Zu den wichtigsten Gleichungen der Physik gehören deshalb “Bewegungsgleichungen” für Felder – also Gleichungen, die sagen, wie sich Felder mit der Zeit ändern. Ein Beispiel hierfür sind die zwei der vier Maxwellgleichungen, die elektrische und magnetische Felder beschreiben (für die findet ihr bei den Artikelserien eine ausführliche Erläuterung). Beispielsweise gibt es eine Maxwellgleichung die – leicht vereinfacht in Worten ausgedrückt – sagt: “Die räumliche Änderung des Magnetfeldes ist gleich der zeitlichen Änderung des elektrischen Feldes.” (Diese Gleichung gilt, wenn keine Ströme fließen, die können auch Magnetfelder verursachen.) In Formeln sieht das so aus:
Solche Gleichungen haben die interessante Eigenschaft, dass man sie in zwei Richtungen lesen kann: Eine zeitliche Änderung eines elektrischen Feldes bewirkt ein Magnetfeld – oder ist es umgekehrt, dass ein sich räumlich änderndes Magnetfeld eine zeitliche Änderung des elektrischen Feldes hervorruft? Beides geht Hand in Hand – ihr könnt das eine nicht ohne das andere bekommen. Wie ihr die Gleichung lest. hängt meist davon ab, was ihr damit gerade tun wollt – kennt ihr die eine Größe, könnt ihr die andere berechnen. Das war bei unseren einfachen Gleichungen wie U=RI ganz ähnlich: Wenn ihr den Widerstand kennt, könnt ihr bei bekanntem Strom die Spannung ausrechnen und umgekehrt. (Darüber, was das für die Möglichkeit,die Welt zu “erklären” bedeutet, habe ich vor sehr langer Zeit mal nachgedacht.)
Quellengleichungen
Bewegungsgleichungen für Felder sind aber nicht die einzigen Arten von Feldgleichungen. Denn Felder werden nicht nur durch andere Felder erzeugt, sondern auch durch Materie. Eine der Maxwell-Gleichungen sagt beispielsweise aus, dass elektrische Felder durch Ladungen entstehen – Ladungen sind die Quellen elektrischer Felder. (Quellen magnetischer Felder gibt es nicht, weil es – soweit man weiß – keine magnetischen Ladungen gibt (außer in der gruseligen Karlsruher Physikdidaktik, aber das ist ein ganz anderes Thema…).)
Quellengleichungen verknüpfen ganz unterschiedliche Dinge miteinander – nämlich (in der Sprache der klassischen Physik) eine Feldgröße und eine Größe, die sich auf die Materie bezieht. Ein anderes Beispiel für eine solche Gleichung ist die berühmte Einstein-Gleichung
Sieht unscheinbar aus, oder? Bis auf einen Faktor 8π ist eine Größe G gleich ner anderen Größe T. Aber G ist hier der so genannte Einstein-Tensor, ein Maß für die Krümmung der Raumzeit. Und T ist der so genannte Energie-Impuls-Tensor, der unter anderem die Masse (nach der Gleichung E=mc²) als eine Komponente enthält. Diese Gleichung sagt uns also, wie Materie die Raumzeit krümmt. (Falls ihr euch wundert, dass in dieser Feldgleichung gar keine Änderungen einer Größe drinstecken – die sind gut versteckt in der Definition des Einstein-Tensors…)
Nebenbemerkung: Macht man den Sprung zur Quantentheorie (was für die Gravitation nicht so einfach ist, aber zum Beispiel für elektrische Felder gut geht), dann ist es so, dass Quellengleichungen zwei verschiedene Quantenfelder miteinander in Beziehung setzen. Elektrische Felder (Photonen im Quantenbild) “koppeln” an elektrische Ladungen, die Raumzeitkrümmung (Gravitonen im Quantenbild) koppelt an den Energiegehalt.
Zum Abschluss ein Überblick
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Auch Bewegungsgleichungen und Quellengleichungen kann man nach den obigen Kriterien einsortieren – sie haben Anwendungsbereiche und können freie Parameter enthalten. Die Maxwellgleichungen sind beispielsweise ziemlich universell (erst in der Quantentheorie passieren zusätzliche Dinge, beispielsweise können theoretisch Photonen mit Photonen wechselwirken), auch die Gleichungen der ART sind universell. Sie enthalten – bis auf die Angabe der jeweiligen Quellgrößen wie Ladungen und Massen – keine freien Parameter. Andere Feldgleichungen – stellt euch zum Beispiel die Gleichungen vor, die eine strömende Flüssigkeit beschreiben – sind weniger universell und enthalten als Parameter die Eigenschaften der Flüssigkeit.
Insgesamt haben wir die Gleichungen der Physik also nach drei Kriterien eingeteilt: Universalität, Zahl freier (problembezogenen) Parameter und schließlich der Gleichungstyp – einfache Beziehungen wie das Ohmsche Gesetz, Bewegungsgleichungen wie das Newtonsche Gesetz und Quellengleichungen wie zum Beispiel die Einstein-Gleichung. Zusätzlich gelten einige Gleichungen für Felder (Größen, die von Ort und Zeit abhängen), andere nicht.
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