Im dritten (und letzten) Teil der Serie kommen wir jetzt zu Objekten, deren Existenz eine Zeitlang durchaus umstritten war oder sogar immer noch ist. Quarks sind inzwischen etabliert, aber bei Dingen wie der Dunklen Materie oder gar der Dunklen Energie ist es durchaus strittig, inwieweit wir sie bereits “gesehen” haben. Das Prinzip aus den vorigen beiden Teilen bleibt aber immer noch dasselbe – zum “Sehen” braucht man nicht nur Beobachtungen, sondern auch eine Theorie.
Quarks
Auch Quarks sind inzwischen als Elementarteilchen, die es tatsächlich gibt (die wir “gesehen” haben), anerkannt – von daher gehörten sie eigentlich in den zweiten Teil, aber aus Platzgründen habe ich sie hierher verschoben. Quarks wurden zunächst rein theoretisch eingeführt – Gell-Mann erkannte, dass man die beobachteten schweren Elementarteilchen (Hadronen) in halbwegs einfacher Weise gruppieren konnte, wenn man annahm, dass sie aus Bausteinen zusammengesetzt sind, eben den “Quarks”. Das war zunächst nur ein theoretisches Konzept – als Nachweis galt das nicht.
Ein Problem mit der Quark-Idee war, dass Quarks eine gebrochenzahlige Elementarladung haben müssen, damit die Theorie stimmt (also beispielsweise 2/3 einer Elektron-Ladung). Teilchen mit einer solchen Ladung hatte man aber nie beobachtet – wenn es Quarks wirklich geben sollte, müsste man sie doch auch irgendwie isolieren können. Trotz dieses Problems war die Theorie aber sehr elegant und konnte viele Beobachtungen erklären.
Deutlich an Plausibilität gewann die Theorie, als man Streuversuche an Hadronen machte. Das Prinzip dabei war ganz ähnlich zum Rutherford-Experiment: Diesmal wurden Elektronen (die elementar sind) an Protonen (die aus Quarks bestehen) gestreut. Die Ergebnisse ließen sich am besten erklären, wenn man annahm, dass die Protonen mehrere Bestandteile enthielten, die Elektronen, die diesen Bestandteilen sehr nahe kamen, besonders stark ablenkten. Die theoretische Analyse dazu stammte von Richard Feynman – Feynman sprach aber in den entsprechenden Veröffentlichungen aus den 60er Jahren zum Thema Quarks auch von “Partonen”, weil sie eben nicht annahm, dass diese Objekte unbedingt mit den Quarks identisch seien.
Hier hatte man also durch Experimente festgestellt, dass Protonen aus kleineren Objekten (Partonen) bestehen müssten. Außerdem gab es die Idee der Quarks – doch wegen der Probleme beispielsweise mit der Ladung der Quarks galten die Quarks, die Gell-Mann sich ausgedacht hatte, dadurch noch nicht wirklich als bestätigt. (Dass Feynman und Gell-Mann eine gewisse Konkurrenz zueinander hatten, trug sicherlich auch dazu bei, dass Feynman nicht das Wort “Quark” verwendete.)
Die Identifikation der Quarks passierte dann sozusagen nachträglich, als die Theorie der Quarks (Quantenchromodynamik) ausgearbeitet wurde, die unter anderem erklären konnte, wie genau die Quarks zusammenhalten und warum wir (mit Ausnahme des instabilen top-Quarks) nie isolierte Quarks beobachten können. (Die Theorie habe ich neulich etwas ausführlicher erklärt,deswegen spare ich mir das hier.) Das Konzept von Teilchen, die man nicht isolieren kann, war aber ja nicht wirklich neu – wir hatten ja schon die Atomtheorie aus dem 19. Jahrhundert kurz gesehen, bei der Atome auch nur paarweise auftreten sollten.
Am Nachweis der Quarks kann man aber noch einmal exemplarisch sehen, das “etwas nachweisen” eben tatsächlich sowohl Beobachtung als auch Theorie erfordert – die Beobachtungen waren da, der Nachweis der Quark-Theorie galt aber erst als erbracht, nachdem die Beobachtungen auch quantitativ mit der Quark-Theorie in Einklang gebracht werden konnten und als die Probleme mit der Theorie ausgeräumt waren. Später hat man – unter anderem im Speicherring HERA in Hamburg – dann sehr viel weitere Experimente gemacht, um das Zusammenspiel der Quarks im Proton wesentlich besser zu verstehen. Das meiste davon passte auch gut zur Theorie, auch wenn es Experimente gibt, die man nicht wirklich ganz genau versteht.
Trotzdem sind Quarks nach wie vor die beste (um ehrlich zu sein, die einzige) Erklärung für die Eigenschaften und den Aufbau von Protonen, Neutronen und ihren Verwandten – sie sind theoretisch einigermaßen gut verstanden (auch wenn Rechnungen in der QCD extrem schwierig sind, gibt es doch zahlreiche gut bestätigte Vorhersagen der Theorie), und sie sind durch Streuexperimente auch nachgewiesen.
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