Bereits an dieser Stelle bin ich nicht überzeugt – vielleicht habe ich das Argument nicht gut genug verstanden und es gibt noch einen subtilen Aspekt, den ich nicht sehe. Ich habe jedenfalls hier folgendes Problem: Nehmen wir wieder unser Gas in einem Behälter. Jetzt fügen wir irgendeine beliebige Anziehungskraft zwischen den Molekülen hinzu. Das muss nicht die Gravitation sein sondern kann zum Beispiel auch die aus der Chemie bekannte van-der-Waals-Kraft sein. Wenn die Temperatur unseres Gases niedrig genug ist, dann werden sich die Gasmoleküle jetzt ebenfalls verklumpen und zu einem Festkörper (oder einer Flüssigkeit) werden. Dabei wird Energie freigesetzt, die beispielsweise in Form von Wärmestrahlung abgegeben wird.
Auch wenn wir Materie mit Hilfe der Schwerkraft verklumpen, passiert ähnliches: Wenn ein Meteor auf die Erde stört, wird dabei Energie freigesetzt, die zum Teil als Wärme abgestrahlt wird und zum Teil das Material der Erde aufheizt. Dabei steigt die Entropie ebenfalls, ohne dass wir eine zusätzliche Entropiezunahme durch die Raumkrümmung brauchen. Mir ist deshalb nicht so recht klar, warum Penrose die Entropiezunahme in diesem Fall unbedingt auf die Schwerkraft zurückführen will.
Was aber unbestritten ist (und deswegen ist dieses Problem auch nicht zentral für Penroses Thesen) ist, dass schwarze Löcher eine sehr hohe Entropie haben. Tatsächlich rechnet Penrose vor, dass gegenwärtig der größte Teil der Entropie des Universums in schwarzen Löchern steckt.
Und jetzt denken wir uns einen kleinen Sprung in die Zukunft des Universums, so in etwa 1030 Jahre oder so (ja, das ist eine seeeehr lange Zeit in der Zukunft). Zu dieser Zeit wird vermutlich der größte Teil der Materie des Universums in Schwarzen Löchern konzentriert sein – einfach weil jedes Teilchen früher oder später mal “Pech” hat und in ein schwarzes Loch stürzt. (Ich merke gerade, dass ich mich nie einigen kann, ob man Schwarzes Loch nun groß oder klein schreibt, ich hoffe, das stört niemanden.) Entsprechend wird dann die Entropie sehr hoch sein, passend zum 2. Hauptsatz.
Der Einfachheit halber nehmen wir erst mal an, dass alle Materie zu irgendeiner Zeit in Schwarzen Löchern konzentriert ist. Das Universum ist dann nur noch mit Strahlung und mit schwarzen Löchern ausgefüllt. Jetzt warten wir noch eine Weile, vielleicht so 10100 Jahre. (Und ja, das ist noch unglaublich gigantisch viel länger als die 1030 Jahre von eben.) Weil schwarze Löcher ja Energie abstrahlen, werden sie irgendwann zerfallen – das dauert bei großen schwarzen Löchern seeehr lange, deswegen der Exponent 100 bei der Jahreszahl. Die schwarzen Löcher strahlen ihre Masse aber schließlich in Form von Photonen (also elektromagnetischer Strahlung) ab.
Hier sieht Penrose ein Problem in der gegenwärtigen Physik: Es geht um die berühmte Frage, was passiert, wenn man Information in ein schwarzes Loch wirft. Nach den normalen Regeln der Quantenmechanik kann diese Information nicht verloren gehen, sondern muss in irgendeiner Form erhalten bleiben. Sie müsste deshalb auch in der Strahlung des Schwarzen Lochs wiederzufinden sein. (Zu dieser Frage gibt es das schöne Buch “The Black Hole War” von Leonhard Susskind – auch sehr empfehlenswert, auch wenn es für meinen Geschmack zu viel Stringtheorie enthält, die mag ich ja nicht so.) Dass das so ist, wird inzwischen wohl von den meisten PhysikerInnen so gesehen.
Allerdings gibt es ein kleines Problem dabei: Hawkings Beweis, dass Schwarze Löcher strahlen, zeigt, dass sie thermisch strahlen, das Spektrum ihrer Strahlungsverteilung ist also das eines normalen heißen Körpers. Deswegen hat diese Strahlung dann auch eine hohe Entropie (da das schwarze Loch vorher eine hohe Entropie hatte, muss das auch für die Strahlung gelten, sonst wäre der zweite Hauptsatz wieder verletzt). Auf der anderen Seite muss die thermische Strahlung aber die in das schwarze Loch gefallene Information enthalten. Da das Informationsproblem wie gesagt durch die Quantenmechanik zu Stande kommt, kann man postulieren, dass es subtile Quantenverschränkungen zwischen den Photonen gibt, die die Information enthalten und dass die Photonen trotzdem noch eine hohe Entropie haben. Ein bisschen unbefriedigend und künstlich wirkt diese Erklärung aber schon.
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