Bei Atomen mit sehr vielen Elektronen mag noch ein anderer Effekt hinzukommen – die elektrische Abstoßung der Elektronen. Alle Elektronen auf der innersten Schale eines Atoms zusammenzuquetschen, führt natürlich zu relativ großer elektrischer Abstoßung – es mag sein, dass es bei sehr vielen Elektronen doch günstiger wird, einige Elektronen nach Außen zu verdrängen. Auf der anderen Seite ist ein weiter Außen liegendes Elektron weiter vom Atomkern und dessen positiver Ladung entfernt und würde von den innen liegenden Elektronen abgeschirmt werden, was wiederum elektrisch ungünstig ist. Auf Anhieb kann ich nicht sagen, welcher Effekt stärker ist, aber ich vermute, dass die Kernanziehung meist überwiegen wird.
Was mich auf einen weiteren Punkt bringt: Je größer die Kernladung, desto kleiner sind die Elektronenschalen. In unserer Welt sorgt das Wechselspiel aus höherer Kernladung einerseits und höheren besetzten Elektronenschalen andererseits dafür, dass der Durchmesser von Atomen immer zumindest halbwegs in der gleichen Größenordnung liegt – ein Wasserstoffmolekül mit nur einem Elektron hat einen Bindungsabstand von etwa 0,75 Angström (ein Zehntel Nanometer oder ein Zehnmilliardstel Meter), der Bindungsabstand im Gold, das 79 Elektronen hat, die auf 6 Schalen verteilt sind, liegt bei etwa 4 Angström (das ist die Gitterkonstante eines Goldkristalls). Die sechste Schale im Wasserstoffatom liegt wesentlich weiter außen und hat einen Radius von etwa 18 Angström. Durch die höhere Kernladung rücken die Schalen immer dichter an den Atomkern heran, aber weil immer weiter außen liegende Schalen besetzt werden, wird dieser Effekt wieder kompensiert. In unserer Welt mit bosonischen Elektronen wäre das anders – entsprechend gäbe es Atome mit extrem stark unterschiedlicher Größe. Unser metallischer Wasserstoff würde also vermutlich in seinem Inneren Platz für jede Menge Atome mit höherer Ordnungszahl bieten – das gäbe sicher interessante Effekte, macht die bosonische Welt aber noch fremdartiger. (Ich weise noch einmal darauf hin, dass ich mir das alles hier nur selbst zusammengereimt habe – ich übernehme keine Garantie, dass ich nicht irgendeinen wichtigen Effekt übersehen habe.)
Aber bevor ich mir noch weiter Gedanken darüber mache, wie genau die Chemie der Atome unserer bosonischen Welt aussehen würde, sollte ich lieber mal darüber nachdenken, ob es in dieser Welt überhaupt Atome geben würde.
In einem Atomkern gibt es ja Protonen und Neutronen. Und auch die gehorchen dem Pauli-Prinzip. Hat ein Kern viele Protonen und Neutronen, dann können auch die nicht mehr alle in die energetisch günstigsten Zustände. Es gibt ein Schalen-Modell ähnlich wie für Elektronen (das Modell ist aber nicht ganz so gut, weil die Kernkraft stärker und auch noch kurzreichweitig ist). In einem Atomkern mit vielen Protonen (und Neutronen) sind deswegen einige Protonen in energetisch eher ungünstigen Zuständen. Die zugehörigen Schalen sind auch größer – und das führt dazu, dass die Protonen irgendwann über einen so großen Raum verteilt sind, dass die Kernkraft nicht mehr stark genug ist, sie alle zusammenzuhalten. (Das ist jetzt ein sehr schwammiges Bild des ganzen – zum einen, weil das hier ausreicht und es nicht notwendig ist, sich über Aufenthaltswahrscheinlichkeiten usw. detailliert Gedanken zu machen, zum anderen weil ich von Kernphysik keine Ahnung habe…) Deswegen sind Atomkerne mit vielen Protonen auch meist radioaktiv – es ist energetisch günstiger, den Kern in zwei Teile zu teilen, so dass alle Protonen günstigere Zustände einnehmen können und die elektrische Abstoßung zwischen ihnen minimiert wird.
Ohne das Pauli-Prinzip könnten aber aller Protonen (und Neutronen) sehr eng zusammenrücken, weil alle dieselben Zustände einnehmen. Eigentlich gibt es dann keinen Grund mehr, warum sich nicht auch sehr große Atomkerne bilden könnten. Spontan würden sich die Atomkerne nicht direkt miteinander verbinden, weil sie sich dazu erst einmal nahe genug kommen müssten (und das verhindert die elektrische Abstoßung). Wie genau die energetischen Verhältnisse sind, kann ich nicht abschätzen – es ist aber durchaus möglich, dass sich beim Urknall wesentlich mehr schwere Elemente gebildet hätten, als dies in unserem Universum der Fall war.
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