Interessanterweise nimmt der Energiebedarf wechselwarmer Tiere mit der Masse schneller zu als der gleichwarmer Tiere. Die beiden Kurven schneiden sich deshalb bei sehr großen Massen, etwa bei einer Masse von 40000 Tonnen. Dieses Bild zeigt die Kurven, aufgetragen ist die Masse (in kg) gegen den Energiebedarf (in Watt, also Joule/Sekunde):
Unser Godzilla mit seinen 125000 Tonnen Masse hätte also einen Energiebedarf von immerhin 4,5 Megawatt, wenn ich die niedrigere der beiden Kurven verwende (also die für gleichwarme Tiere). Damit müsste er alle 100 Sekunden einen Rechtsanwalt futtern – wahrscheinlich ganz gut, wenn er über seinen Kernreaktor betrieben wird, sonst verfrühstückt er irgendwann noch Physiker…
Auf der anderen Seite wäre der Herzschlag eines solchen Riesentieres überraschend langsam – der Herzschlag verhält sich etwa wie die Masse hoch -0,25. Das liegt daran, dass die Stoffwechselrate – wie eben gesehen – langsamer ansteigt als die Körpermasse, während das Herz bei allen Tieren etwa den gleichen Anteil an der gesamten Körpermase hat (jedenfalls gilt das für Säugetiere). Damit kommt man für einen Elefanten auf etwa 25 Schläge pro Minute (real ist die Rate wohl noch etwas langsamer), für einen T. rex auf etwa 22 und für Godzilla auf zwei Schläge pro Minute. (Hätte man ja als netten special effect in den Film einbauen können, wenn es da alle 30 Sekunden ein wenig dumpf und bedrohlich wummert…)
Per Christiansen studiert in seinem paper übrigens auch die Wachstumsrate – der 1998er Godzilla bräuchte, wenn man eine ähnliche Rate annimmt wie bei Reptilien, mehr als 1000 Jahre (und selbst als Warmblüter noch etwa 750 Jahre). Aber auch hier schlägt ja die radioaktive Strahlung zu, die für ein beschleunigtes Wachstum sorgt.
Nebenbei: Das paper hat eine der unterhaltsamsten Danksagungen überhaupt:
I am indebted to Professor Peter Dodson, who managed to keep a straight face while making useful comments on the original manuscript of this strange paper, which was not originally intended for scientific publication. Finally, I must extend my gratitude towards the editors of Mathematical Geology, who displayed real character in accepting such an unusual paper.
[Ich bin Prof. Peter Dodson zu Dank verpflichtet, dem es gelang, das paper mit ernsthafter Miene zu lesen während er hilfreiche Kommentare zu diesem seltsamen paper gab, das ursprünglich nicht zur Publikation gedacht war. Schließlich muss ich meinen Dank auch den Editoren von “Mathematical Geology” aussprechen, die echten Charakter bewiesen, als sie ein derart ungewöhnliches paper akzeptierten.]
Ein Riesentier wie Godzilla ist innerhalb der uns bekannten Biologie also nicht möglich. Selbst der eingebaute Kernreaktor löst nicht alle Probleme, die so ein Riesentier mit seiner Masse hätte. Das ist allerdings nicht wirklich schlimm, und ich kann mich nur dem Fazit von Per Christiansen anschließen:
Godzilla was always a mythical monster, and should remain so.
Godzilla war schon immer ein mythisches Monster, und das sollte er auch bleiben.
Per Christiansen
Godzilla from a Zoological Perspective
Mathematical Geology, Vol. 32, No. 2, 2000
Michael Brett-Surman and J. O. Farlow
Some Irreverent Thoughts about Dinosaur Metabolic Physiology: Jurisphagous Food Consumption Rates of Tyrannosaurus Rex
in: The Complete Dinosaur
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