Dazu scannt man Schädel bzw. deren Fossilien im Computertomographen und rekonstruiert dann die Form des Gehirns. Man macht das nicht nur für die elefantenvögel, sondern auch für deren Verwandte, zu denen Kiwis, Kasuare und Emus, die Steißhühner (Tinamous) und auch Straußen gehören, alle klassifiziert als Palaeognathae.

Interessant an den Gehirnen (mehr über Vogelhirne übrigens hier) ist hier insbesondere die Größe der Hirnareale, die für das Sehen und Riechen zuständig sind (optic lobes bzw. olfactory bulbs). Hier mal zum Vergleich ein Scan vom Aepyornis und einem Steißhuhn, so skaliert, dass sie gleich groß aussehen:

aepyornis3

(Aus Torres und Clarke, s.u.)

Die ganzen Kürzel kennzeichnen unterschiedliche Nerven (die römischen Ziffern) und Hirnareale. Die meisten können wir zum Glück ignorieren, schaut erst mal einfach auf den rot gestrichelten Bereich namens “ol”=”optic lobe”. Das ist wie gesagt das Areal, das für’s Sehen zuständig ist, und es ist deutlich zu sehen, dass der Bereich beim Aepyornis ziemlich klein, beim Steißhuhn deutlich größer ist. Umgekehrt hat Aepyornis einen großen Hirnbereich zum Riechen (“ob”, ganz oben), das Steißhuhn dagegen einen deutlich kleineren. Das spricht dafür, dass Aepyornis eher nicht so scharfsichtig war, dafür aber gut riechen konnte.

Man kann die entsprechenden Hirnareale jetzt für verschiedene Vögel vermessen. Besonders groß (im Vergleich zu dem Zustand, den man aus den Daten für den gemeinsamen Vorfahre rekonstruieren kann) sind die Sehbereiche bei den Steißhühnern, besonders klein bei den Elefantenvögeln, Kiwis, beim Kasuar und Emu und beim ausgestorbenen Moa. Unter den heutigen Vögeln sind die meisten von denen mit sehr kleinen Sehbereichen nachtaktiv. Umgekehrt zeigt sich beim Riechbereich, dass die mit einem guten Geruchssinn tendenziell im Wald leben, die mit einem weniger ausgeprägten Riecher im Freiland. Eine Ausnahme ist der Emu, der von seinen Hirnarealen her eigentlich im Wald leben  sollte, tatsächlich aber im Freiland tagaktiv ist. Da der nächste Verwandte des Emus, der Kasuar, aber nachtaktiv und Waldbewohner ist, kann man annehmen, dass die Emus von Waldvögeln abstammen und gerade erst dabei sind, sich wieder perfekt ans Freilandleben anzupassen.

Bei den Elefantenvögeln ist die Datenlage ziemlich klar: sie haben sehr kleine Sehbereiche und sehr große Riechbereiche, genau wie die Kiwis. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass sie nachtaktiv waren und im Wald lebten, so wie ihre neuseeländischen Vettern.

Die vermutlich größten Vögel aller Zeiten waren also nachtaktive Waldbewohner.

                    

Hansford JP, Turvey ST. 2018
Unexpected diversity within the extinct elephant birds (Aves: Aepyornithidae) and a new identity for the world’s largest bird. R. Soc. open sci. 5:181295. https://dx.doi.org/10.1098/rsos.181295

Torres CR, Clarke JA. 2018
Nocturnal giants: evolution of the sensory ecology in elephant birds and other palaeognaths inferred from digital brain reconstructions. Proc. R. Soc. B 285: 20181540. https://dx.doi.org/10.1098/rspb.2018.1540

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Kommentare (16)

  1. #1 Niels
    3. November 2018

    Huch, Stauße können also 145 kg schwer werden? Und laut Wiki 2,80 groß?
    Hätte ich beides deutlich unterschätzt.

    Aber worum es eigentlich geht:

    (zum Beispiel hier, aus Copyright-gründen gibt es nur den Link)

    Im Link hast du das h von http verschlampt:

    ttps://www.sciencephoto.com/media/843815/view/gastornis-flightless-bird-preying-on-eohippus-illustration

  2. #2 MartinB
    3. November 2018

    @Niels
    Ja, da hab ich auch gestaunt, die bei Hagenbeeck hätte ich immer so auf 2,30 geschätzt (da kam man relativ dicht dran).

    Danke für den Link-Hinweis, sollte jetzt gehen.

  3. #3 RPGNo1
    3. November 2018

    Dass es neben den Moas von Neuseeland noch andere prähistorische Riesenvögel gab, war mir bekannt. Die neuen Forschungsergebnisse geben noch jedoch einiges mehr über diese Spezies preis. Es ist immer wieder interessant zu erfahren, welche exotische Fauna sich auf einer isolierten Insel entwickeln und auch halten kann (wie z.B. Halbaffen).

    Übrigens: Die Elefantenvögel sollen erst im frühen Mittelalter auf Madagaskar ausgestorben sein und somit wohl eine Grundlage des Vogel Rock aus arabischen Märchen wie Tausendundeine Nacht bilden.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Roch

  4. #4 MartinB
    4. November 2018

    @RPGNo1
    Das ist sicher möglich, wobei ich auch die Theorie gehört habe, dass es die großen ausgestorbenen Vögel (ich glaube Adler) von Sizilien gewesen sein sollen, so war das bei Josef Augustas Buch “Verwehtes Leben”, wenn ich mich recht entsinne.
    Von Madagaskar nach Arabien ist’s ja auch ne Ecke…

  5. #5 RPGNo1
    4. November 2018

    Die Araber haben im späten Mittelalter zumindest einen Handelsposten auf Madagaskar gehabt. Zudem waren sie hervorragende Seefahrer, die die früh die Küste Ostafrikas erkundet haben.
    Es ist gut möglich, dass die Einheimischen ihnen von Elefantenvögel erzählt haben. Eventuell wurden auch Knochen oder Federn gehandelt oder erworben. So können die Vögel dann in die arabischen Sagen eingeflossen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Madagaskars#Die_Einwanderung_der_Bantu_und_Araber

  6. #6 MartinB
    4. November 2018

    @RPGNo1
    Das wusste ich nicht, das macht das Ganze sicher sehr plausibel.

  7. #8 MartinB
    23. November 2018

    @RPGNo1
    Der gefällt mir.

  8. #9 Alderamin
    23. November 2018

    @Martin

    Bei aller Faszination an Dinos – über Säugetiere und ihre Vorfahren wird allgemein viel zu wenig berichtet. Z.B. über dies oder das (beides entfernte Verwandte der Pferde, Tapire und Nashörner). Wäre das nicht mal ein Thema, diese Burschen vorzustellen? Oder überhaupt, wie die heutigen Säugetierordnungen entstanden, wer da mit wem wie verwandt ist. Fände ich ziemlich spannend.

  9. #10 MartinB
    23. November 2018

    @Alderamin
    Ja, das Problem ist dabei nur, dass es dazu auch sehr wenig gute Bücher gibt und ich da nicht so firm bin (die beiden aus deinem Link kenne ich natürlich schon…). Da hat sich in den letzten Jahren/Jahrzehnten auch sehr viel getan, gerade bei den Säugern (z.B. Afrotheria, Wal-Evolution usw.), und ich bin mit der Literatur nicht ganz auf dem laufenden…

  10. #11 Alderamin
    23. November 2018

    @MartinB

    Muss ja nicht gleich die komplette Geschichte der Säugetiere sein, vielleicht mal das ein oder andere Urviech, das man noch nicht kannte. Dazu findet sich bestimmt das eine oder andere im Web.

    Nur als Anregung, die Themen suchst Du Dir natürlich aus.

  11. #12 MartinB
    23. November 2018

    @Alderamin
    Sowas mache ich ja meist, wenn es irgendein aktuelles paper gibt, das ich finde, aber für mal zwischendurch könnte ich natürlich auch mal so ein paar schicke Viecher vorstellen.

  12. #13 RPGNo1
    23. November 2018

    @Alderamin
    Magst du zu diesem Thema nicht auch Bettina fragen? Die hat doch auch immer wieder paläontologische Themen in ihrem Blickfeld.

  13. #14 Alderamin
    23. November 2018

    @RPGNo1

    Na ja, weil, hier wohnen doch Drachen 😉 und bei Bettina die Seeungeheuer 😀 . Nein, Quatsch, natürlich mag sie sich auch angesprochen fühlen, hier passte es nur gerade wegen des erwähnten Dicynodonten (da ja zu den Säugetiervorfahren gehört).

  14. #16 MartinB
    27. Juni 2019

    @RPGNo1
    Cool, kannte ich noch nicht.Danke