(Aus Trix&Psenka, 2003)
Frauen werden also z.B. deutlich häufiger mit der Lehre in Verbindung gebracht, Männer mit der Forschung. (Es mag natürlich sein, dass bei den untersuchten Personen tatsächlich mehr Frauen als Männer in der Lehre tätig waren. Dass aber in Briefen für Frauen auch häufiger das Privatleben Erwähnung fand, lässt sich so kaum erklären.) Auch wenn es möglich ist, dass es tatsächlich Unterschiede zwischen den untersuchten Männern und Frauen gab, ist es doch nicht sehr wahrscheinlich, dass diese allein alle beobachteten Unterschiede in den Schreiben erklären können.
Isaac et al (2009) untersuchen in einer Meta-Studie (also einer Zusammenstellung von Ergebnissen anderer Studien) die Ungleichbehandlung der Geschlechter (“gender bias”) bei Einstellungsverfahren und auch, welche Maßnahmen dagegen helfen können. Es zeigt sich, dass Frauen insbesondere dann (in männerdominierten Feldern) für weniger kompetent gehalten werden, wenn keine detaillierten Informationen über die Kompetenz gegeben werden. Detaillierte Informationen können also anscheinend zumindest teilweise verhindern, dass ein Stereotyp eingesetzt wird. Da sich diese Studie vor allem mit dem Erfolg von Maßnahmen gegen die Ungleichbehandlung befasst, gehe ich hier nicht auf alle Details ein – sie zeigt aber auch, dass eben ohne solche Maßnahmen eine Ungleichbehandlung vorliegt.
Ein anderes Beispiel dafür, dass Frauen anders wahrgenommen werden, findet sich in Heilmann et al (2004). Dazu sollten Studis die Kompetenz und die “likability” (was heißt denn das auf Deutsch? Nettigkeit? Sympathie?) von Personen an Hand von Unterlagen bewerten. Das Aufgabenfeld der zu evaluierenden Person stammt dabei aus einem typisch “männlichen” Gebiet (z.B. Luftfahrt), was an Hand der Dokumente deutlich wurde. Es wurden dabei unterschiedliche Profile vorgelegt, solche, bei denen die zu beurteilende Person deutlich sehr erfolgreich war und solche, bei denen die Fähigkeit im Job eher mittelmäßig einzustufen war. Eine übersichtliche Grafik der Ergebnisse gibt es mal wieder in der WSF-Studie:
Aus WSF
Also: Wenn aus euren Unterlagen hervorgeht, dass ihr sehr erfolgreich seid, dann werdet ihr auch so beurteilt, völlig unabhängig von eurem Geschlecht. Wenn ihr dagegen nicht zur Leistungsspitze gehört, dann werdet ihr deutlich besser beurteilt, wenn ihr ein Mann seid (linke Seite der Grafik). Umgekehrt ist die “likability” von Frauen und Männern etwa gleich hoch, wenn diese Mittelmaß sind – aber als deutlich erfolgreiche Frau werdet ihr als weniger “likable” angesehen als ein genau so erfolgreicher Mann. Als Frau steckt ihr also in der Zwickmühle: Seid ihr erfolgreich, dann mag man euch nicht, seid ihr nicht so erfolgreich, wird eure Kompetenz deutlich schlechter beurteilt. Das gilt so allerdings nur in Bereichen, die als Männerdomäne gelten; in eher neutralen oder weiblich dominierten Feldern verschwindet der Effekt (WSF, S. 82).
Zu diesen Ergebnissen passt auch das, was Brescoll und Ullmann (2008) untersucht haben. Sie haben den Eindruck untersucht, den unterschiedliche Gefühlsregungen auf BetrachterInnen haben. Dazu wurden den Versuchspersonen Videos von Job-Interviews (die natürlich gestellt waren) vorgeführt, in denen SchauspielerInnen schilderten, wie sie einen wichtigen Auftrag nicht bekommen hatten, und zwar entweder zornig oder traurig. Anschließend sollten die Versuchspersonen dann die Interviewten bewerten, nach den Kriterien Status, Kompetenz, dem Gehalt, das sie den Personen geben würden, sowie einem Kriterium, das ich nicht ganz verstehe (“external attributions” – wenn ich das hier richtig begreife, sagt das aus, in wie weit das jeweils geäußerte Gefühl durch äußere Einflüsse verursacht wurde.) Hier die Zahlen (die Skala lief bei den Kriterien von 1-11; evtl. müsst ihr die Tabelle zum Vergrößern anklicken):
Brescoll und Ullmann (2008)
Eine Frau, die Wut äußert, wird also als deutlich weniger kompetent eingeschätzt, ihr wird ein massiv niedrigeres Anfangsgehalt zugesprochen und (wenn ich das mit der attribution richtig verstehe) die Wut wird ihr deutlich eher als Charaktereigenschaft zugeschrieben. Umgekehrt verliert ein Mann deutlich an Status und auch an Kompetenz, wenn er Trauer zeigt; diese wird ihm aber nicht so stark als Charaktereigenschaft zugeschrieben wie die Wut bei einer Frau. (Was aber wieder einmal zeigt, dass Stereotypen auch für Männer ein Problem sind.) Die Studie enthält noch weitere Experimente, die aber die hier vorgestellten Ergebnisse nur verfeinern.
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