Wichtiger ist, dass das Ergebnis sehr merkwürdig ist: Der Faktor vor dem Grundzustand ist größer als 1. Das Quadrat dieses Faktors kann also nicht die Wahrscheinlichkeit angeben, das Teilchen im Grundzustand zu finden (Wahrscheinlichkeiten größer 1 ergeben nicht viel Sinn). Das hat einen einfachen Grund: Die beiden Zustände |da> und |Grundzustand> stehen im Bild nicht senkrecht aufeinander. Physikalisch bedeutet das, dass ein Teilchen, das im |Grundzustand> ist, auch eine Amplitude dafür hat, im Zustand |da> zu sein.Das macht das Rechnen mit solchen Kombinationen von Zuständen sehr unpraktisch. Messe ich zum Beispiel das Teilchen im Zustand |da> (a=1), dann ist es eben nicht so, dass es jetzt eindeutig nicht im |Grundzustand> ist (es ist also nicht b=0), denn der Grundzustand hat ja auch einen Anteil des da-Zustands.
Weil das die Sache unnötig verkompliziert, verwendet man eigentlich immer solche Sätze von Zuständen, die sich gegenseitig ausschließen – wenn ein Teilchen hier ist, ist es auf keinen Fall da, wenn es im Grundzustand ist, ist es auf keinen Fall im ungünstigen Zustand. In der mathematischen Fachsprache sagt man übrigens, dass ein solcher Satz von Zuständen, über den ich einen beliebigen Zustand bequem ausdrücken kann, eine orthonormale Basis bildet. (Nicht “Ottonormal”, sondern “ortho”-“normal”. “Ortho”, weil die Zustände senkrecht zueinander sind (wie im Wort “othogonal”), und “normal”, weil die Zustände die “Länge” 1 in unserem Diagramm haben. Ist aber nur Mathe-Sprech.) |hier> und |da> zusammen sind also eine Basis, |Grundzustand> und |ungünstiger Zustand> zusammen sind eine andere.
Falls ihr das wirr findet, hier noch eine ähnliche Situation im Alltag: Im Straßennetz von Manhattan sind die Straßen ja alle brav rechtwinklig zueinander angeordnet. Ich kann deswegen beispielsweise sagen “Wir treffen uns an der Kreuzung 48. Straße und 5th Avenue”, und das ist ganz eindeutig. Ich kann natürlich genausogut die Koordinaten aus meinem GPS-Empfänger (wenn ich einen hätte) angeben und sagen: “Die GPS-Koordinaten sind 40°45Minuten 21Sekunden Nördlicher Breite und 73° 58Minuten 45 Sekunden westlicher Länge” (ich hoffe, ich habe das mit dieser Seite hier richtig ausgeknobelt.) Es wäre aber unpraktisch, die Angaben zu mischen und z.B. zu sagen “an der Kreuzung 5th Avenue mit dem 73-ten Längengrad”.
Das wichtige Fazit hier ist also: Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, denselben Zustand darzustellen. Warum das so wichtig ist, das sehen wir als nächstes.
Eigenzustände
Nehmen wir an, unser Elektron wäre tatsächlich im Grundzustand. Wenn ich jetzt mit einem geeigneten Apparat die Energie des Systems messe, dann bekomme ich einen bestimmten Wert, eben den der Grundzustandsenergie. Weil ich den Zustand jetzt gemessen habe, weiß ich sicher, dass das Elektron jetzt tatsächlich im Grundzustand ist.
Was passiert, wenn ich nun als nächstes den Ort messe? Mit den Überlegungen vom letzten Mal solltet ihr in der Lage sein, das selbst herauszuknobeln.
Antwort: Der Grundzustand ist ja
Die beiden Zustände |hier> und |da> haben also dieselbe Amplitude. Die Wahrscheinlichkeit, das Elektron an einem der beiden Orte zu messen, ist jeweils das Quadrat der Amplitude, also genau 1/2. Wenn ich also das Elektron im Grundzustand habe und messe dann den Ort, dann messe ich das Elektron in 50% der Fälle hier und in 50% der Fälle da.
Nehmen wir an, ich hätte das Elektron “da” gemessen. Was passiert, wenn ich jetzt als nächstes wieder die Energie messe?
Antwort: Der Zustand “da” ist ja
ich habe jetzt also eine 50%-Wahrscheinlichkeit, das Elektron wieder im Grundzustand zu finden und eine 50%-Wahrscheinlichkeit, es im ungünstigen Zustand zu finden. (Das verletzt übrigens nicht die Energieerhaltung. Grob gesagt liegt das daran, dass bei der Messung des Ortes Energie mit der Umgebung ausgetauscht wird.)
Man kann also sagen: Ist das System in einem der Ortszustände, dann ist seine Energie nicht eindeutig, ist es in einem der Energiezustände, ist sein Ort nicht eindeutig.Messe ich erst die eine, dann die anderen Messgröße, dann ändert das System jeweils seinen Zustand.
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