So betrachtet, kann man unsere Gleichungen nach zwei Kriterien einstufen: zum einen nach der Universalität, zum anderen danach, ob die Gleichung freie Parameter enthält, die von der Problemstellung abhängen:
U=RI hat freie Parameter und einen eingeschränkten Gültigkeitsbereich;
c=νλ hat freie Parameter, gilt aber (für Wellen) immer;
E= hν hat keine freien Parameter, gilt aber nicht in allen Fällen;
E=mc² hat keine freien Parameter und gilt universell.
Natürlich sind die Grenzen fließend: die Gleichung E= hν hat einen größeren Anwendungsbereich als U=RI, insofern kann man hier keine ganz strenge Einteilung vornehmen. Wichtig ist aber, dass zu jeder Gleichung das Wissen über ihren Anwendungsbereich gehört.
Bewegungsgleichungen
Bisher haben wir es mit relativ einfachen Gleichungen zu tun gehabt, bei denen auf beiden Seiten des Gleichheitszeichens Größen wie Stromstärke oder Masse standen. In unserer Welt passieren aber auch gelegentlich Dinge – was bedeutet, dass physikalische Größen sich auch mit der Zeit ändern können. Gleichungen, die solche Änderungen beschreiben, kann man – im weitesten Sinne – als “Bewegungsgleichungen” bezeichnen (auch wenn sich nicht unbedingt etwas “bewegt”, wenn sich zum Beispiel eine Spannung ändert).
Die bekannteste Bewegungsgleichung ist wohl das 2. Newtonsche Axiom (das sicher besser Newtons 2. Gesetz heißen sollte): F=ma. Auf den ersten Blick sieht es aus wie unsere Gleichungen von eben: Kraft gleich Masse mal Beschleunigung, zwei Größen sind zueinander proportional und der Faktor dazwischen ist die Masse.
Die Beschleunigung ist aber die Änderung der Geschwindigkeit (das sagt das erste Axiom: Solange keine Kräfte wirken, bleibt die Geschwindigkeit gleich) – und die Geschwindigkeit ist die Änderung des Ortes, wie wir ganz am Anfang schon gesehen haben. Die Kraft ist also die Änderung der Änderung des Ortes. Und das bedeutet, dass ihr mit Hilfe des 2. Newtonschen Axioms herausbekommen könnt, wo sich ein Teilchen in der Zukunft aufhalten wird, wenn ihr die Kräfte, die auf das Teilchen wirken, sowie seinen Ort und seine Geschwindigkeit zu einem Zeitpunkt kennt.
Und damit ist diese Gleichung sehr mächtig – ihr könnt vorhersagen, wo ein Ball auf den Boden auftreffen wird, wenn man ihn wirft, oder wie sich die Planeten bewegen (drüben bei Florian geht’s ja ständig genau darum, und von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, rechnen die AstronomInnen immer mit den Newtonschen Gleichungen), wie sich Atome bewegen (in guter Näherung kann man größere Mengen von Atomen mit der Newtonschen Physik beschreiben) und vieles mehr. Bewegungsgleichungen verkörpern in gewisser Weise einen der wichtigsten Aspekte der Physik, nämlich die Fähigkeit, Vorhersagen zu machen, in ganz unmittelbarer Weise. (Natürlich macht auch das Ohmsche Gesetz eine Vorhersage über zukünftige Messungen – aber es extrapoliert nicht direkt in die Zukunft, wie das eine Bewegungsgleichung tut.)
Viele Größen in der Physik hängen aber nicht nur von der Zeit, sondern vom Ort ab – die Temperatur hat beispielsweise eine Orts- und Zeitabhängigkeit
Von NOAA / National Weather Service – National Centers for Environmental Prediction – Climate Prediction Center
File: W!B: (overlay of weeks, see below) – www.nws.noaa.gov > Monitoring & Data > Global Climate Data > Global Regional Climate Maps > Europe [1], Gemeinfrei, Link
Weder ist es überall gleich warm, noch herrscht zu jeder Zeit an einem Ort die selbe Temperatur.
Solche Größen heißen in der Physik “Felder”, und auch für sie gibt es Gleichungen, die meist so genannte “partielle Differentialgleichungen” sind – was nichts anderes ist als der mathematische Ausdruck dafür, dass man Größen hat, die von verschiedenen Variablen (Ort und Zeit) abhängen und die sich mit Ort und Zeit ändern. (Irgendein Physiker – war es Sommerfeld, der Mann, der am häufigsten für den Nobelpreis vorgeschlagen war, ohne ihn je zu bekommen? – hat mal (so etwa, das genaue Zitat habe ich nicht parat) gesagt “Die ganze Physik besteht im Lösen von Differentialgleichungen.”)
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