Die erste der beiden analysiert die vorhandenen Fossilien und untersucht, wie sich die Elefantenvögel in Arten und Gattungen einteilen lassen. Das mit den Fossilien ist nicht so einfach: Zwar ist es geologisch gesehen erst kurze Zeit her, dass die Elefantenvögel ausgestorben sind, aber sie lebten in Madagasakar, wo es viel Regenwald gibt und wo Fossilien schlecht erhalten bleiben. Die meisten Elefantenvogelfossilien sind deshalb bloß die ziemlich robusten Beinknochen.
Bisher hatte man angenommen, dass es zwei Gattungen von Elefantenvögeln gibt: Aepyornis, der große Elefantenvogel mit bis zu 450 Kilogramm, und Mullerornis, die kleine Variante mit 100 kg. Von Aepyornis zählte man, je nach Untersuchung 4-11 Arten, von Mullerornis 3 oder 4.
Wenn aber die meisten Fossilien bloß Beinknochen sind, dann ist es natürlich nicht soo einfach, Arten und Gattungen genau zu unterscheiden. Die neue Untersuchung (von Hansford und Turvey) hat deshalb die verfügbaren Knochen sehr detailliert vermessen:
Aus Hansford und Turvey, s.u.
Bei a) seht ihr die Oberschenkelknochen, bei b den Unterschenkel (Tibiotarsus), bei c die Mittelfußknochen (Tarsometatarsus).
Es wurden also jeweils charakteristische Punkte auf den Knochen genommen, deren Abstände gemessen und dann wurde das gemacht, was Wissenschaftlerinnen heute immer machen: Man stopft alles in einen Computer und schaut, ob der eine Ordnung in den Zahlenwust bringen kann. Das mathematische Werkzeug dahinter ist die PCA=principal component analysis (zu Deutsch: Hauptkomponentenanalyse). Wie das funktioniert, habe ich an einem ganz simplen Beispiel mal in diesem Artikel erklärt..
Im wesentlichen bekommt man eine Gruppierung der Daten heraus, die entlang von (meist zwei) Achsen aufgetragen ist, die die Größen darstellen, bei denen die Unterschiede zwischen den einzelnen Knochen am größten sind. So sieht das beispielsweise für die Oberschenkelknochen aus (Details spare ich mir):
Aus Hansford und Turvey, s.u.
Die unterschiedlichen Datenpunkte stehen für unterschiedliche Cluster, die das Verfahren erkannt hat, in diesem Fall also vier. Die gefüllten Symbole sind die Datenpunkte, die zum Typexemplar einer Art (dem Fossil, das die Art offiziell “definiert”) gehören, das rote gefüllte Dreieck beispielsweise zu Aepyornis titan. Dass es um diesen Datenpunkt herum einen Cluster gibt, der sich deutlich von den anderen abgrenzt, sagt uns also, dass alle die Dreiecksdatenpunkte wohl in diese Art gehören. (Auch hier ist die tatsächliche Analyse deutlich komplizierter, da ich von PCA aber auch nicht soo viel Ahnung habe, versuche ich lieber nicht, das genauer zu erklären, da erzähle ich sonst vermutlich Unsinn.)
Anhand der Daten zerfallen die einzelnen Fossilien in Cluster und Sub-Cluster. Die ersten kann man als Gattungen identifizieren, die zweiten als Arten in den jeweiligen Gattungen. Man stellt aber fest, dass es Knochen gibt, die in der Größe nicht zu den anderen passen und deutlich größer sind. (Im paper heißt das Cluster 3.) Diese Datenpunkte sind von den anderen genau so deutlich getrennt wie die, die zum Beispiel Mullerornis von den meisten Aepyornis-Fossilien trennen. Entsprechend sollte dieser Cluster (oben im Bild die roten Deiecke) nicht auch zu Aepyornis gehören, sondern zu einer neuen Gattung, Vorombe. Da man eine neue Gattung einführt, es aber schon die Art Aepyornis titan gibt, bekommt sie nach den Spielregeln der biologischen Nomenklatur den alten Artnamen, heißt also Vorombe titan.
Das paper begint übrigens mit einem Zitat aus der Wells-Geschichte:
“When they found an Aepyornis with a thigh a yard long, they thought they had reached the top of the scale, and called him Aepyornis maximus. Then someone turned up another thigh-bone four feet six or more, and that they called Aepyornis titan . . . if they get any more Aepyornises, he reckons some scientific swell will go and burst a blood-vessel.”
Die Autorinnen haben also dank des neuen Gattungsnamens das Problem mit den geplatzen Blutgefäßen geschickt vermieden, gut das Cluster 3 hinreichend weit von den anderen entfernt war, so dass aus Aepyornis titan Vorombe titan wurde…
Basierend auf allen Fossilien und dem, was man über Elefantenvögel weiß, kann man die Größe von Vorombe titan abschätzen und kommt auf satte 650 Kilogramm im Mittel, mehr als für Dromornis (knapp unter 600 Kilogramm) und alle anderen bekannten Vögel. Vorombe titan ist also zumindest nach unserem momentanen Wissen der größte Vogel, den es je gab.
Die zweite Arbeit, um die es heute geht (Torres und Clarke), beschäftigt sich mit der Lebensweise der Elefantenvögel.
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