Um das ganze zu eichen, braucht man noch einen Vergleichsmaßstab – deswegen wurden auch die Zähne von einigen Pflanzenfressern analysiert. Hier das Ergebnis für das Verhältnis Ba:Ca:
Aus Balter et al., siehe unten
Oben seht ihr (grau hinterlegt) Daten aus früheren Untersuchungen, unten die neuen Ergebnisse. Auffällig ist vor allem, dass die Daten für A. africanus sehr stark streuen. (Das Sr:Ca-Verhältnis liefert ein ähnliches Bild; ich diskutiere im Folgenden die Ergebnisse aus beiden.)
Eine ausführliche statistische Analyse der Daten (die leider im supplementary material zwar als Tabelle aufgeführt, aber nicht erklärt ist) zeigt, dass Paranthropus sich von “browsern” (also Pflanzenfressern, die Blätter, Samen etc., aber kein Gras fressen) nicht unterscheiden lässt, Homo hingegen sehr ähnlich zu Fleischfressern (deren Datenpunkte sind leider nicht im Bild) ist. A. africanus dagegen mit seinen stark streuenden Werten überdeckt einen breiteren Bereich, was dafür spricht, dass seine Ernährung vielfältiger war. (Dass man Grasfresser und andere Pflanzenfresser unterscheiden kann, liegt daran, dass auch unterschiedliche Pflanzen Barium und Strontium unterschiedlich stark einbauen.)
Um das noch genauer zu verstehen, wurde auch noch untersucht, wie sich die chemischen Verhältnisse innerhalb einzelner Zähne änderten. Dabei zeigte sich, dass auch innerhalb eines Zahns starke Variationen auftraten (deswegen sind die Balken bei A. africanus oben im Bild auch so breit). Das spricht dafür, dass A. africanus verschiedene Nahrungsquellen nutzte – die Autoren spekulieren, dass man die Verhältnisse gut mit zwei unterschiedlichen Nahrungsquellen erklären könnte – zum einen pflanzliche Nahrung (aber kein Gras), zum anderen Fleisch, die vielleicht jahreszeitlich mit unterschiedlicher Häufigkeit genutzt wurden.
Es sieht also so aus, als wäre A. africanus ein starker Nahrungs-Generalist gewesen, während sich Paranthropus dann vor allem auf pflanzliche Nahrung konzentrierte (davon ging man ohnehin schon aus, weil er typische Pflanzenfresser-Zähne hatte), während Homo (also unsere Vorfahren) eine stärkere Fleischdiät bevorzugte (“Fleisch ist mein Gemüse…”).
Man könnte jetzt auf die Idee kommen, dass A. africanus vielleicht einfach einen größeren Lebensraum hatte und deswegen vielfältigere Nahrung zu sich nahm. Auch das kann man testen. Dazu verwendet man jetzt das Strontium im Zahn. Strontium-Atome gibt es mit unterschiedlichen Massen (Sr-86 und Sr-87). Das Verhältnis dieser beiden Atomsorten im Grundwasser hängt davon ab, welche Mineralien in einer Gegend vorherrschen (ein bisschen was dazu liefert die englische Wikipedia). Lebewesen, die unterschiedliche Lebensräume durchstreifen, haben deswegen ein anderes Verhältnis der Strontium-Isotope als solche, die immer an einem Ort bleiben. Hier zeigt sich aber bei A. africanus und seinen Nachfahren kein Unterschied, so dass sie vermutlich ähnliche Lebensräume besiedelten.
Leider nehmen die Autoren keinen Bezug auf das neulich von mir schon diskutierte Paper zu A. sediba. Dort kam ja heraus, dass A. sediba vor allem Früchte, Beeren und Nüsse und wenig Samen gegessen hat und vielleicht bevorzugt an und auf Bäumen lebte. Wenn ich das hier mit ins Bild einbeziehe, dann spricht das vielleicht für eine weitere Spezialisierung: Aus einem Generalisten wie Australopithcus africanus entwickelten sich gleich drei unterschiedliche Spezialisten, zwei Pflanzenfresser und einer, der sich mehr für Fleisch interessierte und der letztlich als einzige der drei Arten überlebte und sich weiterentwickelte.
Vincent Balter, Jose Braga, Philippe Telouk & J. Francis Thackeray
Evidence for dietary change but not landscape use in South African early hominins
Nature, 489 (2012) S. 558
Kommentare (23)