Ein anderes Problem bei der Berechnung der Bewegung ausgestorbener Tiere ist, dass man nie genau weiß, wie stark sich die Gliedmaßen jeweils an- oder abwinkeln ließen. Deshalb wurden unterschiedliche Bewegungsspielräume für die Flossen verwendet:

plesiosaurus4

Aus Liu et al., s.u.

Dann wurde simuliert – dazu hat man Optimierungsmethoden benutzt und den Rechner nach der optimalen Bewegung der Flossen suchen lassen. Es wurde vereinfachend angenommen, dass die Flossen im wesentlichen sinusförmig bewegt werden (nicht nur auf und ab, sondern auch vor und zurück und ebenso bei der Rotation der Flossen), aber mit der Möglichkeit, an den Extrempunkten – vor allem bei der Rotation der Flossen – eine Pause einzulegen. Außerdem wurde simuliert, wie der Plesiosaurus jeweils schwimmt, wenn er nur die Vorder-, nur die Hinter- oder beide Flossenpaare verwendet.

Das Ergebnis – zumindest für die mittlere”Gelenkigkeit” aus dem Bild oben – zeigt dieses Video:

Wie ihr sehen könnt, ist Schwimmen nur mit den Hinterflossen ziemlich unnütz, während es vergleichsweise egal ist, ob der Plesiosaurus nur die Vorderflossen verwendet oder auch die Hinterflossen dazunimmt – in beiden Fällen ist die erreichte Geschwindigkeit nahezu gleich. Die Absolutgeschwindigkeit ist dabei mit etwa 0.8m/s ziemlich klein, das liegt aber wohl daran, dass mit einer festen Frequenz der Flossenbewegung (alle zwei Sekunden) gerechnet wurde – wenn der Plesiosaurier seine Flossen schneller bewegt, wird er auch schneller.

Man erkennt im Video auch, dass das Schwimmen deutlich keine Ruder- sondern eine Flugbewegung ist. Die Flossen schlagen im wesentlichen auf und ab wie bei einem Pinguin.

Es zeigt sich also, dass Plesiosaurier vermutlich vor allem mit den Vorderflossen schwammen – die Hinterflossen waren eher zum Manövrieren und Steuern gedacht, aber nicht so wichtig für die Geschwindigkeit.

Allerdings bin ich noch nicht zu 100% überzeugt – ich würde nämlich gern wissen, wie sich das Bild ändert, wenn man eine realistischere Wasserströmung mit Turbulenz berechnet. Dann erscheint es mir durchaus denkbar, dass die Vorderflossen einen Wirbel erzeugen und die Hinterflossen diese Wirbelströmung aufnehmen und dadurch zusätzlichen Schub erzeugen. Ähnliche Tricks kennt man auch von Insekten, auch da spielt die Verwirbelung beim Flügelschlag eine wichtige Rolle. Auch wenn Wasser deutlich dichter und viskoser als Luft ist, bin ich mir nicht sicher, ob man die Turbulenzen einfach vernachlässigen darf. Bei einer Länge von so etwa 1 Meter für die Flosse und einer Geschwindigkeit von 1m/s ist die Reynoldszahl, die man als Maß nehmen kann, wie turbulent eine Strömung ist, etwa bei 1000, wen ich mich nicht verrechne. Das ist ein Bereich, wo Turbulenz eine eher geringe Rolle spielt (Faustregel ist, dass man Turbulent ab Reynoldszahlen von etwa 2000 bekommt) – bei höheren Geschwindigkeiten könnte Turbulenz aber durchaus relevant werden (die Reynoldszahl ist proportional zur Geschwindigkeit). Zumindest hätte das im Artikel mal diskutiert werden müssen – dort steht nur lapidar, dass die Viskosität von Wasser klein ist.

So oder so – dass Plesiosaurier sich beim Schwimmen vor allem auf ihre Vorderflossen verließen und dabei unter Wasser “geflogen” sind, ist sicher ein plausibles Ergebnis.

                   

Liu, Shiqiu, et al. “Computer Simulations Imply Forelimb-Dominated Underwater Flight in Plesiosaurs.” PLoS Comput Biol 11.12 (2015): e1004605.

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Kommentare (6)

  1. #1 Lars Fischer
    24. Januar 2016

    Das Modell erscheint mir überhaupt nicht plausibel, vor allem weil sich dann die Frage stellt, was die Hinterflossen sollen, die ja doch nen erheblichen Widerstand erzeugen. Für Beutegreifer scheint mir die Geschwindigkeit auch arg gering zu sein. Wie du ja schon anmerkst, ist der Verzicht auf Turbulenz vermutlich das Problem an der Sache – und damit steht für mich irgendwie auch der Wert des ganzen Modells in Frage.

  2. #2 MartinB
    24. Januar 2016

    @Lars
    “Für Beutegreifer scheint mir die Geschwindigkeit auch arg gering zu sein”
    Wie gesagt, das liegt sicher an der konstant gehaltenen Frequenz – 0.5 Hz scheint mir ziemlich wenig zu sein, wenn man schnell schwimmen will.

    Und ja, das mit der Turbulenz ist sicher ein problem. Es wäre schön gewesen, man hätte am Ende zumindest die optimierte Lösung mal mit Turbulenz gerechnet. Habe gerade ein paper über das Schwimmen von Quallen wiedergefunden – da spielen turbulente Wirbel eine ziemlich große Rolle.

  3. #3 Uli Schoppe
    10. Februar 2016

    Wo kann man das über die Quallen lesen? ☺

  4. #4 MartinB
    10. Februar 2016
  5. #5 Volker
    Waakirchen
    26. Februar 2016

    Vielleicht kann man das Phänomen Gravitationswellen in der Raumzeit auch anders betrachten

    Dazu einige meiner Denkmodelle:
    1. Die Raumzeit ist eine fiktive, mathematische Größe, um die räumlichen und zeitlichen Abstände zwischen Ereignissen und Elementen wie Massenpunkte (Teilchen), Energieträgern (Quanten), Wellen etc. berechnen zu können.
    2. Gravitation ist eine Eigenschaft (Wirkung) zwischen massebehafteten Objekten, ähnlich wie Elektromagnetismus die Wirkung (Kräfte) zwischen geladenen Teilchen.
    3. Gravitationswellen könnten auch die periodische Schwankung der Gravitationskonstanten G sein, die dann sogar eine vektorielle Größe wäre. G ist meines Wissens ohnehin nicht auf einen sehr genauen Wert festgelegt, also vielleicht gar nicht so konstant.
    4. Mit einem Raum, also einem physikalisch ereignislosen -sprich leerem- Gebilde, der schwingt, habe ich nach wie vor meine Probleme.

  6. #6 MartinB
    26. Februar 2016

    @Volker
    Ich habe keinen Schimmer, warum du das hier postest, wo es um Plesiosaurier geht.
    1 und 2 sind keine Physik, nur interpretationen (wobei 2 problematisch ist, wenn du kein feldkonzept verwendest, wir wissen, dass em-Felder Energie und Impuls tragen können)
    3 ist schlicht falsch, das kann nicht funktionieren.
    4 ist ein Problem unseres Denkens, keins der Natur, die kümmert sich wenig darum, was uns konzeptionell Probleme macht.