Ja, ihr habt richtig gelesen: Hier geht es um die Shakespeare-Version von Star Wars. Klingt albern – ist es auch. Zudem ist es aber auch einfach brillant und unglaublich komisch.

Die Idee hinter diesem Buch (und dem beiden Fortsetzungen “The Empire Striketh Back” und “The Jedi Does Return”) ist letztlich die, dass die Star-Wars-Saga viele klassische Erzähl- und Geschichten-Elemente enthält, die sich schon bei Shakespeare wiederfinden. Aus heutiger Sicht sind Shakespeares Dramen “Klassiker” und werden von vielen ja eher als langweiliger Schulstoff und nicht als spannende Lektüre gesehen. Aber die Leute, die damals die Theaterstücke gesehen haben, waren ja Menschen genau wie wir, mit einem Bedarf an Unterhaltung (und meistens wohl auch ohne Zugang zu Büchern). Für sie dürften also Shakespeares Stücke eine ähnliche Funktion gehabt haben wie für uns heute Kinofilme. (Ähnliches gilt meiner Ansicht nach auch für Klassiker wie die Ilias.)

Wie wäre es also, wenn Shakespeare den Stoff von “Star Wars” in ein Theaterstück umgesetzt hätte? Vielleicht etwa so (die Einleitung ist eine Anspielung auf Richard III.):

C-3PO
Now is the summer of our happiness
Made winter by this sudden, fierce attack!
Our ship is under siege, I know not how.
O hast thou heard? The main reactor fails!
We shall most surely be destroy’d by this.
I’ll warrant madness lies herein!

R2-D2
—Beep beep,
Beep, beep, meep, squeak, beep, beep, beep, whee!

C-3PO
—We’re doomed.
The princess shall have no escape this time!
I fear this battle doth portend the end
Of the Rebellion. O! What misery!
[Exeunt C-3PO and R2-D2.

(Leseprobe als pdf von hier.)

C3PO und R2D2 dienen – wie im Film – als komische Nebencharaktere, die ein wenig an Rosenkrantz und Güldenstern erinnern, und auch ansonsten gibt es viele Anspielungen und Zitate aus klassischen Shakespeare-Stücken, die mit SF-Elementen vermischt werden (“Is this an Astr’oid field I see before me?”). Vermutlich gefällt diese Art Humor nicht jedem – und wahrscheinlich hat man mehr davon, wenn man zumindest einige Shakespeare-Stücke gelesen hat. Für mich zumindest war das Buch vermutlich das Lustigste, was ich dieses Jahr gelesen habe.

Noch etwas anderes ist interessant – man kann umgekehrt an Hand der Art, wie der Film in Szenen umgesetzt wird, auch ein bisschen lernen, wie komplexe Szenenfolgen mit schnell wechselnden Orten in einem Shakespeare-Stück umgesetzt werden können. (Ich fand die schnellen Wechsel in manchen Szenen bei Shakespeare beim Lesen manchmal verwirrend.) Vielleicht kann man “Shakespeare’s Star Wars” also umgekehrt auch verwenden, um Shakespeares Werke zum Beispiel Schülern leichter zugänglich zu machen – der Humor von Leias Ausbruch bei der Flucht aus dem Todesstern wird nicht weniger, wenn er in klassischen Pentametern vorgetragen wird.

Es gibt das Buch übrigens auch auf Deutsch, aber ich habe nur die englische Version gelesen und kann deswegen nicht sagen, ob die deutsche Übersetzung so gelungen ist wie das Original.

Wenn ihr Star Wars und Shakespeare mögt (und wer tut das nicht???), dann kommt ihr an diesem Buch eigentlich nicht vorbei.

Kommentare (18)

  1. #1 haarigertroll
    17. August 2014

    Sie werden Shakespeare erst wirklich genießen, wenn Sie ihn im klingonischen Original lesen.

  2. #2 MartinB
    17. August 2014

    @haarigrtroll
    Dass war auch der erste kommentar meiner Frau…

  3. #3 Lercherl
    17. August 2014

    und wahrscheinlich hat man mehr davon, wenn man zumindest einige Shakespeare-Stücke gelesen hat.

    Und vermutlich auch, wenn man zumindest einige Star Wars-Folgen gesehen hat. Nachdem das auf mich nicht zutrifft, kann ich dem nichts abgewinnen.

  4. #4 Bettina Wurche
    17. August 2014

    Danke für diese Kurz-Rezension.
    Mein erster Gedanke war auch das oben bereits genannte klasssiche Star Trek-Zitat. : )
    Der Vergleich von Shakespeares Werk und Star Wars ist nicht neu, kürzlich gab es dazu auch eine ziemlich gut gemachte Fernsehsendung, in der Literaturwissenschaftler zu Wort kamen.
    Bei echten SF-Fans gilt Star Wars oftmals auch als zu opernmäßig und theatralisch und gar nicht als echter SF-Stoff.
    Hört sich auf jeden Fall ganz interessant an.
    Mir selbst gingen in zu einigen Star Wars-Charakteren allerdings eher Szenen aus Faust durch den Kopf.
    Auch ein großer, theatralische Stoff mit Schwarz gegen Weiß, Gut gegen Böse.
    : )

  5. #5 The Grue
    17. August 2014

    Sorry, aber bin ich blind? Hier fehlt doch ein Link, eine ISBN, irgendeine Quelle? Die Leseprobe ist ja nett, aber ich muss das Buch haben 😀

  6. #6 PB
    18. August 2014

    Titel: William Shakespeare’s Star Wars
    Autor: Ian Doescher
    Verlag: Quirk Books
    WWW: https://www.quirkbooks.com/ShakespeareStarWars
    eISBN: 978-1-59474-655-0

  7. #7 BerndB
    18. August 2014

    Vielleicht wird ja auch Star Wars (oder Star Trek?) in 100 oder 200 Jahren Schulstoff. oder es kommt zur Vereinigten Kirche von Star Trek und Star Wars, wie bei Futurama 😉

  8. #8 the-grue
    18. August 2014

    @PB: Danke 🙂

  9. #9 MartinB
    18. August 2014

    @the grue
    Sorry, ich dachte, die Infos hier reichen, um es beim Buchhändler deines vertrauens zu finden.

    @BerndB
    Noch lustiger finde ich die Vorstellung, dass solche Kinofilme dann von den SchülerInnen als “langweilig” abgetan werden und dass der Eindruck entsteht, nur die ganz abgefahren Intellektuellen und Kunstbegeisterten hätten sowas geguckt.

  10. #10 the-grue
    18. August 2014

    @MartinB
    Du hast natürlich Recht. Aber es war spät gestern Abend und irgendwie ist man (bin ich) verwöhnt und stutzt, wenn’s keinen Link gibt.

    Ich schäme mich schon und danke PB um so mehr 😉

  11. #11 DasKleineTeilchen
    21. August 2014

    @bettina: “…und gar nicht als echter SF-Stoff.”

    isses ja auch nicht, ist science-fantasy (ungeachtet der gleichen kurzbezeichnung).

    @martin: ich könnte wetten, der gute Ian hatte die idee zu diesem buch aus “reign of fire” (eine leicht schrottige science-fantasy-dsytopie von 2002 um *echte* drachen, die die welt in schutt & asche legen, wortwörtlich), da gibts eine wirklich gute & denkwürdige szene:

    https://www.youtube.com/watch?v=NCBA1wii70o

    die szene spielt innerhalb des films ca. 20 jahre nach der apokalypse.

  12. #12 DasKleineTeilchen
    21. August 2014

    oh, okay, waren 10 jahre danach…

  13. #13 MartinB
    21. August 2014

    @DKT
    Nein, im nachwort erzählt er, dass er die Idee hatte, als er eine Shakespeare-Adaption von “die lustigen Weiber von Windsor” für die heutige zeit gesehen hatte.

  14. #14 DasKleineTeilchen
    21. August 2014

    ah, sozusagen die idee reversed 😀

    aber die szene ist doch trotzdem nice…

  15. #15 MartinB
    21. August 2014

    @DKT
    Ich bevorzuge ja die Bill&Ted-StarWars Szene:
    Ted: Ich bin Darth Vader Ted.
    Bill: Dann bin ich Luke Billwalker und du Mülltonne bist nicht mein Vater.
    Ted: Mülltonnen haben keine Kinder.
    Bill: Doch: Kleine Mülltonnen.

  16. #16 Engywuck
    31. August 2014

    Vielen Dank für den Hinweis. Demnächst soll übrigens der Dreierpack auf Englisch herauskommen.

    Es gibt das Buch übrigens auch auf Deutsch, aber ich habe nur die englische Version gelesen und kann deswegen nicht sagen, ob die deutsche Übersetzung so gelungen ist wie das Original.

    Bei Amazon kann man sich eine Leseprobe besorgen. Aus meiner Perspektive ist die Antwort ein ganz klares “nuja”.
    Gedichtübersetzungen sind ja immer schwer, aber hier wäre eine Neudichtung evtl. angebracht gewesen.

    Das Ergebnis reimt sich nicht, es ist kein für mich erkennbares Versmaß vorhanden (wobei wenigstens die Silbenzahl pro Zeile halbwegs stimmt) und auch die Sprache ist nicht überall “altertümlich” sondern ein Mischmasch. Außer in den Stellen, die leicht aus Shakespeare übernehmbar waren… 🙂

    Speziell R2-D2 ist gewöhnungsbedürftig übersetzt 🙂

    Die R2-D2-Stelle aus dem zitierten “Now is the summer of our Happiness” wird zu

    R2-D2
    Bipp biep
    wieb-tüt miep biep tiiiwüüp!

    Der Anfangschor

    CHORUS
    It is a period of civil war.
    The spaceships of the rebels, striking swift
    From base unseen, have gain’d a vict’ry o’er
    The cruel Galactic Empire, now adrift.
    Amidst the battle, rebel spies prevail’d
    And stole the plans to a space station vast,
    Whose pow’rful beams will later be unveil’d
    And crush a planet: ’tis the DEATH STAR blast.
    Pursu’d by agents sinister and cold,
    Now Princess Leia to her home doth flee,
    Deliv’ring plans and a new hope they hold:
    Of bringing freedom to the galalcy.
    In time so long ago begins our play,
    In star-crossed galaxy far, far away.
    [Exit.

    wird zu

    CHOR
    Der Bürgerkrieg ist wild im Gange schon,
    Als der Rebellen kleines Schiff erbeutet
    Die Plane einer mächt’gen Kampfstation,
    Die für die Freiheit Unheil nur bedeutet.
    Im Kampfgetümmel die Rebellen stahlen
    Die Pläne dieser Waffe stark und groß.
    Erst später wird enthüllt die Kraft der Strahlen
    Wenn ein’n Planet trifft schnell der Todesstoß
    Prinzessin Leia flieht, verfolgt von Scharen,
    Ihr kleines Schiff ist jetzt bewegungslos.
    Zn überbringen trotz der grausigen Gefahren,
    Die Botschaft einer neuen Hoffnung groß.
    In lang vergangner Zeit beginnt das Stück,
    In unglücksel’ger Sternenwelt weit, weit
    entrückt.
    (Chor geht ab.)

    Wer englisch kann nimmt also leichter das Original. Wenn’s schon keine klingonische Fassung gibt 🙂

  17. #17 Engywuck
    31. August 2014

    hrmpf “reimt sich nicht” muss nat+rlich “reimt sich nicht überall” heißen. Im Anfangschor klappts noch, aber später…

  18. […] habe lange nicht mehr so beim Lesen gelacht (vermutlich zuletzt vor einem Jahr) – und nebenbei ist das Ganze wirklich eine nette Einführung in viele Methoden des […]