Zum Zeitpunkt 12.00:01 haben wir jetzt also eine ziemlich breite Verteilung.
Jetzt kommt unser zweiter Detektor ins Spiel: Denn zu dieser Zeit – so ja die Vorgabe unseres Experiments – messen wir das Teilchen im Detektor B. Wir wissen jetzt, dass das Teilchen bei B ist, die Wahrscheinlichkeitsverteilung ändert sich also sprunghaft vom Bild oben zu dieser hier:
Das ist der berühmte “Kollaps der Wellenfunktion” (die Wellenfunktion ist eine mathematische Größe, aus der man die Wahrscheinlichkeitsverteilung berechnen kann. Näheres dazu auch in der Schrödinger-Serie.) Sprunghaft ändert sich das, was wir über unser Elektron wissen – eben hätte es noch so ziemlich überall sein können, jetzt aber ist es ganz bestimmt im Detektor B und nirgends sonst.
Ein entscheidender Unterschied zwischen klassischer Physik und Qm ist, dass die klassische Physik deterministisch ist. Es hindert uns niemand, im Detektor A sowohl den Ort als auch die Geschwindigkeit des Teilchens zu messen; wir hätten beispielsweise zwei Detektoren haben könne, die nebeneinander stehen und messen können, wann das Teilchen jeweils durchfliegt. Dann kennen wir die Geschwindigkeit und den Ort zu einer Zeit und können genau vorhersagen, wo das Teilchen wann sein wird. Machen wir das Experiment wieder und wieder und messen immer dieselbe Geschwindigkeit und denselben Ort, so wird das Teilchen auch immer eine Sekunde Später im Detektor B gefunden werden.
In der QM gilt das nicht – wenn wir das Teilchen exakt bei A gemessen haben, dann können wir über seine Geschwindigkeit nichts aussagen (das ist die Unschärferelation) und es gibt nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass das Teilchen bei B gefunden wird. Wenn wir das Experiment 1000 mal wiederholen, dann werden wir – trotz identischer Ausgangsbedingungen – das Teilchen vielleicht nur 20 mal bei B messen und die anderen 980 mal nicht. Und wenn wir lauter Detektoren kugelförmig im Abstand von einem Meter um A herum anordnen, dann wird jedesmal ein Detektor das Teilchen finden, aber es gibt keine Möglichkeit, vorherzusagen, wann welcher Detektor anschlägt.
Wellenpakete
Das Bild unseres Teilchens in der Quantenmechanik sieht also vollkommen anders aus als das der klassischen Physik. Das wirft natürlich die Frage auf, warum wir dieses Verhalten von Teilchen im Alltag normalerweise nicht beobachten. Wie funktioniert der Übergang von der Quantenmechanik zur klassischen Physik?
Um das zu verstehen, werfen wir erst mal einen Blick auf die berühmte Unschärferelation. Sie lautet – in der Version, die für uns relevant ist –
Dabei ist Δ x die Ortsunschärfe – das ist nichts anderes als die Breite unseres Wahrscheinlichkeitsberges oben im Bild und somit ein Maß dafür, wie gut wir den Ort des Teilchens kennen. Und Δp ist die Impulsunschärfe, misst also, wie genau wir den Impuls eines Teilchens kennen. Und auf der rechten Seite der Ungleichung steht das berühmte h-quer, das Plancksche Wirkungsquantum geteilt durch 2π.
Der Impuls eines Teilchens ist das Produkt aus seiner Masse und seiner Geschwindigkeit v; wenn wir annehmen, dass wir die Masse kennen und sie m nennen, dann können wir also schreiben
Jetzt kann man Zahlenwerte einsetzen, Beispiele findet man bei Wikipedia (leider hat die Batterie meines Taschenrechners gerade einen tragischen Tod erlitten, und da es sich um einen Rechner mit komischen Knopfzellen handelt, habe ich keine Ersatzbatterien griffbereit). Bei einem Staubkorn kann man problemlos gleichzeitig den Ort auf 10Nanometer und die Geschwindigkeit auf 1Nanometer pro Sekunde genau messen, ohne Ärger mit der Unschärfe zu bekommen. Bei einem Elektron dagegen, dass um viele Größenordnungen (etwa eine Billiarde mal) leichter ist, wäre eine so genaue Orts- und Geschwindigkeitsmessung nicht möglich.
Wie übersetzt sich diese Logik in das Bild unserer Wahrscheinlichkeitsverteilung oben? Die Unschärferelation sagt uns , dass eine sehr enge Lokalisierung eines Elektrons zu einer großen Unkenntnis der Geschwindigkeit führt (während das Problem bei einem schwereren Teilchen weniger dramatisch ist). Diese Unkenntnis der Geschwindigkeit bedeutet aber, dass wir den Ort unseres Teilchens nach kurzer Zeit nur noch sehr ungenau kennen. Je kleiner also die Masse des Teilchens ist, desto schneller “zerläuft” die Wahrscheinlichkeitsverteilung.
Kommentare (27)