Wir haben jetzt also eine komplizierte Dreifachsummierung: Den Anfangs- und den Endzustand beschreiben wir jeweils als Überlagerung aus einzelnen Ortszuständen, und für jede denkbare Kombination betrachten wir dann noch alle möglichen Wege. Das kann man vielleicht etwa so veranschaulichen:
Es werden also alle Wege von allen möglichen Start- zu allen möglichen Endpunkten jeweils überlagert und dann am Ende alles aufsummiert. Da kann einem beim Hinschauen schon etwas schwummrig werden – aber zum Glück ist die Mathematik der ganzen Angelegenheit wesentlich einfacher, als man vielleicht denkt: Am Ende überlagern sich nämlich alle denkbaren Möglichkeiten genau so, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Impuls des Teilchens um 12.00:01 derselbe ist wie der um 12.00:00, genau gleich 1 ist, und alle anderen Möglichkeiten haben die Wahrscheinlichkeit Null. Einzelne Wege von A nach B scheinen also die Impulserhaltung zu verletzen, aber die Überlagerung der einzelnen Wege ist ja nur unsere Art, den Prozess zu beschreiben – physikalisch relevant ist nur das Endergebnis. Deswegen finde ich es auch etwas unglücklich, wenn manche Leute – wie David Deutsch in seinem Buch “Fabric of Reality” – sagen, dass das Teilchen in unterschiedlichen Paralleluniversen existiert, die dann miteinander wechselwirken. Keins dieser “Paralleluniversen” ist für sich genommen physikalisch zulässig. Wenn man den Prozess bildlich beschreiben will, dann kann man natürlich sagen: “Das Teilchen geht alle Wege gleichzeitig mit allen denkbaren Geschwindigkeiten und interferiert am Ende mit sich selbst, so dass die Wahrscheinlichkeit des Endzustands herauskommt”. (So ähnlich formuliert es auch Feynman im oben erwähnten QED-Buch.) Aber das ist eben eine anschauliche Beschreibung unserer Rechenvorschrift, nicht unbedingt eine anschauliche Beschreibung dessen, was im Universum “tatsächlich” passiert – wie man schon daran sehen kann, dass man das Teilchen ja auch ohne den Pfadintegral-Formalismus beschreiben kann, so wie wir es im letzten Teil getan haben. Es ist durchaus nützlich, beide Bilder parat zu haben; manchmal ist das eine praktischer und anschaulicher, manchmal das andere. Aber wie die Natur “wirklich” ist, können wir nicht sagen.
Falls ihr jetzt denkt, dass mit diesem Fazit alles gesagt wäre, was man zum Thema “Ein Teilchen fliegt von A nach B” sagen kann – nein. Aber den 4. (und vermutlich 5. (oder gar 6.???)) Teil dieser Serie verschiebe ich dann ins nächste Jahr (in dem auch noch die im Sommer begonnene Serie zum Vakuum weitergehen sollte).
Für dieses Jahr aber war’s das.
Allen Leserinnen und Lesern einen guten Rutsch und alle guten Wünsche für 2014.
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