Das nächste Kapitel heißt “Source Discussion” – Diskussion der Quelle. Gemeint ist na klar die Quelle des Signals.
Hier wird relativ knapp erklärt, dass verschiedene Rechenmodelle verwendet wurden, um die Signale zurückzurechnen. Die Zahlen, die sich aus den Modellen ergaben, standen schon im Abstract und da habe ich sie ja schon erklärt. Für die Details zu den Modellen muss man wieder mal gesonderte paper lesen.
Schön ist noch die Zahl für die größte Strahlungsleistung, die betrug (direkt vor dem Verschmelzen) 200 Sonnenmassen pro Sekunde.
Dann wird noch einmal erklärt, dass das Abklingen des Signals konsistent mit der Annahme ist, dass ein rotierendes Schwarzes Loch entstanden ist (laut den Modellrechungen rotiert es auch ziemlich schnell, mit etwa 70% des maximal möglichen Drehimpulses eines SLs. Und aus den Signalen lässt sich auch keinerlei Abweichung zur Allgemeinen Relativitätstheorie herauslesen, die ist also gut bestätigt.
Laut ART bewegen sich Gravitationswellen ja mit Lichtgeschwindigkeit. In einer Quantentheorie der Gravitation kann man die Wellen aber auch durch Teilchen beschreiben, und diese Teilchen (Gravitonen) könnten eine Masse haben. Dass diese Masse sehr sehr klein sein muss, wusste man schon vorher, aber aus den Daten kann man die Obergrenze für die Masse von “unglaublich winzig” auf “noch um nen Faktor von ein paar Tausend kleiner als unglaublich winzig” absenken – ansonsten wäre das Signal auf seinem Weg zur Erde zerlaufen und hier nicht so deutlich angekommen. (Aber, um es nochmal klar zu sagen: Die detektierten GW sind kein Beleg für die Existenz von Gravitonen, sie folgen direkt aus der rein klassischen ART.)
Es wird nochmal darauf hingewiesen, dass die binären SLs bisher nur theoretisch vorhergesagt wurden. Aus ihrer Existenz kann man etwas über das Vorhandensein schwerer Elemente (“Metallizität”) schließen – aber auch da wird für Details auf weitere Veröffentlichungen verwiesen.
Nachtrag: Zum Glück gibt’s ja Alderamin, der erklärt das in einem Kommentar, den ich hier mal einbaue:
Das ist ein Hinweis darauf, dass die Ursprungssterne metallärmer (als Metall gelten alle Elemente schwerer als Helium) als die Sonne waren. Metalle im Gas sorgen dafür, dass dieses mehr Wärme aufnimmt und heißer wird, als reines Wasserstoff-Helium-Gemisch. Bei einem alternden Stern, der sich aufbläht, geht entsprechend mehr Sternatmosphäre als Sternwind verloren (Stichwort: Wolf-Rayet-Stern, wo quasi der nackte Heliumkern verbleibt) und es bleibt weniger für das spätere Schwarze Loch übrig. Das ist im Paper mit den “weak stellar winds” gemeint. Die Entdeckung dieses Paares schwarzer Löcher belegt, dass es aus Sternen mit geringem Anteil an schweren Elementen entstanden ist, mit höchstens 1/2 der Metallizität der Sonne (die ist mit 2% ziemlich hoch; die Hälfte davon wäre auch noch Population I wie die Sonne, erst bei 0,2% fängt die metallarme, ältere Population II an). Aber das ist ja auch nur eine Obergrenze, vielleicht hat man es ja sogar mit Resten von den bisher nicht beobachteten Riesensternen der Population III zu tun, die hunderte Sonnenmassen haben konnten (heute ist die Masse auf ca. 150 Sonnenmassen begrenzt, weil die Metalle im Gas auch bei der Entstehung des Sterns dafür sorgen, dass das Gas mehr Wärme aufnimmt und vom jungen Stern irgendwann fortgeblasen wird, so dass er nicht mehr weiter wächst).
In 16 Tagen wurde ein Ereignis gemessen. Daraus kann man abschätzen, wie wahrscheinlich das Verschmelzen Schwarzer Löcher ist. In einem Volumen von einer Milliarde Parsek sollte so etwas pro Jahr zwischen zweimal und 400 mal vorkommen – keine sehr genaue Abschätzung, aber deutlich besser als das, was wir vorher wussten (nämlich nichts).
Anschließend gibt es noch das Kapitel Outlook (hat nix mit Microsoft zu tun, sondern ist nur ein Ausblick auf die Zukunft). Das ist aber recht knapp gehalten. Es wird darauf verwiesen, wo man Details finden kann und dass Anstrengungen im Gange sind, bessere Detektoren zu bauen. Und dann gibt es die Conclusions, aber da steht jetzt nichts neues mehr drin.
Abschließend wird allen Institutionen und Leuten gedankt, die beigetragen haben, ohne auf der Autorinnenliste zu stehen, und dann folgen die Referenzen (also die verweise auf andere wissenschaftliche Veröffentlichungen).
So, und das war’s. Falls ihr bis hierher durchgehalten habt: Wow! Falls es das erste mal war, dass ihr in ein Physik-paper reingeschaut habt: Mega-Wow, einfach ist es ja nicht. Aber es hat sich gelohnt. Ihr könnt später noch euren Kindern und Kindeskindern erzählen “Ich war dabei, als das dritte Zeitalter der Astronomie begann, 100 Jahre nach der Entdeckung der Allgemeinen Relativitätstheorie. Das LIGO-Projekt, ein alter Traum, war Wirklichkeit geworden. …”
PS: So, aber jetzt brauche ich auch ne Pause – das waren drei Stunden non-stop-Blogging mit paper-Lesen. Das Korrigieren von Tippfehlern spare ich mir deshalb – wer einen findet, darf ihn behalten.
PPS: Falls ihr neu hier seid: Ja, ich verwende durchweg weibliche Formen. Hat ne lange geschichte, aber diskutiert das bitte nicht hier in den Kommentaren zu diesem Artikel.
Quelle: LIGO, PRL 116, 061102 (2016)
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