Falls ihr am kommenden Wochenende noch nichts vorhabt, könnt ihr es ja mal mit meiner Lieblingssportart versuchen. Passend zum Finale der Snooker-Weltmeisterschaft gibt es auch dieses Jahr die Aktion “Deutschland spielt Billard”, bei der die meisten deutschen Billard-Vereine ihre heiligen Hallen öffnen. Wo genau erfahrt ihr, wenn ihr den Link anklickt.
Falls ihr euch gerade fragt: “Billard? Snooker? Was’n das?” – keine Panik. Wie Snooker funktioniert, habe ich schon vor ein paar Jahren erklärt – es ist eine Billard-Variantean einem Tisch, der ein wenig größer ist als ein handelsüblicher Pooltisch, wie ihr ihn vielleicht aus der Kneipe kennt, und bei der etwas andere Regeln gelten. Aber keine Sorge, ihr müsst euch nicht mit den ganz esoterischen Sonderregeln (wann darf ich einen Snooker hinter einen Free Ball legen? Ist es ein Snooker, wenn mich der Tascheneinlauf hindert, einen Ball anzuspielen? Gibt es ein Miss, wenn ich beim Spiel auf eine Farbe mit der Hand eine Rote berühre?) auskennen, um Spaß am Snooker zu haben. Erstens tauchen solche Sonderfälle wirklich nur selten in der Praxis auf, zweitens haben wir genügen Leute da, die sich auskennen, und zur Not gibt es auch immer nen ausgedruckten Regelsatz. Für den Anfang kommt man mit der Grundregel “als erstes ne rote Kugel lochen, wenn das klappt, eine der anderen, dann wieder von vorn” ganz gut klar.
Auch wie das ganze technisch funktioniert und ein wenig zur Ballphysik könnt ihr schon hier auf dem Blog nachlesen, und da ja seit letztem Jahr auch die Pool-Spieler mitmachen, habe ich auch den Unterschied zwischen Pool und Snooker schon diskutiert.
Tja, wozu soll ich denn dann heute noch schreiben – eigentlich ist alles wichtige schon gesagt. Aber vielleicht guckt ihr ja gelegentlich Snooker (oder auch eine andere Sportart, da gibt es ähnliche Phänomene) im Fernsehen. Wenn ihr das tut, dann seht ihr dort häufig Statistiken eingeblendet, die zeigen, wie gut die Spielerinnen* die unterschiedlichen Aufgaben erfüllen, vor denen sie so stehen. Und diese Zahlen sind ein schönes Beispiel dafür, wie irreführend Statistiken manchmal sein können.
Nehmen wir als erstes die wichtigste Zahl – den Locherfolg oder englisch “pot success”. Diese Zahl wird in Prozent angegeben und sagt, wie oft es euch gelingt, einen Ball zu lochen, wenn ihr es auch versucht habt. (Da die Spielerinnen das beim Snooker nicht ansagen müssen, sitzt da irgendwo ne Expertin, die ziemlich gut weiß, was gerade geplant sein könnte, und die ne Liste macht.) Wie gesagt, diese Zahl bekommt man als Prozentwert, aber der ist sehr irreführend.
Nehmen wir mal eine ganz gute Spielerin, die aber nicht ganz zur Weltklasse gehört. Sie hat eine Lochquote von 83%. Eine zweite Spielerin ist um 7% besser und hat 90%, die dritte ist um weitere 5% besser und liegt bei 95% (das ist dann schon Weltklasse). Was bedeuten diese Zahlen wirklich? Wenn ihr bei 83% liegt, dann heißt das, dass ihr im Mittel jeden 6. Ball versägt, bei 90% ist es jeder 10. Ball, bei 95% denn nur noch jeder 20. Obwohl die zweite Steigerung also sehr klein aussieht, ist die tatsächliche Steigerung der Leistung immens. Wenn ihr euch dann um nur noch 3% verbessert, locht ihr 98%, also geht nur noch jeder 50. Ball daneben; bei einem weiteren Prozent mehr ist es dann jeder 100. Die Prozentskala ist also eigentlich ziemlich irreführend – besser wäre es, man würde angeben, jeder wievielte Ball im Schnitt verschossen wird. Gerade auf WM-Niveau liegen die Spielerinnen alle meist im Bereich von 85% oder mehr, wo die Unterschiede klein aussehen, es aber nicht sind.
Prozentzahlen sind manchmal auch irreführend, weil sie eine Genauigeit vorgaukeln, die es gar nicht gibt. Beispielsweise wird neben dem normalen Locherfolg auch gern der “rest success” angegeben – nein, der sagt nicht, wie erfolgreich die Spielerinnen sich ausruhen, sondern wie gut ihre Lochquote mit dem sogenannten Hilfsqueue ist, einer Verlängerung, die man auf den Tisch packen kann, wenn man keine Armlänge von drei Metern hat und irgendwo am anderen Ende an den Spielball heranwill. Mit so einem Hilfsqueue (englisch “rest”) spielt es sich etwas schwieriger, deswegen nimmt man es nur, wenn man muss. Entsprechend werden Bälle mit dieser Verlängerung nur recht selten gespielt. Und wenn dann nach einer halben Stunde Spielzeit oder so das erste mal die Statistik aufgeklappt wird, dann steht da vielleicht bei Spielerin A ein Wert von 50%, bei Spielerin B vielleicht sogar von 100%. Klingt wie ein himmelweiter Unterschied, aber die eine hat halt einen von zwei getroffen, die andere vielleicht sogar nur einen Ball mit Verlängerung (der dann geklappt hat). Manchmal sieht man den Zahlen direkt an, wie viele Versuche es gab, z.B. bei 83% (5 aus 6) oder 71% (5 aus 7).
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