Wenn versucht wird, die Raumkrümmung zu veranschaulichen, dann sieht man oft das Bild eines großen Gummituchs, das von kleinen Kugeln, die Sterne oder Planeten darstellen sollen, eingedellt wird. (Auch hier auf den Scienceblogs wurde das schon erklärt – Florian hat in seinem Artikel auch auf einige Grenzen hingewiesen.) Auch anderswo wird dieses Modell verwendet, auch dort mit dem Hinweis, dass das Gummituch die Krümmung des Raumes veranschaulichen soll. Leider ist das – wie so oft bei anschaulichen Modellen – ein wenig problematisch..
Hier ein Bild, wie man sich ein solches Gummituch-Modell vorstellen kann:
(Quelle: University of New Mexico)
In der üblichen Erklärung entspricht das Gummituch dem Raum und die Verzerrung des Tuchs soll die Verzerrung des Raums und damit die Raumkrümmung darstellen. Ein bisschen problematisch mag dabei erscheinen, dass wir dabei ja die Schwerkraft der Kugeln benutzen, um die Dellen zu erzeugen, und in gewisser Weise Schwerkraft mit Schwerkraft erklären:
Das ist aber nicht wirklich das Hauptproblem dieses Modells. Es ist nämlich in Wahrheit gar kein Modell der Allgemeinen Relativitätstheorie mit ihrer Raumkrümmung, sondern ein Modell der ganz gewöhnlichen Newtonschen Theorie der Schwerkraft. (Das erklärt übrigens auch sehr schön der englische Wikipedia-Artikel zum Thema “Gravity Well”, aus dem ich mich hier auch reichlich bediene…)
Fangen wir erst einmal bei der klassischen Schwerkraft an. Nach Newton ziehen sich massive Gegenstände mit einer Kraft an – beispielsweise die Erde und die Sonne, oder die Erde und ein Raumschiff. Das Raumschiff hat den Vorteil, dass es so viel leichter ist als die Erde, dass wir die Schwerkraft des Raumschiffs und deren Einfluss auf die Bewegung der Erde vernachlässigen können.
Nehmen wir an, unser Raumschiff steht auf der Erdoberfläche – wir hätten es aber gern (frei nach Loriot) in einer ruhigen, erdnahen Umlaufbahn. Dazu brauchen wir eine Kraft, mit der wir das Raumschiff anheben. Diese Kraft muss so groß sein wie die Schwerkraft (in Wahrheit eine Winzigkeit größer, damit sich das Raumschiff auch bewegt, aber diese Feinheit ignorieren wir einfach). Die Schwerebeschleunigung an der Erdoberfläche ist 9,81Meter pro Sekunde pro Sekunde (oft mit g abgekürzt), und gegen die müssen wir anarbeiten. Dank Herrn Newton wissen wir, dass Kraft gleich Masse mal Beschleunigung ist, die Kraft ist also die Masse unseres Raumschiffs mal g. Um das Raumschiff einen Meter anzuheben, muss diese Kraft über eine Strecke von einen Meter wirken. Die Energie, die wir dazu brauchen, ist gleich der Kraft mal dem Weg – insgesamt landen wir also für die Energie bei der Formel Energie = Masse mal Schwerebeschleunigung mal Weg, oder kurz E=m g h.
Wir können also die Energie unseres Raumschiffs als Funktion der Höhe aufschreiben, und dafür gilt zunächst einmal diese Formel. (Man darf dabei den Ort, bei dem die Energie gleich Null ist, frei wählen – warum das geht, diskutiere ich heute aber nicht, das habe ich vor langer Zeit schon gemacht.)
Wenn wir unser Raumschiff weiter anheben, dann gilt diese Formel allerdings irgendwann nicht mehr. Denn je weiter wir uns von der Erde entfernen, desto schwächer wird die Anziehungskraft (auch wenn sie in einer Umlaufbahn um die Erde nicht null ist). Die Schwerkraft nimmt ja – auch das hat Newton rausgeknobelt, der war schon ganz schön clever – mit dem Quadrat des Abstands ab – wenn wir unser Raumschiff doppelt so weit von der Erde entfernen, dann sinkt die Kraft auf ein Viertel. Achtung: Doppelt so weit heißt natürlich nicht, dass wir es zwei statt einen Meter anheben – die Entfernung ist immer die zum Erdmittelpunkt. Damit die Kraft auf ein Viertel sinkt, müssen wir unser Raumschiff also einen Erdradius (etwa 6371 Kilometer) anheben.
Berücksichtigt man das, wird die Formel für die Energie unseres Raumschiffs etwas komplizierter. Hier ist eine Kurve der Energie (ohne Einheiten für die Energie – der Wert der Energie hängt ja von der Masse unseres Raumschiffs ab) die zeigt, wie die Energie verläuft:
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