Praktisch an diesem Modell ist, dass der Biss seine Kraft von den Vorderbeinen bekommt, die bei Säbelzähnen generell meist sehr kräftig ausfielen. Dazu passt auch, dass der Unterkiefer recht kräftig gebaut ist, obwohl er ja nur von schwachen Muskeln geschlossen werden konnte.

Alles in allem erscheint mir das Modell recht plausibel – auf die Schnelle sehe ich keine offensichtlichen Punkte, die ihm widersprechen (was aber nicht heißt, dass es die nicht gibt). Simulationen ähnlich zu denen, die ich letztes Jahr vorgestellt habe, wären sicherlich hilfreich, um zu sehen, wie die Spannungen in diesem Modell verteilt sind und ob alle Knochen und Gelenke ihnen standhalten könnten – immerhin ist das Kiefergelenk ja nicht soo stark – es kann aber in diesem Modell von den entsprechenden Muskeln gestützt werden. Das Modell vereint das, was wir über Säbelzähne schon wussten, mit zwei neuen Ideen (dem Unterkiefer, der die Beute am Aufrichten hindert, und dem Vorderbein-betriebenen Biss) zu einem insgesamt plausiblen Szenario. Man sieht aber auch, dass die Säbelzähne zwar hervorragende Tötungswerkzeuge waren, dass sie selbst aber nicht dazu dienten, die Beute erst einmal zu Boden zu bringen – das musste die Katze in diesem Modell (wie auch nach der “klassischen” Idee) vorher tun.

               

Brown, Jeffrey G. “Jaw Function in Smilodon fatalis: A Reevaluation of the Canine Shear-Bite and a Proposal for a New Forelimb-Powered Class 1 Lever Model.” PloS one 9.10 (2014): e107456.

Wroe S, Chamoli U, Parr WCH, Clausen P, Ridgely R, et al. (2013) Comparative Biomechanical Modeling of Metatherian and Placental Saber-Tooths: A
Different Kind of Bite for an Extreme Pouched Predator. PLoS ONE 8(6): e66888. doi:10.1371/journal.pone.0066888

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Kommentare (10)

  1. #1 rolak
    25. Oktober 2014

    $$$

    Schon deswegen, weil der Artikelfeed wie sonst auch deutlich verzögert füttert (bzw füttern wird) und der als Kommentar verarbeitete pingback lässig das Rennen machte.

    Immer wieder erstaunlich, wieviel Spielraum für neue, einleuchtende Erklärungen vorhanden ist…

  2. #2 HansG
    26. Oktober 2014

    “Rechts bei B seht ihr die Analogie zum Rodeo, wo der Cowboy ein Pferd niederringt, indem er ihm den Kopf verdreht.”

    Ist das ein Hannoveraner auf dem Bild? 😉

  3. #3 MX
    26. Oktober 2014

    @ HansG: Der Cowboy ist natürlich Hannoveraner, das sieht man auf den ersten Blick. Das Pferd, vom Cow-Boy niedergerungen, ist ein Exemplar der Milch-Oldenburger, bekannt von der gleichnamigen Butter.

  4. #4 MartinB
    26. Oktober 2014

    @HansG
    Das ist ein Pferd – feinere Unterschiede mache ich da (auch wenn ich jahrelang Urlaub auf dem Ponyhof gemacht habe) nicht.

  5. #5 MX
    26. Oktober 2014

    @ Martin:

    Das ist ein Pferd – feinere Unterschiede mache ich da … nicht.

    Genau. Mit oder ohne Hörner, Hauptsache Pferd. Den Pferdefuß sieht schließlich jeder. 😉

  6. #6 MartinB
    27. Oktober 2014

    Upps. Vielleicht hätte ich das Bild doch mal vergrößert anschauen sollen…
    Aber bei Säugetieren (im Gegensatz zu Dinos) kommt’s ja nicht so drauf an, oder?

  7. #7 MX
    27. Oktober 2014

    Aber bei Säugetieren (im Gegensatz zu Dinos) kommt’s ja nicht so drauf an, oder?

    Nicht wirklich, wobei man natürlich auch einmal der Frage nachgehen könnte, wofür Säbelhornpferde ihre Säbelhörner brauchen. Manche Theorien sagen, zum Grasmähen, aber …

    Zum eigentlichen Thema: Wenn die Funktion der Säbelzähne die oben beschriebene ist, wie erklärt man sich deren Evolution? Einfach ein Funktionswechsel von langen Reißzähnen? Und warum wurde die ursprüngliche Funktion verzichtbar?

  8. #8 MartinB
    27. Oktober 2014

    @MX
    In dem paper gibt es einen relativ langen Abschnitt zur Evlution, den habe ich aber nur überflogen, weil er ein bisschen spekulativ war. (Hab das paper gerade nicht zur Hand, deswegen kann ich nicht nachgucken.) Ich denke aber, der entscheidende Schritt besteht darin, dass die Katzen ihre Zähne nicht mehr zum Niederreißen der Beute verwenden, sondern eben nur zum Töten.

  9. #9 Bettina Wurche
    30. Oktober 2014

    Hmmmm…schöner Artikel zu einer netten Theorie…
    Ich bin keine Großkatzenexpertin, aber irgendwie habe ich im Hinterkopf, dass die Megamiezen (z. B. Löwen) mitnichten die Kehlen ihre Beute durchbeißen. Sondern sich an die Kehlen hängen und die Beute mehr oder weniger erdosseln und dadurch auch zu Boden ziehen. Das sollte bei Säbelzahnmiezen nicht so wesentlich anders gewesen sein.
    Naja, es muss kein Widerspruch zum Paper sein.

  10. #10 MartinB
    30. Oktober 2014

    @Bettina
    Ich habe es imer so verstanden, dass genau das der Unterschied in der Strategie ist – heutige Löwen hängen sich an den Gnuhals und lassen das Tier ersticken (da gibt es fiese Videos), aber Säbelzähne ringen (mit kräftigeren Beinen, aber langsamerem Tempo) die Beute erst nieder und beissen dann durch den Hals. Das paper hat auch passende Querschnitte durch Pfredehälse, die zeigen, wie das aussehen würde.