Nein, hier geht es nicht um Grammatik. Hier geht es um unregelmäßige Verben, wie sie in der englischen Fernsehserie “Yes, Minister” eingeführt wurden, als Bernard Woolley sagte: “It’s one of those irregular verbs, isn’t it: I have an independent mind; you are an eccentric; he is round the twist.”
Es kommt eben immer auf die Wortwahl an. Hier ein paar Beispiele:
Ich biete an – du drängst auf – er indoktriniert
Ich klassifiziere – du stereotypisierst – er hat Vorurteile
Ich habe einen unbedeutenden Fehler gemacht – du verstrickst dich in Widersprüche – er hat sich selbst gnadenlos vorgeführt.
Wählt also immer die richtige Verbform, je nachdem, ob es um euch oder andere geht.
Die Troll-Keule
Bei so viel Starrköpfigkeit, die ihr an den Tag legt, bleibt es früher oder später nicht aus, dass jemand euch auch mit irgendeiner Beleidigung angreift (oder mit etwas, das ihr als Beleidigung auffassen könnt). Das ist quasi ein Freilos – ihr könnt den anderen jederzeit (besonders, wenn es gerade argumentativ eng wird) als Troll bezeichnen und das auch belegen, ihm seine “ad-hominem”-Taktik vorwerfen etc. Diesen Vorwurf (und das entsprechende Zitat) könnt ihr jederzeit wiederholen, auch nach 100 oder 200 Kommentaren.
Gewonnen habt ihr auf jeden Fall, wenn ihr jemanden dazu bringt, einen Nazi-Vergleich anzustellen – dann könnt ihr “Godwin” schreien und habt sofort gewonnen.
Die Endlosschleife
Ihr seid ja mit irgendeiner Behauptung in die Debatte eingestiegen, Dank der obigen Taktiken hat sich die Diskussion sicherlich meilenweit davon entfernt – irgendwann könnt ihr deshalb die Anfangsbehauptung einfach (in leicht umformulierter Form) wiederholen, dann kann sich das ganze Spiel noch einmal entfalten. (Es wird zwar irgend wen geben, der die Wiederholung bemerkt, aber sicher auch einige andere, die erneut versuchen, euch zu entkräften – vermutlich mit etwas anderen Argumenten, was euch die Möglichkeit gibt, neue Fronten zu eröffnen.) Siehe auch unter Mehrfrontenkrieg.
Letzte Maßnahmen
O.k., es ist doch passiert. Man hat euch argumentativ so sehr in die Enge getrieben, dass es eigentlich keinen Ausweg mehr gibt? Kein Problem, auch da lässt sich was machen. Hier gleich vier Optionen:
Strohmann!
Ihr sagt einfach “Das ist ein Strohmann“. Damit ist das Argument des anderen erst mal entkräftet – er kann jetzt natürlich in eine lange Diskussion einsteigen, warum es doch kein Strohmann ist, aber diese Diskussion gibt euch die Gelegenheit, alle Strategien von oben wieder anzuwenden. Und so geht das Spiel in eine neue Runde. Generell klappt diese Taktik auch mit vielen anderen der berühmten logischen Fehlschlüssen, die könnt ihr den anderen immer vorwerfen und sie zwingen, sich zu rechtfertigen. Ein beliebtes Beispiel ist auch die Aussage “Das ist ein Totschlag-Argument” – sollen doch die anderen nachweisen, warum es das nicht ist, und in der Zwischenzeit antwortet bestimmt irgend ein anderer leichtsinniger Kommentator auf eine andere Aussage von euch – ihr habt ja hoffentlich die Taktik des Mehrfrontenkriegs beherzigt..
Over the top
Eure abstruse Behauptung wurde also widerlegt und eigentlich müsstet ihr das jetzt zugeben? Solange ihr einen Mehrfrontenkrieg führt, sollte das eigentlich egal sein, weil ihr das entsprechende Argument einfach ignorieren könnt, aber wenn der andere hartnäckig ist, dann wird er seinen Kommentar immer wieder wiederholen. Macht nichts. Setzt einfach eine neue, noch abstrusere Behauptung oben drauf, am besten gleich wieder mit einem YouTube-Video oder einer ähnlichen Quelle belegt. Das wird den anderen so aufregen, dass gleich wieder eine neue Runde beginnen kann.
Zugeben und Nachtreten
Wenn’s mal gar nicht anders geht, kann man auch in einem Nebenaspekt mal zugeben, dass man sich geirrt hat. Das ist natürlich eine quasi märtyrerhaft bewundernswerte Leistung. Deswegen lässt sich das auch hervorragend mit einem Angriff verbinden: “O.k., du hast gewonnen, ich habe einen winzigen Fehler gemacht, bist du nun zufrieden (seufz).” (Bitte die korrekte Verwendung des unregelmäßigen Verbs beachten.) Danach weiter mit dem Punkt Meta-Diskussion oder dem Vorwurf, der andere würde eine Tangente verfolgen. Auch die entsprechende Verbform kann helfen (“aber verglichen damit, wie du dich selbst hier vorführst, war mein kleiner Missgriff unerheblich…”).
Ein Variante dieser Technik ist der beliebte Satz “Ich stelle doch nur Fragen”. Damit macht ihr ja klar, dass ihr euch nicht sicher seid sondern total offen auch für andere Meinungen – aber man wird doch wohl mal fragen dürfen, ob Physiker nicht ständig kleine Kinder mit Protonenstrahlen braten, immerhin gibt es da dieses YouTube-Video und so…
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