Im Paper heißt es zu dieser Frage sehr deutlich:
Although some taxa possess prominent feather trousers, an initial aerodynamic function, as previously hypothesized can be rejected because the presence of this character is extremely variable within Paraves, and elongated hindlimb feathers were usually restricted to the tibia and are symmetrical in shape.
[Auch wenn einige Gruppen deutliche “Federhosen” besaßen, kann eine anfängliche aerodynamische Funktion, wie früher angenommen, widerlegt werden, weil die Anwesenheit dieses merkmals innerhalb der Paraves stark variiert und weil die verlängerten Beinfedern auf den Unterschenkel begrenzt waren und symmetrisch geformt waren. – sehr holprige Übersetzung von mir.]
Zumindest das erste Argument überzeugt mich nicht wirklich – dass das Merkmal stark variiert, fände ich auch dann nicht überraschend, wenn es eine deutliche aerodynamische Funktion hätte. Im Gegenteil: Als die Urvögel anfingen, mit dem Fliegen herumzuexperimentieren, wurden vermutlich ganz unterschiedliche Strategien ausprobiert, und die Entwicklung war ja auch kein linearer Prozess – mäßig gute Flieger stammten vielleicht von besseren Fliegern ab, deren Nachfahren flogen dann aber möglicherweise wieder besser usw. Bei einem komplexen Sammelsurium von mehr oder wenig gut fliegenden Arten fände ich so ein Muster von größeren und kleineren Beinfedern auch dann nicht verwunderlich, wenn die eine aerodynamische Funktion hatten. Bei den Flügeln ist es ja auch ein bisschen so – innerhalb des im paper gezeigten Stammbaums sind die Troodontiden, die zum Fliegen wohl zu groß waren, zwischen dem Microraptor und dem Archaeopteryx angeordnet.
Welche Funktion die Beinfedern (“Federhosen”) stattdessen hatten, ist unklar – sie könnten beim Brüten geholfen haben oder (wie immer in der Biologie, wenn einem gar nichts anderes einfällt) eine Signalfunktion (“display structure”) besessen haben – was immerhin diesmal eine gewisse Berechtigung hat, weil diese Federn vermutlich ein farbliches Muster hatten.
In dem verlinkten Artikel über das neue Bild des Archaeopteryx ging es auch um die Frage, ob die Flügel des Archaeopteryx in gleicher Weise mit langen Federn ausgestattet waren wie das bei heutigen Vögeln der Fall ist, oder ob weitere Schwungfedern darüber lagen, so dass die Flügel aus mehreren Federlagen bestanden. Dieses Bild passt allerdings nicht zum hier beschriebenen Archaeopteryx, bei dem die Deckfedern zu erkennen sind und nicht länger sind als bei heutigen Vögeln, und die These der mehreren Lagen von Flugfedern wird entsprechend zurückgewiesen. (Wie man dann allerdings die im anderen Artikel gemachten Beobachtungen erklärt, ist mir nicht so ganz klar).
Das neue Fossil zeigt auch zum ersten Mal die Schwanzfedern in voller Länge, siehe Teilbild e. Diese Federn sind auch asymmetrisch (Teilbild f), und hatten deshalb wohl ziemlich sicher eine aerodynamische Funktion.
Der Rest der Arbeit beschäftigt sich mit der Evolution der Federn. Federn die wie die Schwungfedern heutiger Vögel aussehen (also mit einem Schaft in der Mitte und seitlichen Verästelungen – auf englisch “pennaceous feathers”), findet man bei den Vorfahren der Vögeln und auch bei den Oviraptoren, merkwürdigen Raubsauriern mit oft seltsamer Kopfform. Hier ein Bild von Nomingia, bei dem die Federn am Schwanz fossil erhalten geblieben sind:
(Bild von Wikimedia, User Smokeybjb, public domain)
Eine detaillierte Analyse des Stammbaums zeigt, dass immerhalb der Gruppe, die solche Federn besaß (in der Arbeit als “Pennaraptora” bezeichnet) Federn ziemlich wirr verteilt waren – einige Arten hatten große Federn an der Hand oder den Beinen, andere wiederum nicht. Auch hier werten die Autoren diese Variabilität als Indiz dafür, dass diese Federn vermutlich vor allem eine “Display”-Funktion hatten, aber mich überzeugt das nicht zu 100%. Natürlich wird ein gefiederter Dino, der Federhosen aber keine langen Flugfedern an den Armen hatte, mit den Beinfedern nicht geflogen sein, aber trotzdem können sie ja eine andere komplexere Funktion gehabt haben. (Spechte beispielsweise nutzen ihre Schwanzfedern ja auch zum Abstützen.) Eine hohe Variabilität allein ist auch kein gutes Argument für eine Display-Struktur, die finden wir zum Beispiel auch bei den ersten Vierfüßern – obwohl wir dort nur vergleichsweise wenige Fossilien kennen, ist es auch dort so, dass man nicht einfach eine klare Entwicklung von der Flosse zum Bein hat. Der berühmte Ichthyostega zum Beispiel konnte seine Hinterbeine vermutlich nicht zum Laufen verwenden; andere Ur-Vierfüßer, die gleichzeitig lebten, aber vermutlich schon, darauf deuten zumindest Fußspuren hin.
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