls im Grundzustand), können wir vermuten, dass das auch für die angeregten Zustände gilt. Die Wellenfunktion für den ersten angeregten Zustand unseres harmonischen Oszillators sah ja so aus:
Basierend auf einem Bild von AllenMcC. – File:HarmOsziFunktionen.jpg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11623546
Wenn wir ein Teilchen mit Impuls k1 haben, dann wird also die Wahrscheinlichkeitsamplitude bei diesem k-Wert nicht durch die Grundzustandsfunktion des harmonischen Oszillators, sondern durch den ersten angeregten Zustand beschrieben. In der schicken 3D-Darstellung vom letzten mal kann man das etwa so veranschaulichen:
Hier habe ich bei einem k-Wert die einfache Gauß-Glocke durch die angeregte Funktion ersetzt. (Korrekterweise müsste die angeregte Funktion natürlich nur bei einer unendlich dünnen Scheibe sichtbar sein, aber dann würde man nichts erkennen.)
Dass das tatsächlich so ist, habe ich hier nicht gezeigt – Hatfield rechnet vor, dass der so erzeugte Zustand tatsächlich ein Eigenzustand zum Impuls k1 ist und dass er auch die richtige Energie hat.
Man erkennt hier schon etwas – zumindest für mich – sehr überraschendes: Der Wert der Amplitude φ(k1) ist nicht nur nicht genau definiert, sondern hat eine Wahrscheinlichkeitsverteilung. Diese Verteilung liefert genau dieselbe Wahrscheinlichkeit für positive und negative Werte (geplottet ist ja die Wahrscheinlichkeitsamplitude, die Wahrscheinlichkeit ist das Quadrat davon, das dann links und rechts symmetrisch ist). Im Mittel ist deshalb die Amplitude gleich Null. Das können wir wieder als Erwartungswert schreiben:
Achtung, hier kann man sich leicht verwirren, weil der Begriff “Amplitude” in zwei verschiedenen Bedeutungen auftaucht: φ(k1) ist die Amplitude der betrachteten Wellenzahl im Quantenfeld, also eine Feldamplitude. Dafür, welchen Wert dieser Amplitude wir messen, können wir nur eine Wellenfunktion angeben, also eine Wahrscheinlichkeitsamplitude. Es gibt also einen Wert der Wahrscheinlichkeitsamplitude für jeden Wert der Feldamplitude. (Ja, man braucht einen Moment, bis man das richtig im Kopf sortiert hat – ich jedenfalls.)
Als Beispiel betrachte ich ein einzelnes Photon. Photonen haben einen Spin und erfüllen deshalb insgesamt eine etwas kompliziertere Gleichung, aber wenn ich einen Polarisationsfilter verwende, dann kann ich ein Photon erzeugen, dass eine genau definierte Richtung seines elektrischen Feldvektors hat (der senkrecht auf seiner Ausbreitungsrichtung steht). Für ein solches Photonenfeld mit genau vorgegebener Komponente des elektrischen Feldes gilt dann die Klein-Gordon-Gleichung.
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