Das verfügbare Spektrum hat also eine Breite zwischen 320 und 1400 nanometern. Davon sehen wir nur einen vergleichsweise kleinen Teil, der etwa 20 % der gesamten Strahlungsleistung ausmacht. Besonders optimal erscheint das nicht. Sollte die Evolution nicht besseres leisten?
Eine mögliche Antwort darauf (aus dem paper von Soffer und Lynch) ist die Absorption von Wasser. Das Sehen hat sich ja im Wasser entwickelt und entsprechend sollte man erwarten, dass das Auge vor allem in den Bereichen empfindlich ist, die nicht durch Wasser absorbiert werden können. Das Absorptionsspektrum von Wasser und die Empfindlichkeit unserer Augen passen einigermaßen gut zusammen. Ich halte diese Erklärung aber für etwas fragwürdig – immerhin hat sich die Empfindlichkeit der Augen (zumindest bei den Stäbchen) im Laufe der Evolution verschoben und andere Tiere haben andere Empfindlichkeitsbereiche; einige Frösche beispielsweise können bis in den Bereich von 330 Nanometern hinein sehen. Da Frösche genau wie wir von (denselben) Wassertieren abstammen, stellt sich die Frage, warum die Frösche diese Bereiche sehen können und wir nicht.
Eine mögliche Antwort, die mir dazu einfällt, ist die, dass wir uns ja aus Nachttieren entwickelt haben. Schaut man sich das Spektrum des Mondlichts an, das man auf dieser Seite findet, dann sieht man, dass Mondlicht weniger blaue und ultraviolette Anteile hat als Sonnenlicht. Dass wir in diesem Bereich nicht so gut sehen, könnte also daran liegen, dass wir uns mehr an das Licht bei nacht angepasst haben. (Achtung, diese Spekulation ist auf meinen eigenen Mist gewachsen und nicht irgendwie abgesichert.)
Ein anderes Problem, das die möglichen wahrnehmbaren Wellenlängen einschränken könnte, sind die Moleküle, die zur Lichtwahrnehmung zur Verfügung stehen. Je größer die Lichtwellenlänge, desto kleiner ist die Energie der Photonen, und das bedeutet auch, dass die Moleküle, die das Licht absorbieren sollen, immer größer werden müssen (das liegt an den Energieniveaus der Elektronen in den Molekülen, die bei langen Molekülen dichter zusammenrücken). Solche langen Moleküle tendieren dazu, instabil zu werden, so dass es vielleicht mit größerem Aufwand verbunden ist, sie im Körper herzustellen. (Diese Spekulation wiederum stammt direkt aus dem paper von Soffer und Lynch.)
Ob das Auge also in irgendeiner Weise für das Sonnenspektrum oder das Licht auf der Erde optimiert ist, ist nicht so klar (obwohl es natürlich daran angepasst ist, das ist keine Frage (ich sehe schon, wie dieser Text von irgendwelchen Kreationisten missbraucht wird – auch wenn die sich dann natürlich fragen lassen müssen, warum denn Gott – Verzeihung, der “intelligente Designer” – das Auge nicht optimiert hat)). Wie so oft zeigt sich, dass eine scheinbar einfache und überzeugende Idee am Ende leider doch nicht stimmt.
PS: Durch ein kleines Versehen (falschen Knopf geklickt) war kurzfristig ein Entwurf des textes freigeschaltet – alle die das verwirrt hat, bitte ich um Entschuldigung.
Some paradoxes, errors, and resolutions concerning the spectral optimization of human vision
B. H. Soffer, D.K. Lynch,
Am. J. Phys. 67 (11), November 1999
A better presentation of Planck’s radiation law
Jonathan M. Marr and Francis P. Wilkin
https://arxiv.org/abs/1109.3822v3
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