Ist daran irgendetwas auszusetzen? Erst einmal nicht, könnte man meinen. Doch Licht hat ja nicht nur eine Wellenlänge, sondern auch eine Frequenz – die Zahl der Schwingungen pro Sekunde. Diese beiden hängen miteinander zusammen: Das Produkt aus Wellenlänge und Frequenz ergibt gerade die Lichtgeschwindigkeit. Große Wellenlängen heißen also niedrige Frequenzen und umgekehrt. Wenn wir Licht mit einer Wellenlänge von 500 Nanometern ansehen, dann hat es eine Frequenz von 6 1014 Hertz (also Schwingungen pro Sekunde). Unser Wellenlängenintervall von 500 bis 501 Nanometer überstreicht dann den Frequenzbereich von 5,98 1014 Hertz (entsprechend 501 Nanometer) bis 6 1014 (entsprechend 500 Nanometer), also eine Breite von 2 1012 Hertz.
Schauen wir dagegen bei einer Wellenlänge von 800 Nanometern, dann entspricht dem Intervall von 800-801 Nanometern eine Frequenz zwischen 3,745 1014 und 3,75 1014 Hertz, hat also nur eine Breite von 5 1011 Hertz; es ist also deutlich kleiner geworden. (Wer’s mathematisch mag: Aus c=νλ folgt dν= -c dλ/λ².)
Wenn man also die Intensität des Lichts nicht auf die Wellenlänge, sondern auf die Frequenz normiert (zum Beispiel auf Intervalle mit einer Breite von 1014 Hertz), dann umfassen sie bei großen Wellenlängen einen größeren Bereich und enthalten somit mehr Licht. Diese beiden Grafiken (aus dem paper von Soffer und Lynch) zeigen das sehr deutlich. Hier erstmal das Standard-Bild:
Aus Soffer und Lynch, s.u.
Unten seht ihr die Skala für die Wellenlänge, so wie vorher, oben die für die Frequenz, an der schon deutlich wird, wie sich die Intervalle verschieben. Gleiche Wellenlängenintervalle sind offensichtlich nicht gleiche Frequenzintervalle. Unten im Bild ist nochmal die Effizienz unseres Auges aufgetragen und man sieht sehr schön, wie die Maxima nahezu perfekt zusammenpassen.
Schaut man sich dagegen den gleichen Plot für die Frequenz an, dann sieht das Bild so aus:
Aus Soffer und Lynch, s.u.
Und hier sieht man jetzt, dass in dieser Auftragung die beiden Maxima gar nicht mehr zusammenpassen – das Maximum des Sonnenspektrums liegt jetzt in einem Bereich, den wir nicht mehr wahrnehmen können (nämlich im Infraroten.)
Und welches Bild ist nun “richtig”? Letztlich sind beide gleich gut und gleich richtig – wir können die Intensität auf die Wellenlänge oder die Frequenz normieren (oder auf jede andere Variable, auch das Quadrat der Wellenlänge oder der Logarithmus wäre in Ordnung). Bei Dichteverteilungen gibt es immer unterschiedliche Möglichkeiten der Normierung, ob eine davon besser ist als eine andere, hängt von der Fragestellung ab. Für unseren konkreten Fall des Sonnenspektrums gibt es letztlich keine Darstellung, die besonders ausgezeichnet oder “besser” ist.
“Moment”, sagt jetzt vielleicht jemand, ” wie ist es denn mit der Empfindlichkeit unseres Auges? Müssten wir die nicht auch entsprechend umrechnen, so dass sich das Maximum auch verschiebt?” Nein, das müssen wir nicht. Man kann es schon daran sehen, dass wir offensichtlich nicht durch eine bloße Umrechnung infrarotes Licht wahrnehmen können. Wenn wir Licht detektieren, dann spielt es keine große Rolle, ob das Licht eine Wellenlänge von 500Nanometer oder 500.001 Nanometer hat – wir fragen uns einfach, wieviel Licht wir wahrnehmen (wie stark also die Reizung unserer Netzhaut ist), wenn eine bestimmte Energiemenge bei einer Wellenlänge von 500Nanometer einfällt – solange das einfallende Licht in hinreichend guter Näherung deine einzige Wellenlänge hat, spielt die genaue Breite des Wellenlängenintervalls keine Rolle, es kommt nur auf die Energiemenge an.
Ist unser Auge denn nun optimiert? Nicht besonders, muss man fairerweise zugeben. Insekten und Vögel können beispielsweise Bereiche des Spektrums sehen, die uns nicht zugänglich sind; das allein zeigt schon, dass es mit der Optimierung so weit nicht her sein kann. Licht mit Wellenlängen von weniger als etwa 320 Nanometer kommt auf der Erdoberfläche nahezu nicht an (wie ihr im obersten Bild sehen könnt) – da liegt also eine natürliche Untergrenze für das sichtbare Licht. Umgekehrt gibt es auch eine Obergrenze: Wäre unser Auge empfindlich für Licht mit Wellenlängen von mehr als 1400 Nanometern, dann würden wir auch dann etwas sehen, wenn wir die Augen zumachen, denn dann würde die Wärme innerhalb unseres Körpers ausreichen, die Sehzellen anzuregen.
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