Die Standarderklärung der Kosmologie hierfür ist die Inflation – kurz nach dem Urknall hat sich das Universum für einen kurzen Zeitraum extrem schnell ausgedehnt, so schnell, dass Korrelationen auch zwischen weiter entfernten Punkten möglich wurden.
In Penroses Modell aber wird die Inflation nicht gebraucht – hier können die Korrelationen einfach Überbleibsel aus dem “vorigen” Universum, also aus der Zeit vor dem Urknall sein. (Wobei ich – vermutlich mangels Verständnisses der konformen Struktur – nicht so ganz verstehe, was beim Übergang von einem Universum zum nächsten nun die Größe dieser Korrelationen bestimmt, wenn das Universum skaleninvariant ist.) Penrose überlegt sogar, ob man nicht in den Daten der Hintergrundstrahlung Hinweise auf sein Modell finden kann – beispielsweise auf Korrelationen, die durch die Kollision von schwarzen Löchern im Vorgängeruniversum zu Stande kamen. Erste Untersuchungen haben solche Effekte allerdings nicht nachweisen können (es gibt Hinweise, aber keine, die wirklich überzeugend sind), aber hier stehen genauere Analysen wohl noch aus.
Das Modell des zyklischen Universums (kurz CCC=conformal cyclic cosmology) hat allerdings einen Haken: Damit das mit der konformen Geometrie klappt, muss die gesamte Energie des Universums in Form von Strahlung vorliegen – ein einziges massives Teilchen würde quasi als “Uhr” wirken können (weil die Ruhemasse des Teilchens einer Energie und die wiederum einer Frequenz entspricht) und würde damit die konforme Struktur zerstören.
Penrose argumentiert, dass es möglich sein könnte, dass massive Teilchen wie Elektronen ihre Masse verlieren – vielleicht, weil die Kopplung an das Higgsfeld, die den Teilchen ihre Masse verleiht, in ferner Zukunft verschwindet. Ich finde das allerdings ehrlich gesagt wenig überzeugend. Zum einen gibt es darauf keinen Hinweis. Zum zweiten bräuchte man dann, wenn ich es richtig sehe, einen Mechanismus, der es dem nächsten Zyklus wieder ermöglicht, mit massiven Teilchen zu starten. Und zum dritten beziehen Teilchen wie Protonen ihre Masse größtenteils nicht direkt aus den Quarks, sondern aus der Bindungsenergie zwischen den Quarks. Wir brauchen also zusätzlich auch noch einen Mechanismus, der das Proton instabil macht und es dauerhaft verhindert, dass Quarks (auch masselose) sich wieder verbinden.
Dieses Problem ist sicher der größte Schwachpunkt der Idee, so interessant sie ansonsten auch sein mag.
Für mich hat die Idee aber noch ein anderes Problem – das allerdings eher psychologischer Natur ist und deswegen nicht zu ernst genommen werden sollte. Wenn man mich (nach Lektüre von Penroses anderen Büchern) gefragt hätte, welche Ideen in Physik und Mathematik meiner Ansicht nach Penrose besonders faszinierend findet, dann hätte meine Liste vermutlich so ausgesehen:
1. Die komplexen Zahlen und die Riemannsche Zahlenkugel;
2. Die konforme Geometrie:
3. Der mögliche Zusammenhang zwischen Entropie und Gravitation;
4. Die Wechselwirkung mit einem Gravitationsfeld als quantenmechanischen Messprozess.
Abgesehen von Punkt 1 (der in jeder physikalischen Theorie irgendwie drinsteckt, komplexe Zahlen sind in der Quantenmechanik überall) sind die anderen drei Ideen alle direkt zentrale Bestandteile von Penroses CCC-Modell. Und das kann einen schon ein wenig stutzig machen – das Modell ist sozusagen genau auf Penrose und seine Denkwelt zugeschnitten und ist vermutlich eins, das wirklich nur jemand mit genau dieser Kombination von Faszinosa erstellen konnte. Natürlich ist das kein echtes Argument gegen das Modell (das sollte bitte aus der Physik kommen), aber es erklärt vielleicht schon, warum das Modell gerade so aussieht und nicht anders. Das wirft dann nebenbei die Frage auf, ob es tatsächlich – genügend Genialität (die wird Penrose niemand absprechen wollen) vorausgesetzt – möglich ist, zwei oder drei beliebige Ideen aus dem Bereich der Physik und Mathematik zu verbinden, um damit ein Modell des Universums vor dem Urknall zu erhalten. Am Ende ist die Physik eben doch eine empirische Wissenschaft, und die Zeit vor dem Urknall ist verdammt schwer zu untersuchen, so dass viele Spekulationen möglich sind.
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