Penrose löst das Problem auf eine ganz einfache Weise: Er geht davon aus, dass tatsächlich Information verloren geht, wenn Materie in ein schwarzes Loch fällt. Die Information, die in dem Quantenzustand steckt, wird reduziert, weil das Fallen in ein schwarzes Loch einen echten quantenmechanischen Messprozess darstellt. Das ist eine von Penroses Lieblingsideen, mit der er schon vor knapp 25 Jahren in seinem Buch “The Emperors New Mind” argumentiert hat: Ein quantenmechanischer Messprozess findet statt, wenn ein Quantenzustand mit einem Gravitationsfeld wechselwirkt. (Eine Erklärung dieses Messproblems findet ihr in diesem Text oder auch im letzten Teil meiner Artikelserie über die Schrödingergleichung (und inzwischen wisst ihr ja, wo ihr meine Artikelserien findet, oder?))
Experimentell ist diese Idee, dass die Wechselwirkung mit einem Schwerefeld einen Messprozess darstellt, bisher nicht bestätigt worden – in ihrer ersten und einfachsten Form ist sie inzwischen sogar widerlegt, aber es gibt hier sehr viele Freiheiten, so dass man die Idee nicht abschreiben sollte.
Wenn Penrose also recht hat und beim Fall von Materie in ein schwarzes Loch tatsächlich Information verloren geht, dann ist die Strahlung, die das schwarze Loch hinterher aussendet, echte thermische Strahlung. Wir haben dann in ferner Zukunft des Universums wieder einen Zustand ähnlich wie am Anfang – das Universum ist wieder gleichmäßig mit Strahlung erfüllt.
In sehr ferner Zukunft sieht das Universum also so aus, dass es mit elektromagnetischer Strahlung erfüllt ist und sich ansonsten immer noch (wegen der dunklen Energie, die ja die Expansion des Universums vorantreibt) ausdehnt.
Und jetzt greift Penrose ganz tief in die Trickkiste der Mathematik und Physik. Ein anderes seiner Lieblingsthemen ist die sogenannte “konforme Geometrie”. Die Details dieser Geometrie sind für die Grundidee nicht so wichtig. Wichtig ist hier nur eins: Ein Universum, in dem es nur Strahlung gibt und sonst gar nichts, hat keine wohldefinierte Längen- oder Zeitskala. Denn um den Abstand zweier Ereignisse in der Raumzeit zu messen, bräuchte man entweder eine Uhr (dann kann man Lichtsignale austauschen und deren Laufzeit messen) oder einen festen Maßstab – der müsste aber aus Materie sein. Wenn es nur Strahlung gibt, dann gibt es letztlich keine Möglichkeit, eine Längenskala in der Raumzeit festzulegen; würde jemand das Universum in jeder Richtung um einen Faktor 2 vergrößern (und auch den Zeitablauf entsprechend verändern) wäre das nicht nachweisbar. Mathematisch lässt sich das eben über eine “konforme Geometrie” beschreiben, aber ich gebe zu dass ich hier nicht tief genug drin stecke, um das in allen Einzelheiten erklären zu können. Ich hoffe, die Erklärung hier stimmt halbwegs.
Aber jetzt kommt der ziemlich raffinierte Kunstgriff: Wir haben jetzt ein Universum, dass mit Strahlung erfüllt ist und sich ausdehnt – und dieses Universum sieht jetzt auf jeder Längenskala gleich aus. Erinnert euch das an etwas? Ein rein mit Strahlung erfülltes Universum hatten wir schon einmal – nämlich beim Urknall. Wäre es also möglich, dass am Ende unseres Universums die seltsame Skaleninvarianz der Raumzeit dazu führt, dass wir einen neuen Urknall bekommen?
Genau das ist die Idee des zyklischen Universums. Am Ende eines Universums beginnt ein neuer Urknall. Das Universum wäre dann ewig, würde sich aber immer wieder zyklisch von einem Urknall zum nächsten erneuern.
Dieses Modell hat zumindest einen großen Charme: Es erklärt das Horizontproblem.
Das Horizontproblem ist eins der Grundprobleme der Kosmologie: Beobachtet man die kosmische Hintergrundstrahlung, die ja ein Überbleibsel der Zeit kurz nach dem Urknall ist, dann sieht man so ein Bild:
Von NASA/Goddard/WMAP Science Team – https://lambda.gsfc.nasa.gov/product/map/dr1/m_images.cfm (image link), Gemeinfrei, Link
Was ihr hier seht sind die Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung – es gibt Bereiche, die geringfügig wärmer oder kälter sind als der Durchschnitt. Diese Bereiche sind zum Teil recht groß, und das ist ein Problem, denn die Strahlung von zwei Punkten in so einem großen Bereich wurde zu einer Zeit ausgesandt, die so kurz nach dem Urknall lag, dass die entsprechende Punkte im Universum überhaupt keine Signale miteinander hätten austauschen können – es ist also eigentlich unmöglich, dass solche Punkte miteinander korreliert sind.
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