Der Nachweis der kosmischen Inflation durch die Entdeckung von Gravitationswellen (bzw. deren Spuren) ist ja schon eine Weile her und wurde von Florian ausführlich erklärt (klickt den Link oben…). [NACHTRAG: Inzwischen wissen wir, dass die Messung fehlerhaft war, Gravitationswellen wurden aber ja jetzt auf andere Weise nachgewiesen.] Da mein Blog – besonders im Moment – nicht so der tagesaktuelle ist, schreibe ich nicht noch mehr darüber, sondern tue das, was ich am liebsten tue: Ich werfe einen Blick auf die physikalischen Prinzipien, die dahinter stehen. Und da stellt sich natürlich die Frage: Was sind eigentlich Gravitationswellen? Irgendwie sollen die ja die Raumzeit verzerren – aber wie genau sieht das aus? Sind die so ähnlich wie elektromagnetische Wellen?
Um diese Frage zu klären werfen wir erst mal einen Blick auf Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie. Die beruht auf zwei cleveren Ideen von Albert Einstein (und einer Menge Mathematik dahinter, bis man diese Ideen sinnvoll zusammenbringt, aber auf die Mathematik verzichte ich heute….).
Einsteins erste brillante Erkenntnis, die zur Allgemeinen Relativitätstheorie (kurz: ART) führte, war, dass man die Gravitation als einen geometrischen Effekt “wegerklären” kann – es gibt in Wahrheit gar keine Gravitationsfelder, sondern es gibt stattdessen eine gekrümmte Raumzeit. In dieser sind Teilchen, auf die keine weiteren Kräfte wirken, im freien Fall – aber weil die Raumzeit gekrümmt ist, folgen sie nicht einfach geraden Bahnen, sondern eben Bahnen, die gekrümmt sind, so wie zum Beispiel ein Ball, den man wirft, eine Parabel beschreibt. (Wenn man genau ist, sind diese Bahnen nicht gekrümmt, sondern sind “so gerade wie möglich” – so genannte Geodäten – aber das erkläre ich hier nicht. Über solche Details der Raumzeitkrümmung brauchen wir uns hier erst mal keine Gedanken zu machen – wer mehr wissen will, findet rechts bei den “Artikelserien” eine 6-teilige Monsterserie über die Raumzeitkrümmung.)
Leider können wir den “Raum” nicht direkt beobachten – Raum kann man nicht anfassen (und Zeit auch nicht). Beobachten können wir Objekte im Raum (und der Zeit) – wenn wir also verstehen wollen, wie Gravitationswellen die Raumzeit beeinflussen, dann müssen wir uns Objekte in der Raumzeit angucken.
Das ist übrigens ähnlich mit elektrischen Feldern (die Analogie zu elektrischen Feldern werde ich im folgenden immer wieder verwenden): Elektrische Felder üben eine Kraft auf elektrische Ladungen aus – und die ist das, was wir beobachten. Eine Radiowelle bringt zum Beispiel Elektronen in der Antenne eures Radiogeräts zum Schwingen (es sei denn, ihr hört Radio übers Internet…), und diese Schwingung wird dann verstärkt und in Schallsignale umgewandelt. (Einstein hat übrigens die letzten 30 Jahre seines Lebens zu einem Großteil damit verbracht, zu versuchen, seinen Erfolg für die Gravitation auch für die Theorie des Elektromagnetismus zu wiederholen – aber den Elektromagnetismus kann man nicht direkt auf die Geometrie der Raumzeit zurückführen. (Obwohl unsere aktuelle Theorie des Elektromagnetismus – die Quantenelektrodynamik – als so genannte Eichtheorie in vieler Hinsicht sehr ähnlich zur ART ist.))
Wenn wir also elektromagnetische Wellen untersuchen wollen, müssen wir uns ein Teilchen angucken, das elektrisch geladen ist, und dann sehen, was die elektromagnetische Welle mit dem Teilchen macht. Dabei stellen wir fest, dass unser Teilchen sich im elektrischen Feld der em-Welle bewegt – es oszilliert, bewegt sich also periodisch hin und her und wird dabei beschleunigt.
Man könnte also – ganz analog – annehmen, dass man ein Teilchen mit einer “gravitativen Ladung ” betrachten muss, um Gravitationswellen zu finden. Da Schwerefelder von Massen erzeugt werden (oder, anders gesagt, da Massen die Raumzeit krümmen), ist eine Masse nichts anderes als eine Gravitationsladung. Können wir also am Verhalten einer einzelnen Masse sehen, wie eine Gravitationswelle wirkt?
Nein, das können wir nicht. Einsteins zweite brillante Erkenntnis war das sogenannte Äquivalenzprinzip – das besagt gerade, das Teilchen, auf die nur “Schwerefelder” wirken, von diesen nichts merken und im freien Fall sind. Wenn ihr im Weltall auf der ISS herumturnt, seid ihr im freien Fall und damit schwerelos; ebenso wenn ihr in einem Flugzeug auf einer Parabelbahn fliegt oder (näherungsweise) wenn es in der Achterbahn vorm Looping rapide nach unten geht. Würde man euch die Augen verbinden, könntet ihr nicht sagen, ob ihr gerade mutterseelenallein im Weltall schwebt (o.k., dazu bräuchtet ihr vielleicht noch nen Raumanzug…) oder ob ihr gerade im freien Fall auf die Erde zustürzt.
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