Seit über 40 Jahren rätseln die Dinoforscherinnen an einem merkwürdigen Fossil herum, das in der Mongolei gefunden wurde. Es handelt sich um zwei riesige Arme eines Dinosauriers – und wenn ich riesig sage, dann meine ich das auch. Jeder der Arme misst etwa 2,40Meter von der Schulter bis zur Spitze der Klauen.
So sehen die Arme aus (Bild von Wikipedia, Ryan Somma, licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic license.)
Wohlgemerkt, jeder der Arme ist deutlich länger als ein Mensch. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ich diese Arme in einer Zeichnung zum ersten Mal gesehen habe – im Buch “Welt der Dinosaurier” von LSB Halstead. (Das war ein super-Buch in dem ich zum ersten Mal mit Ideen zu Biomechanik und ähnlichem konfrontiert wurde, zum Glück leicht verständlich, denn ich war da so etwa 12 Jahre alt. Aus heutiger Sicht ist das BUch aber ziemlich veraltet und viele der Ideen sind inzwischen überholt. Das Buch enthielt auch einige sehr seltsame Rekonstruktionen, beispielsweise den sphinxhaften Spinosaurus oder den rosafarbenen Quetzalcoathlus mit wirklich sehr seltsamen Proportionen.)
Wie groß mochte wohl der Dinosaurier gewesen sein, der dazugehörte? Ich erinnere mich noch gut, dass ich irgendwann überlegte, wie groß ein Allosaurus oder Tyranosaurus wäre, wenn seine Arme diese Größe hätten – zugegeben ist die Idee, solche Arme isometrisch hochskalieren zu wollen, nicht besonders wissenschaftlich, aber ich war ja noch jung, und natürlich galt: Je größer, je cooler…
Die Fossilien bekamen den Namen Deinocheirus mirificus (“merkwürdige Schreckenshand”). Dass es sich um die Überreste eines Raubsauriers handelt, war den Knochen relativ leicht anzusehen – aber was für einer war es? Dazu konnte man trefflich spekulieren, weil außer den langen Armen nichts bekannt war. Die Vermutung lag relativ nahe, dass es sich um einen Saurier ähnlich zu den langbeinigen und langarmigen Ornithomimiden handelte. (Von denen ist vermutlich Galimimus der bekannteste, weil er in Jurassic Park auftaucht – und dass ein 10jähriger Junge auf einen Blick einen Gallimimus von einem Struthiomimus oder Ornithomimus unterscheiden kann, ist vermutlich die unrealistischste Szene im Film…)
Hier ein Gallimimus (mit ein paar Federn) [Bild von Steveoc 86, licensed under the Creative Commons Attribution 2.5 Generic license.]
Aber auch andere Möglichkeiten waren denkbar, beispielsweise eine Art von Therizinosaurus, die auch für ziemlich ungewöhnliche Arme bekannt waren (Bild von FunkMonk, licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license):
Nun, das Geheimnis um die Schreckenshand wurde letzte Woche auf der Jahrestagung der Society of Vertebrate Paleontology gelüftet. Dort wurde in einem Vortrag ein neuer Fund des Deinocheirus vorgestellt. Leider war das Fossil nicht vollständig, weil Fossilienjägerinnen viele Knochen bereits mitgenommen hatten. (Die liegen jetzt bei irgendwem im Keller rum – können solche Leute nicht Ferraris sammeln oder Fussballmannschaften?) Die Fossilien genügen aber, um zu zeigen, dass Deinocheirus tatsächlich ein riesiger Ornothomimide war, mit einer Länge von über 10 Metern und einer Höhe von mehr als 4,5 Metern.
Noch überraschender an diesem Fund war, dass der Deinocheirus ein Rückensegel hatte, so wie man es von einigen anderen Dinosauriern wie dem Spinosaurus kennt. Damit hatte nun wirklich niemand gerechnet.
Da es noch keine Veröffentlichung zum Fossil gibt und ich selbst nicht bei der Konferenz war (aber nächstes Jahr ist sie in Berlin, da werde ich wohl Konferenzurlaub nehmen müssen…), kann ich nicht viel mehr zu diesem Fund sagen. Aber dankenswerterweise gibt es ja Brian Switek, der ausführlich über den Fund berichtet. Aber Vorsicht – das Bild oben am Artikel zeigt nicht Deinocheirus, sondern einen anderen Ornithomimiden.
Immerhin weiß ich jetzt nach über 30 Jahren endlich, was es mit Deinocheirus auf sich hat – auch wenn er nicht ganz so riesig war, wie ich ihn mir gewünscht hatte…
Kommentare (42)