Dass einige Dinosaurier Federn hatten, ist ja schon lange bekannt. Bisher hat man Federn allerdings nur an Raubsauriern gefunden, die im Stammbaum deutlich dichter an den Vögeln dran waren (unten bei der 4 im Kladogramm – den Coelurosauriern). Wenn aber auch Sciurumimus Protofedern hatte, dann sind diese offensichtlich früher entstanden und auch andere Carnosaurier (wie Allosaurus) dürften sie gehabt haben.

Seit einiger Zeit kennt man ähnliche Proto-Federn auch von einer ganz anderen Dinogruppe, den pflanzenfressenden Ornithischiern (zu denen der bekannte Triceratops mit den drei Hörnern oder die Entenschnabelsaurier zählen). Hier der urtümliche Horndinosaurier Psittacosaurus, der am Schwanz seltsame Puschel herumtrug:
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Auch beim Ornithischer Tianyulong hat man solche Strukturen gefunden – hier eine Rekonstruktion
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Es stellt sich natürlich die Frage, ob die Ornithischier und die Raubsaurier diese Protofedern unabhängig voneinander entwickelt haben oder ob sie auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgehen. Weil Sciurumimus weiter unten am Stammbaum angesiedelt ist als die anderen gefiederten Raubsaurier, macht er es etwas wahrscheinlicher, dass bereits der gemeinsame Vorfahr von Ornithischiern und Raubsauriern Protofedern hatte. Das würde bedeuten, dass alle Dinosaurier von Tieren abstammten, die selbst Protofedern hatten. (Dem widerspricht nicht, dass wir von einigen Dinos wissen, dass sie Schuppen trugen. Zum einen können sie ihr Protofederkleid wieder verloren haben – so wie auch Flusspferde oder Wale kein Fell mehr haben – zum anderen können einige Teile des Körpers geschuppt, andere gefiedert gewesen sein. Auch Hühner haben ja Schuppen an den Beinen.)

Und wenn man noch etwas weiterdenkt, dann fällt auf, dass die Dinosaurier ja eng mit den Flugsauriern verwandt sind. Auch die hatten aber eine Art Fell. Möglicherweise entstanden die ersten Protofedern also schon beim gemeinsamen Vorfahren von Dinosauriern und Flugsauriern. Das wiederum wäre ein Indiz dafür, dass auch dieser Vorfahr schon “warmblütig” war, also eine hohe Stoffwechselrate hatte. Zugegeben, das ist noch recht spekulativ, aber durch den Fund von Sciurumimus ist dieses Szenario ein Stück wahrscheinlicher geworden.

Sciurumimus ist also nicht nur als Fossil hübsch anzuschauen, sondern kann uns auch einiges neues über die Entwicklung der Dinosaurier verraten.


Oliver W. M. Rauhut, Christian Foth, Helmut Tischlinger, and Mark A. Norell
Exceptionally preserved juvenile megalosauroid theropod dinosaur with filamentous integument from the Late Jurassic of Germany
www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1203238109

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Kommentare (12)

  1. #1 ehtuank
    21. Juli 2012

    “weil sich z.B. Syntarsus ähnlich ernährte wie Syntarsus und deswegen ähnliche Zähne entwickelte.”

    Also diese Theorie, die Sie da aufstellen, dass sich Syntarsus so ähnlich ernährt habe wie Syntarsus, ist ja nun wirklich völlig abgehoben! Wo bleibt denn da die Logik, wenn man bedenkt, wie wenig Syntarsus und Syntarsus miteinander verwandt sind! Wollen Sie dem etwa widersprechen? Jaja, demnächst behaupten Sie noch Syntarsus und Syntarsus sei ein und das selbe! Verrückt, sage ich! Verrückt!

  2. #2 MartinB
    21. Juli 2012

    @ehtuank
    Äh, ja. Das stimmt, die Theorie ist absurd, das werde ich mal korrigieren…

  3. #3 Rainer
    23. Juli 2012

    Sehr schöner Fund, endlich noch mal ein gefiederter Dino aus Deutschland.

    Wenn man demnächst noch gefiederte Sauropoden findet bricht für mich aber ein Weltbild zusammen…. 😉

  4. #4 MartinB
    23. Juli 2012

    @rainer
    Ist aber nicht unwahrscheinlich, dass zumindest junge Sauropoden gefiedert waren – wenn ornithischier und Theoropden von gefiederten Vorfahren abstammen (was ja möglich ist), dann auch Sauropoden. Erwachsene dürften (wegen der Wärmeregulierung) wohl nicht gefiedert sein, Jungtiere aber vielleicht schon (was angesichts des hohenStoffwechsels, den sie nach dem Schlüpfen vermutlich hatten, ums chnell genug wachsen zu können, auch ganz sinnvoll wäre.)

  5. #5 Prehistoric World
    23. Juli 2012

    Ein schönes Fossil, das auch locker mit T-Rex und Co. mithalten kann. Mir gefällt irgendwie die Formulierung nicht, dass auch Ornithischier “gefiedert” waren, liegt zum einen wohl daran, dass Protofedern mehr wie Haare als Federn aussehen, andererseits frage ich mich, ob diese Protofedern bei beiden großen Dinosauriergruppen das selbe war oder ob die Ornithischier “nur” borstenähnliche Schuppen hatten.

  6. #6 Rainer
    23. Juli 2012

    Ja stimmt, bei Jungtieren ist eine Isolierung sinnvoll.

    Hmm..
    Jetzt stelle ich mir gerade ein possierliches, flauschiges Diplodocus-Küken vor.

  7. #7 MartinB
    23. Juli 2012

    @PrehistoricWorld
    Ja, stimmt schon, die sind eher haarig als gefiedert – aber wenn ich haarig schreibe, ist das auch irreführend, dann denkt jedervermutlich an Säugetierhaare.
    Ob die Strukturen bei den Ornithischierrn homolog oder nur analog sind, ist im Moment nicht klar, sie sehen zumindest genauso aus.

    @Rainer
    genau, so wie das hier (hoeffe, der link geht)
    https://media.auvito.de/images/cache/00/7b/7d/007b7d616b5d5c6f98f8186bc3863b13.jpg?uplimg%2Fc7%2Fmb365607_ff16af472561cae993758a5276f3b1171612_mainpic.jpg,400,400,,,,-1,-1,-1,-1,-1,-1,0,0,0

  8. #8 neulich
    24. Juli 2012

    “Äh, ja. Das stimmt, die Theorie ist absurd, das werde ich mal korrigieren…”

    Das zeichnet den echten Wissenschaftler aus. Er korrigiert seine irrtümliche Theorie, auch wenn er eine Ähnlichkeit zwischen Syntarsus und Syntarsus zunächst glaubte konstatieren zu müssen. Der erste oberflächliche Eindruck ist oft trügerisch.

  9. #9 Bettina Wurche
    25. Juli 2012

    Sehr schöner Beitrag, ein Besuch in Eichstätt, Solnhofen und Umgebung und in den dortigen Museen lohnt sich wirklich allemal.
    Und die phantastischen Neuentdeckungen deutscher Dinos sind wunderbar-
    Zwei kleine Anmerkungen:
    Es heißt DIE Archaeopteryx lithographica.
    Auch bei heutigen Vögeln sehen manche Gefieder eher wie Haare als wie Federn aus, ich denke da vor allem an Pinguine. Federn können, auch in Abhängigkeit von ihrer Funktion, eben sehr unterschiedlich aussehen und Protofedern sahen halt noch nicht aus wie die der meisten modernen Vögel.

    Der Pterofuzz der Pterosaurier sieht in der mikroskopischen Vergrößerung übrigens wirklich ganz anders aus als Dino-Protofedern.

  10. #10 MartinB
    25. Juli 2012

    @Bettina Wurche
    “Die Archaeopteryx”? tatsächlich, das online-Wörterbuch von pons sagt “pteryga” = femininum. Mal sehen, ob ich mir das angewöhnen kann…

    “Der Pterofuzz der Pterosaurier sieht in der mikroskopischen Vergrößerung übrigens wirklich ganz anders aus als Dino-Protofedern.”
    Das wusste ich nicht – gibt’s dazu irgendwo eine referenz?

  11. #11 Uli
    25. Juli 2012

    Wenn ich dran denke, wie kanpp wir drum rum gekommen sind, daß einige %&%$§ Lokalpolitiker aus der Grube Messel eine Mülldeponie machen wollten…

    Was ist schon ein UNESCO Weltkulturerbe, wenn man einen schnellen Euro machen kann?