Biologisch gesehen sind Menschen ja Allesfresser, und überhaupt sehen wir uns ja gern als Generalisten, die mit unterschiedlichsten Nahrungsquellen und Lebensbedingungen klar kommen. Neue Untersuchungen deuten aber jetzt darauf hin, dass die Gattung Mensch entstand, als die Vormenschen sich spezialisierten.
Vor etwas mehr als zwei Millionen Jahren lebte der Vormensch Australopithecus africanus (im Folgenden A. africanus abgekürzt wie bei den Biologen übrig) in Afrika. So etwa sah er (oder in diesem Fall sie) aus:
Reconstruction by John Gurche; photographed by Tim Evanson – https://www.flickr.com/photos/23165290@N00/7283199892/, CC BY-SA 2.0, Link
Hier ein kleiner Überblick über die verschiedenen Urmenschen (Nachtrag: neue Version, da das alte Bild keine vernünsftige Quellenangabe hatte…):
Von Bwd – Eigenes Werk (Originaltext: selbst erstellt), Gemeinfrei, Link
Viele ForscherInnen gehen davon aus, dass A. africanus sich in die Gattungen Paranthropus und Homo (also den “echten” Menschen) weiterentwickelt hat oder dass A. africanus dem Vorfahren des Menschen zumindest extrem ähnelt. Interessant ist dabei natürlich die Frage, warum eine Art sich in zwei aufspaltet. Eine aktuelle Veröffentlichung in nature deutet darauf hin, dass Nahrungsspezialisierung der Grund sein könnte.
Dazu muss man natürlich erst mal eine Idee bekommen, was A. africanus und seine Nachfahren so gefuttert haben. Speisekarten der damaligen Restaurationsbetriebe sind leider fossil nicht erhalten geblieben, so dass man auf andere Methoden ausweichen muss. Auch Mageninhalte oder Ähnliches hat man bisher nicht gefunden. Aber wieder einmal kommt einem die Physik zur Hilfe.
Ich hatte ja im Sommer schon erzählt, wie man den Speiseplan eines Verwandten von A. africanus, nämlich A. sediba untersucht hat. Da bediente man sich des Unterschiedes zwischen C3- und C4-Pflanzen und verwendete verschiedene Kohlenstoff-Atomsorten (Isotope), um zu sehen, welche Pflanzensorte die Urmenschen bevorzugt aßen. Bei der neuen Untersuchung hat man eine andere, aber ähnliche Technik verwendet.
Unsere Knochen und Zähne bestehen ja zu einem guten Teil aus Kalzium-Verbindungen (Zahnschmelz ist nahezu reines Kalziumphosphat). Kalzium gehört – wenn ihr euch das Periodensystem anguckt – zur zweiten Hauptgruppe der Elemente, zu den Erdalkalimetallen. Falls euer Chemieunterricht halbwegs anständig war, dann habt ihr gelernt, dass Elemente einer Hauptgruppe sich chemisch oft sehr ähnlich sind. Zu den Erdalkalimetallen gehören auch Strontium und Barium, und so kommt es vor, dass an Stelle von Kalzium in unsere Knochen und Zähne auch geringe Mengen von Strontium und Barium aufgenommen werden.
Wenn wir mit der Nahrung Kalzium (und damit eben auch Strontium und Barium) zu uns nehmen, dann bauen wir diese Elemente in unsere Knochen und Zähne ein. Allerdings nicht genau im gleichen Verhältnis – der Körper baut Kalzium lieber ein als die anderen beiden Elemente. Wenn ihr also (die Zahlen hier sollen nur das Prinzip veranschaulichen und stimmen nicht quantitativ) beispielsweise Kalzium und Barium im Verhältnis 100:1 esst, dann werden sie nicht im selben Verhältnis von 100:1 vom Körper aufgenommen (weil Barium vom Darm nicht so leicht aufgenommen wird wie Kalzium), sondern vielleicht im Verhältnis 110:1. (Wie gesagt, die Zahlen habe ich per Aeroheuristik (vornehm für “aus der Luft gegriffen”) erstellt.)
Wie uns das hilft, den Speiseplan von Urmenschen herauszubekommen? Nun, stellt euch vor, der Urmensch (mit Ca:Ba-Verhältnis von 110:1) wird von einem Urzeitlöwen gefressen. Der nimmt jetzt mit seiner Nahrung schon im Verhältnis weniger Barium auf, und baut davon noch weniger in seine Knochen ein (im Verhältnis 121:1, wenn ich richtig rechne). Je weiter oben ihr in der Nahrungskette steht, desto weniger Barium steckt in euren Zähnen und Knochen.
Man muss also “nur” das Ba:Ca-Verhältnis in den Zähnen von Urmenschen analysieren, und schon kann man abschätzen, wo sie in der Nahrungskette standen, ob sie also bevorzugt Fleisch oder Pflanzen gefressen haben. Dazu brät man mit einem Laser ein bisschen von einem fossilen Zahn weg und analysiert das Ergebnis (das macht man mit der Methode der Massenspektrometrie – damit kann man die elementare Zusammensetzung von kleinen Mengen Material sehr genau bestimmen). Für das Sr:Ca-Verhältnis funktioniert das Verfahren (und die Logik) im Prinzip genau so.
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