Warum sieht die Einstein-Gleichung nicht genauso aus? Warum steht da auf der rechten Seite das ominöse T, und nicht einfach auch die Dichte? Die Dichte ist nach Newton verantwortlich für die Schwerkraft, ganz anders kann es bei Einstein in der ART ja auch nicht sein. Warum kann die Gleichung der ART also nicht von der Form “Raumzeitkrümmung = Vorfaktor mal Dichte” sein. (Wobei man darüber nachdenken müsste, welche Größe da links genau stehen soll, um die Raumzeitkrümmung zu kennzeichnen, aber heute liegt der Fokus wie gesagt auf der rechten Seite der Gleichung.)
Um das zu sehen, müssen wir einen kleinen Umweg machen – nämlich den über die Spezielle Relativitätstheorie (SRT).
Die SRT beruht auf zwei Prinzipien:
- Die Lichtgeschwindigkeit ist in allen Bezugssystemen dieselbe.
- Die Gleichungen der Physik haben in allen Bezugssystemen dieselbe Form.
Über Feinheiten (wie die Frage, was genau ein “Bezugssystem” ist) müssen wir hier nicht diskutieren. Für heute reicht es, einfach davon auszugehen, dass ihr euch in einem sinnvollen Bezugssystem befindet, wenn keine Kräfte auf euch wirken. Jemand anders, der sich relativ zu euch mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, aber auf kräftefrei ist, sitzt in einem anderen Bezugssystem. Das zweite Prinzip sagt jetzt, dass es einen mathematisch einfachen und konsistenten Weg geben muss, die Gleichungen der Physik so zu schreiben, dass sie für euch beide gleich aussehen.
Ein einfaches Beispiel macht das vielleicht deutlicher. Denkt euch ein Koordinatensystem, beispielsweise auf der Erde. Ihr könnt die Achsen eures Koordinatensystems so wählen, dass ihr alles entlang der Ost-West- und der Nord-Süd-Achsen beschreibt. Eine Bewegung mit einer Geschwindigkeit von 10km/h nach Osten könnt ihr dann schreiben als (10km/h, 0km/h) – ein Geschwindigkeitsvektor. Ich wähle meine Koordinatenachsen anders, beispielsweise in Nordost- und Südost-Richtung, also um 45° gegen eure Achsen gedreht. Für mich hat die Bewegung entlang der Ost-West-Richtung dann (je nachdem, wie ich die Vorzeichen wähle), die Form (7km/h, 7km/h), wobei ich die Zahlen leicht gerundet habe. Mathematisch ist es kein Problem, die Geschwindigkeit von eurem Bezugssystem in meins umzurechnen, das erledigt man durch eine Drehung des Koordinatensystems, für die es eine einfache mathematische Vorschrift gibt.
Entsprechend darf der Vektor der Geschwindigkeit in physikalische Gleichungen eingehen – er verhält sich mathematisch brav, wenn man das Bezugssystem wechselt. Auch die Länge des Vektors ist eine zulässige Größe – die absolute Geschwindigkeit ist in jedem Bezugssystem für das Beispiel eben 10km/h – in eurem Bezugssystem sieht man das sofort, in meinem muss ich den Satz des Pythagoras bemühen: 7²+7²=10² (wieder leicht gerundet).
Es gibt aber auch Größen, die sich nicht ohne weiteres zwischen eurem und meinem Bezugssystem umrechnen lassen. Nehmt beispielsweise an, ihr nehmt die Ost-West-Komponente einer Geschwindigkeit und addiert dazu die Nord-Süd-Komponente. Das könnt ihr für jede beliebige Geschwindigkeit tun (beispielsweise ergibt sich 20km/h, wenn ihr eine Geschwindigkeit mit Komponenten (15km/h, 5km/h) reinsteckt). Nehmt an, ihr wollt ein physikalisches Gesetz aufstellen, in dem diese Größe (die Summe der beiden Geschwindigkeitskomponenten) auftaucht. Das kann nicht funktionieren, denn die Vorschrift “Bilde die Summe aus den beiden Komponenten” führt in unterschiedlichen Bezugssystemen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Ein physikalisches Gesetz der Art “Die Energie hängt von der Summe der Geschwindigkeitskomponenten ab” kann es nicht also geben, weil dieses Gesetz in dieser Form nicht in allen Bezugssystemen gelten würde. Natürlich kann man ausrechnen, wie die Summe der Geschwindigkeitskomponenten in einem anderen Bezugssystem aussieht, aber in diesem anderen Bezugssystem hat das Gesetz dann eben eine andere (und kompliziertere) Form. (Ich kann natürlich ne Gleichung hinschreiben, mit der ich erst aus meinem Bezugssystem in eures umrechne und dann den Wert ausrechne – aber dann ist euer Bezugssystem ein besonderes, und genau das soll nach dem 2. Prinzip oben nicht sein.)
Das zweite der Prinzipien oben sagt genau das: in physikalischen Gleichungen dürfen nur solche Größen auftauchen dürfen, die sich so ineinander umrechnen lassen, dass die Gleichungen dieselbe Form haben und kein Bezugssystem irgendwie ausgezeichnet ist. Warum das wichtig ist? Weil wir gleich sehen werden, dass die Dichte eine Größe ist, die sich eben nicht ohne weiteres von einem Bezugssystem in ein anderes umrechnen lässt.
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