Wie jedes jahr habt ihr auch diesmal am ersten Wochenende im Mai (also jetzt) die Gelegenheit, mal herauszufinden, warum in den letzten Wochen auf einschlägigen Sportkanälen im wesentlichen nur eine Sportart zu sehen war, nämlich Snooker. (Ja, ihr könnt auch Poolbillard oder Karambolage angucken, wenn ihr unbedingt wollt, letzteres allerdings nicht in meinem Verein.) Normalerweise findet “Deutschland spielt Billard” zeitgleich mit dem Ende der Snooker-WM statt, aber dieses Jahr wäre das das letzte Aprilwochenende gewesen (während man in England das Finale so legt, dass es zur “bank holiday” am ersten Montag im Mai passt, weil sich so ein Finale ja über zwei Tage erstreckt).
Die Regeln habe ich schon vor längerer Zeit erklärt, die Unterschiede zwischen Pool und Snooker habe ich auch schon erklärt, und ich habe mir auch schon mal Gedanken über Statistiken und den “Fluch des Crucible” gemacht.
Heute geht es ein bisschen um Ballphysik. Ein paar Grundlagen habe ich in diesem Text erklärt (bei dem leider die Videos nicht mehr funktionieren), und letztes Jahr habe ich die benötigte Präzision beim Snooker abgeschätzt.
Jede Billardspielerin kennt (und hasst) sie: die berühmten “Kicks” oder auch “schlechte Ballkontakte”. Leider habe ich kein wirklich gutes Video gefunden, das einen Kick in Reinkultur zeigt. Hier sehr ihr am Anfang, wie sich ein “kick” auswirkt, ob der aber eventuell dadurch verursacht war, dass die Weiße kugel schon vorher etwas gehüpft ist, kann ich ehrlich gesagt nicht erkennen:
Was auf jeden fall passiert ist das Folgende: Beim Kontakt der beiden Bälle hüpft die Weiße Kugel ein wenig in die Höhe.
Na und? Ist das schlimm?
Ja, ist es, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen führt der Kick auch dazu, dass die angespielte Kugel (“Objektball”) nicht exakt in dem Winkel abläuft den man erwartet hätte. (Das sieht man allerdings nur, wenn die Weiße nicht mittig auf den Objektball trifft.) Nach den Regeln der Impulserhaltung müssten Weiße Kugel (Spielball) und Objektball im 90°-Winkel auseinanderlaufen. Bei einem Kick wird der Objektball aber versetzt und läuft etwas gerader ab als erwartet.
Zum anderen führt der Kick (mit dem Hochhüpfen der Weißen) dazu, dass die Weiße ihre Rotation verliert. Dazu muss ich mal wieder erklärtechnisch etwas ausholen: Wenn ihr die Weiße mit eurem Queue (oder Cue) trefft, dann rollt sie in den meisten Fällen nicht über den Tisch, sondern gleitet erst mal. Läuft die Weiße immer weiter, ohne den Objektball zu treffen, dann sorgt die Reibung mit dem Tuch dafür, dass die Kugel an der Unterseite gebremst wird, dadurch kommt sie ins Rollen. Wenn die Weiße aber auf den Objektball trifft, während sie noch mehr gleitet als rollt, dann verliert sie beim Kontakt ja an Geschwindigkeit; dadurch “greift” die Rotation nach dem Kontakt stärker.
Spielt man die Weiße unten an und trifft mittig auf den Objektball, bekommt man einen Rückläufer (weil die Weiße sich rückwärts dreht), spielt man die Weiße oben an und trifft mittig, bekommt man einen Nachläufer. (Eine beliebte und sehr schwere Übung beim Snooker ist es, die Blaue kugel auf ihren Platz zu legen, die Weiße auf die “Baulk-line” (also die Linie beim “D”) und dann die Blaue in die gegenüberliegende Ecktasche zu lochen (schwer genug) und die Weiße soweit nachlaufen zu lassen, dass sie ebenfalls fällt.)
Spielt man den Objektball unter einem Winkel an, dann addieren sich Rotation und natürlicher Ablaufwinkel (90° zwischen Spiel- und Objektball). Die Weiße kann dann unter einem kleineren oder größeren Winkel ablaufen. Hier seht ihr ein Super-Beispiel, bei dem die Weiße soviel Druck mitbekommt, dass sie praktisch gerade hinter Blau herläuft:
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