Es stellt sich also die Frage, ob ein Neutronenstern genauso fällt wie ein anderes Objekt mit derselben Masse, oder ob die Tatsache, dass da Gravitationsenergie im Spiel ist, daran etwas ändert. Theoretisch ist das möglich – es gibt alternative Ideen zur Allgemeinen Relativitätstheorie (beispielsweise die Brans-Dicke-Theorie), in denen das so wäre. Es ist also schon interessant, das zu untersuchen. (Und ja, Physikerinnen untersuchen Alternativen zur ART – die sind nicht so dogmatisch, wie viele eher wirre Seiten im Internet das behaupten….)
Allerdings ist es im Labor nicht so leicht, mal eben schnell nen Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch zu bauen. (Auch wen ich hier was anderes behauptet habe, aber das war ein Aprilscherz.) Also muss man solche Objekte da beobachten, wo sie sind – im Weltall. Und genau das hat man jetzt getan.
Dazu verwendete man ein ziemlich ungewöhnliches Objekt: Den Pulsar PSR J0337+171. Pulsare sind Neutronensterne, die ein starkes Magnetfeld haben und deswegen elektromagnetische Strahlung aussenden. Da die Strahlung nicht in alle Richtungen ausgesandt wird, sondern entlang der Achsen, können wir, wenn der Pulsar rotiert und die Magnetfeldachse nicht gleich der Rotationsachse ist, regelmäßige Signale bekommen. (Natürlich muss die Magnetachse dazu bei jeder Rotation einmal in unsere Richtung zeigen.) Bei diesem Pulsar kommen die Signale ziemlich oft, 366-mal pro Sekunde. Das Besondere an PSR J0337+171 ist aber, dass er zwei Begleitsterne hat: Beide sind Weiße Zwerge (also etwa planetengroße, aber sehr massive Sternüberreste), einer davon umkreist den Pulsar auf einer engen Umlaufbahn innerhalb von 1,6 Tagen, der andere auf einer sehr weiten (wo eine Umkreisung 327 Tage dauert).
Damit hat man jetzt ein kompliziertes, gravitativ gebundenes System mit einem Neutronenstern in der Mitte. Würde das Äquivalenzprinzip nicht gelten, dann würde das die Bahn der Sterne beeinflussen, der Neutronenstern mit seiner extrem hohen gravitativen Bindungsenergie würde sich etwas anders bewege als sein naher Begleiter. Das tut er jedoch nicht. Mit einer Messgenauigkeit von 1 zu zwei Millionen ist die Beschleunigung für beide gleich. Damit lassen sich die alternativen Theorien zur Relativitätstheorie weiter eingrenzen. (Aber natürlich nicht vollkommen ausschließen, man kann diese Theorien so einstellen, dass sie der ART immer ähnlicher werden, weil es da Parameter gibt, an denen man drehen kann.)
Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie wurde also wieder einmal bestätigt.
Universality of free fall from the orbital motion of a pulsar in a stellar triple system, Archibald et al., Nature 559, Juli 2018, https://doi.org/10.1038/s41586-018-0265-1
Kommentare (25)