Etwas anderes stört mich aber viel mehr: Es wird hier alles über einen Kamm geschert und dann in einen Topf geworfen (Hinweise auf “mixed metaphores” bitte direkt an Bernard Woolley). Wissenschaftvermittlung und Wissenschaftsjournalismus können ganz unterschiedliche Dinge sein: Manchmal wird über ein aktuelles Forschungsergebnis berichtet, manchmal gibt es einen Überblick über ein vielleicht wenig bekanntes Gebiet, manchmal werden Grundlagen erklärt (besonders bei mir im Blog…), manchmal wird mit weit verbreiteten Missverständnissen aufgeräumt. Auch die Zielgruppen sind ganz andere: Es gibt Blogs wie “Tetrapod Zoology”, die schon einiges an Vorkenntnissen verlangen, aber auch eher einfach geschriebene Blogs, die jeder lesen kann (wie zum Beispiel bei vielen Artikeln auf “Starts With A Bang”). Genauso gibt es in Zeitungen kurze Nachrichten, aktuelle Schlagzeilen und eben ausführliche Artikel. Ich finde es ziemlich absurd, anzunehmen, dass da immer dieselben Spielregeln gelten sollen, auch wenn es mal einfach darum geht, Informationen an Leute zu vermitteln, die sich eh schon für Wissenschaft interessieren und mal darum, Leute überhaupt für Wissenschaft zu begeistern.
Meiner Ansicht nach gelten für alle diese unterschiedlichen Dinge auch unterschiedliche Regeln, was einen guten Artikel ausmacht. Wenn es darum geht, brandaktuelle Forschungsergebnisse (beispielsweise BICEP2) vorzustellen und an ein breites Publikum zu vermitteln, dann können das “klassische” Medien gut leisten, weil eben viele Leute in die Zeitung gucken. (Nebenbei bemerkt, ein ziemlich quatschiger Satz in dem Gespräch ist der hier: “Zudem erreichen selbst die deutschen Top-Wissenschaftsblogs vergleichsweise winzige Leserschaften.” Klar, der Spiegel hat ne Auflage, die viel höher ist als die Klickzahl auf so ziemlich allen Wissenschaftsblogs – aber nicht jeder, der den Spiegel kauft, schaut sich auch den Wissenschaftsartikel an. Insofern vergleicht so ein Satz Äpfel mit Obst.) Solche Artikel müssen dann eben schnell geschrieben werden und erscheinen – da ist dann möglicherweise wenig Zeit für ein kritisches Hinterfragen, notwendig ist es, schnell die Essenz zu erfassen und an ein breites Publikum zu vermitteln. Dafür ist man vermutlich super geeignet, wenn man journalistisch ausgebildet ist. Wobei ich mich hier dann wiederum frage, was eigentlich die journalistische Leistung ist, wenn im wesentlichen Pressemitteilungen umformuliert (oder gar in weiten Teilen wörtlich wiedergegeben) werden.
Wenn es aber um detaillierte Analysen und kritisches Hinterfragen geht, dann braucht man dazu vertieftes Fachwissen und auch Zeit, und wer nicht gerade in der Elementarteilchenphysik zu Hause ist, der hat eben nicht die Möglichkeit zu merken, dass Higgs in seinem paper nicht das Higgs-Teilchen vorhergesagt hat. Das ist die Domäne von Wissenschaftlern mit Fachwissen. Und dann können Blogs auch noch das tun, was sonst Bücher machen – beispielsweise Grundlagen erklären, so wie in meinen diversen Artikelserien.
Wissenschaftskommunikation hat viele Facetten- zu glauben, dass diese alle von Journalisten abgedeckt werden können und dass für alle diese unterschiedlichen Facetten dieselben Regeln gelten könnten, erscheint mir ziemlich abwegig.
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