By Kelvin Ma – Own work, CC BY-SA 3.0, Link
Dass die Landmassen der Erde vor etwa 200 Millionen Jahren den Superkontinent Pangäa bildeten, ist ja vermutlich vielen bekannt, Aber auch in der weiteren Erdvergangenheit gab es immer wieder Superkontinente, bei denen alle Landmassen vereint waren. Einer davon war Rodinia.
Wenn sich ein Superkontinent bildet, dann werden Gesteinsschichten aufgefaltet und liegen nicht mehr unter Wasser. Dazu kommt, dass zu Zeiten, wo sich Superkontinente bilden, der Meeresspiegel typischerweise niedrig ist – es gibt also keine ausgedehnten flachen Meere vor den Kontinenten. Das wiederum liegt daran, dass das Gestein, dass sich an den Mittelozeanischen Rücken bildet (da, wo neuer Meeresboden entsteht und die Kontinente verschiebt), sich abkühlt und dabei seine Dichte vergrößert, wenn es nach außen wandert. Das senkt den Meeresspiegel, so dass die Kontinente stärker frei liegen. In so einer Zeit lagern sich dann vergleichsweise wenige Gesteinsschichten ab, die wir heute noch finden können, und es kommt zur Diskordanz.
Wenn sich so ein Superkontinent bildet, dann werden also weniger Gesteine abgelagert, weil der Kontinent größtenteils trocken liegt. Damit steigt zunächst die Erosion der Oberflächenschichten. Zuerst verwittert die Deckschicht aus losem Geröll und Boden (die man auch “Regolith” nennt). Liegt dann das Gestein darunter frei, so verwittert auch das, und zwar (was ich nicht erwartet hätte) sogar schneller als der Regolith.
Irgendwann vor dem Kambrium brach dann Rodinia auseinander. Der Meeresspiegel stieg wieder an. Jeder, der schon mal am Strand auf die Wellen geguckt hat, kann sich vermutlich vorstellen, dass das zu besonders starker Erosion führt – die GeologInnen sprechen anscheinend vom “wave-base razor” (“Wellenrasierer”). In kurzer Zeit gibt es also viel Erosion und jede Menge Gestein und Geröll wird abgetragen und ins Meer gespült.
Und dort sollte dann entsprechend auch der Gehalt an Mineralien ansteigen, unter anderem auch an Kalzium.
So weit das Szenario. Wäre natürlich schön, wenn es dazu Belege gäbe. Die hat man dadurch gefunden, dass man eine gigantische Menge (über 21000) an unterschiedlichen Gesteinsschichten in den USA untersucht und statistisch ausgewertet hat.
Aus dieser Auswertung lässt sich abschätzen, wie groß die Landfläche war, die in den verschiedenen Erdzeitaltern der Erosion ausgesetzt war:
(Quelle: Shanan et al., s.u.)
Unten seht ihr die Zeitachse, ganz links ist das Kambrium (Cm) mit dem gigantischen Anstieg. Das obere Teilbild zeigt die Größe der erodierenden Landfläche. Ihr seht, dass sie im Kambrium ein Maximum hat. (Woher die anderen Maxima stammen, wird leider nicht diskutiert – der zweite Superkontinent Pangäa zerfiel während Jura- und Kreidezeit, wo man einen deutlich niedrigeren Anstieg sieht, aber das ausgeprägte Maximum am Ende das Carbon-Zeitalters passt in meinen Augen nicht so ganz dazu.)
Das zweite Teilbild zeigt, wenn ich es richtig verstehe, den Eintrag von Karbonaten, der ebenfalls entsprechend ansteigt. Einen weiteren Hinweis darauf, dass diese Karbonate tatsächlich von der Erosion der Landflächen stammen, liefert das Isotopenverhältnis des Kohlenstoffs. Karbonate, die von Pflanzen erzeugt werden, haben ein anderes Verhältnis der unterschiedlichen Kohlenstoff-Atomsorten als solche, die in anorganischen Prozessen hergestellt wurden. (Das mit den Kohlenstoff-Isotopen habe ich in anderem Zusammenhang neulich hier erklärt, klickt einfach den Link und schaut auf den zweiten Teil des Textes dort.) Die Karbonate, die man in kambrischen Gesteinen gefunden hat, haben genau die Zusammensetzung, die man erwarten würde, wenn sie sich direkt aus dem Meerwasser abgesetzt hätten, ohne dass dabei irgendwelche Pflanzen im Spiel waren.
Auch der Kalziumgehalt selbst (und um das Kalzium geht es ja eigentlich, wegen der Schalen) ist in kambrischen Gesteinen deutlich erhöht. (Es gibt auch noch weitere Argumente in der Arbeit, aber die Details erspare ich mir; bei Worten wie “glauconite-rich siliciclastic rock units” gruselt’s mich etwas. )
Alles in allem zeigt sich also, dass im Kambrium anscheinend tatsächlich verstärkt Mineralien, darunter auch Kalzium, ins Meerwasser eingetragen wurden. Ob das nun tatsächlich der Grund für die kambrische Explosion war, ist damit natürlich noch nicht erwiesen, aber diese Idee erscheint so zumindest plausibel.
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