Ich arbeite jetzt seit fast 25 Jahren in der Materialwissenschaft – aber trotzdem lerne ich natürlich immer noch was Neues (sonst wäre es auch langweilig…). Das, was ich gerade jetzt verstanden habe, ist aber schon etwas Besonderes, weil es einerseits recht leicht zu verstehen und ziemlich offensichtlich ist, andererseits aber anscheinend nirgends erklärt wird. (Jedenfalls in keinem der Bücher, in die ich geguckt habe; befragte Kollegen kannten die Erklärung auch nicht.) Also posaune ich mein neu erworbenes Wissen mal hier heraus.

Es geht um die sogenannte Querkontraktionszahl (manchmal auch Poisson-Zahl genannt). Was das ist? Stellt euch vor, ihr würdet einen Gegenstand verformen, ihn beispielsweise in die Länge ziehen. Am anschaulichsten ist vermutlich ein Gummiband. Ihr bringt also eine Kraft auf, um das Gummi in die Länge zu ziehen.

Dabei könnt ihr sehen (geht am besten mit einem breiten Gummi wie für Einweckgläser), dass sich das Gummi in Querrichtung etwas zusammenzieht:

Dieses Zusammenziehen ist die Querkontraktion.

Die Querkontraktionszahl

Machen wir es etwas quantitativer: Nehmen wir an, ihr dehnt das Gummi um ein Prozent. (In der Materialwissenschaft geben wir Dehnungen immer als relative Größen an, gern in Prozent, weil sich bei gleicher Kraft ein doppelt so langer Gegenstand natürlich auch doppelt so stark dehnt. (Das Konzept der Dehnung habe ich in einem ganz anderen Zusammenhang auch schon erklärt.) Dann wird es sich in Querrichtung etwa um ein halbes Prozent zusammenziehen. Warum? Weil Gummi bei der Verformung sein Volumen praktisch nicht ändert und es zwei Querrichtungen gibt. Das Zusammenziehen in den beiden Querrichtungen kompensiert genau die Längung in der Zugrichtung.

Ich reaktiviere mal wieder mein Warnschild für Nebenrechnung (und sonstigen Kram), die ihr auch überspringen könnt: Man kann das leicht nachrechnen, wenn man sich einen Würfel mit Kantenlänge 1 vorstellt: Der hat das Volumen Länge*Breite*Höhe, also 1*1*1=1. Ziehe ich ihn um x in die Länge und er wird in Querrichtung um x/2 kürzer, bekomme ich für das Volumen (1+x)*(1-x/2)*(1-x/2) = (1+x) * (1-x+x**2/4). Solange x klein ist kann ich Terme der Ordnung x**2 vernachlässigen, also habe ich (1+x)*(1-x) = 1-x**2, also in erster Näherung 1. (Alternativ könnt ihr auch gleich ausplumifikationieren und alle Terme mit x**2 und x**3 weglassen.)

Warnhinweis: Ich rede hier nur über elastische Verformungen, also solche, die nach Entlastung wieder zurückgehen. man kann Metalle auch plastisch verformen (beispielsweise, wenn ihr eine Büroklammer verbiegt), aber den Fall betrachten wir hier nicht. Außerdem nehmen wir an, dass die Verformungen klein sind; Gummi lässt sich bekanntlich mit sehr großen elastischen Dehnungen in die Länge ziehen, aber dann braucht man fiese mathematische Werkzeuge wie Deformationsgradienten und lauter so gruseliges Zeug… Kleine elastische Verformungen sind aber in der Technik sehr wichtig: beispielsweise wollt ihr euren Fahrradrahmen so ausgelegt haben, dass alle Verformungen elastisch bleiben, sonst wäre das Fahren irgendwann etwas schwierig, wenn sich der Rahmen bleibend verbiegt.

Zieht man Gummi also um 1% in die Länge, zieht es sich in Querrichtung um 0,5% zusammen. Die Querdehnung ist also halb so groß wie die Dehnung, die ihr von Außen aufbringt. Diese Zahl nennt man die Querkontraktionszahl, sie beträgt für Gummi (und für alle anderen Materialien, bei denen sich das Volumen nicht ändert, wenn man sie elastisch verformt) 0,5.

Bei Metallen ist das anders: Längt ihr ein Metallblech um 0,1% (1% wäre ziemlich viel, da werden die meisten Metalle schon plastisch), dann zieht es sich in Querrichtung typischerweise etwa um 0,03% zusammen, die Querkontraktionszahl (Kurz Querko-Zahl) ist also 0,3. Für Berechnungsingenieurinnen (die die Querkozahl brauchen) lautet die faustregel für die Querkozahl bei Metallen auch “Wenn du sie nicht weißt, nimm 0,3 an”.

Stimmt aber nicht so ganz – bei manchen Metallen ist die Querko-Zahl größer (Zahlenwerte von engineeringtollbox). Aluminium hat 0,33, Kupfer 0,35, Silber  0,37, Blei sogar etwa 0,4. Bei anderen dagegen passt es ganz gut – Nickel hat 0,31, Titan hat 0,3. Noch andere haben kleinere Werte – Eisen 0.29, Wolfram 0,28, Uran sogar nur 0,21. Auch Keramiken haben meist kleinere Werte als 0,3, Siliziumkarbid (laut Wikipedia) zum Beispiel nur 0,17.

Einige Materialien haben auch Werte, die komplett aus dem Rahmen fallen und größer sind als 0,5 oder kleiner als 0. Beim in die Länge ziehen nimmt das Volumen also ab (bei Querko-Zahl größer als 0,5) oder das Material dehnt sich auch in Querrichtung aus (bei Querko-Zahl kleiner 0). Das sind aber Ausnahmen – meist irgendwelche Verbundwerkstoffe mit komplizierter Anordnung der Fasern, wo sich beim Ziehen Fasern umorientieren können. Zumindest Werte größer als 0,5 können soweit ich weiß auch nur in einigen bestimmten Richtungen auftreten, aber nicht generell. Solche Seltsamkeiten lasse ich hier mal außen vor. Hier und im Folgenden nehme ich auch grundsätzlich an, dass unser Material isotrop ist, also keine richtungsabhängigen Eigenschaften hat. Das ist für die meisten Metalle und Keramiken meist ne gute Annahme, die haben zwar auf atomarer Ebene ein Kristallgitter, aber makroskopisch bestehen sie aus vielen einzelnen Kristallen, die regellos orientiert sind, und alle Richtungseffekte mitteln sich raus.

Soweit so gut, und so ähnlich (wenn auch vielleicht stilistisch etwas weniger salopp) könnt ihr das in so ziemlich jeder Einführung in die Werkstoffkunde nachlesen. Was aber anscheinend kaum irgendwo steht, ist die Antwort auf die ziemlich offensichtliche Frage: Warum? Warum ist die Querko-Zahl von Silber größer als die von Eisen und die von Keramiken kleiner als die von Metallen? (Gummi lasse ich im folgenden außen vor, da ist die elastische Verformung sehr speziell…)

Elastizitätsmodul, Schubmodul und Kompressionsmodul

Um zu verstehen, was physikalisch dahinter steckt, müssen wir uns noch etwas genauer angucken, wie man Werkstoffe verformen kann. Bisher haben wir unser Material in die Länge gezogen. Dafür brauchen wir eine Kraft. In der Materialwissenschaft hantieren wir lieber mit der Kraft pro Fläche, der sogenannten Spannung, weil dann alles unabhängig davon ist, wie groß euer Bauteil ist. Um ein Bauteil mit doppelter Querschnittsfläche in die Länge zu ziehen, braucht ihr die doppelte Kraft. (Details zum Spannungsbegriff findet ihr auch auf dem Blog, aber so genau müssen wir das heute nicht angucken.)

Solange die Verformungen klein sind und alles elastisch bleibt, gilt (für Metalle und Keramiken und bei hinreichend kleinen Dehnungena uch für Polymere) das Hookesche Gesetz: Spannung und Dehnung sind proportional: Braucht ihr eine Spannung von 100 Megapascal für 0,1% Dehnung, dann braucht ihr 200 Megapascal für 0,2% Dehnung. (Ein Megapascal ist ein Newton pro Quadratmillimeter, die genauen Zahlen brauchen euch aber nicht zu kümmern, es geht hier nur ums Prinzip. ) Wenn Spannung und Dehnung proportional sind, ist Spannung geteilt durch Dehnung eine Konstante – der sogenannte Elastizitätsmodul. In unserem Beispiel wäre er genau 100MPa/0,1%=100MPa/0,001=1000*100MPa=100GPa. Ein Wert von 100 Gigapascal ist etwa das, was man bei Titanlegierungen findet.

Also: Der Elastizitäsmodul gibt an, wieviel Kraft ich brauche, um das Material zu längen (oder auch zu stauchen).

Man kann sein Material aber auch noch auf andere Weise traktieren; beispielsweise könnte man es abscheren. Ihr haltet eine Seite eures Materialklotzes fest und bewegt die gegenüberliegende Seite parallel zur festgehaltenen Seite:

Auch hier kann man eine Spannung messen und eine Dehnung (im Prinzip nichts als der Winkel, um den man abschert). Und auch hier sind bei elastischer Verformung die beiden proportional; die Proportionalitätskonstante heißt Schubmodul.

Der Schubmodul und der E-Modul (niemand, wirklich niemand sagt “Elastizitätsmodul”, sonst müssten Werkstoffkundevorlesungen immer 10 Minuten extra Zeit bekommen…) hängen zusammen – ist ja irgendwie logisch, weil beide was damit zu tun haben, wie viel Kraft man braucht, um den Werkstoff zu verformen. Interessant ist aber, dass die beiden über die Querko-Zahl zusammenhängen.

Warum? Dazu schauen wir uns die Abscherung nochmal genauer an:

Hier habe ich zwei Diagonalen eingezeichnet – die rote wird beim Scheren länger, die blaue kürzer.

Was bei einer Abscherung eigentlich passiert ist also, dass das Material in einer Richtung gelängt und gleichzeitig in der anderen gestaucht wird. (Hätte ich einen quadratischen Materialklotz gezeichnet, würden die beiden Linien auch exakt senkrecht aufeinander stehen.) Hat unser Material eine große Querko-Zahl, dann zieht es sich beim in die Länge ziehen ja ohnehin in Querrichtung zusammen, hat es eine kleine Querko-Zahl, tut es das nicht. Materialien mit großer Querko-Zahl sollten also einen kleinen Schubmodul (relativ zum E-Modul) haben (weil sie sich sowieso schon passend zusammenziehen) und umgekehrt.

 In Formeln lautet der Zusammenhang: E = 2 G (1+\nu), wobei E der E-Modul, G der Schubmodul und \nu die Querko-Zahl ist.

 

Man kann den Zusammenhang auch grafisch darstellen, so sieht das aus (geplottet habe ich G/E, also das Verhältnis von Schubmodul und E-Modul:

Bei kleiner Querko-Zahl ist der Schubmodul also halb so groß wie der E-Modul, bei großer Querko-Zahl nur ein Drittel so groß, weil das Abscheren leichter geht, wenn sich das Material sowieso quer zur gelängten Richtung zusammenziehen will.

Eine andere Möglichkeit, ein Material zu verformen, besteht darin, es von allen Seiten zusammenzudrücken (vornehm “hydrostatischer Druck” genannt) – stellt euch beispielsweise vor, ihr nehmt das Material und taucht damit ins Meer ab, wo der Wasserdruck es von allen Seiten belastet. Auch hier kann man eine passende Größe definieren – den Kompressionsmodul.

Wir haben ja oben schon gesehen, dass ein Material mit Querko-Zahl 0,5 sein Volumen bei der Verformung nicht ändert. Solche Materialien sind also inkompressibel. Es verwundert also hoffentlich nicht, dass es auch zwischen E-Modul und Kompressionsmodul einen Zusammenhang gibt, in dem die Querko-Zahl drin steckt. Jetzt aber so, dass eine große Querko-Zahl einen hohen Kompressionsmodul bedingt. (Und bei Querko-Zahl 0,5 ist der rechnerisch unendlich.)

In Formeln ist E= 3K (1-2\nu) mit K als Kompressionsmodul. Ist die Querko-Zahl 0,5, ist der Term in der Klammer Null, damit der E-Modul trotzdem endlich sein kann, muss der Kompressionsmodul also unendlich sein. (Mitleid mit allen Mathematikerinnen, die gerade angesichts des physikermäßigen Umgangs mit Grenzwerten in die Tischkante beißen.)

Auch das kann man plotten, hier geht der Wert dann gegen unendlich bei Querko-Zahl 0,5:

Fazit: Ist die Querko-Zahl groß (dicht bei 0,5), lässt sich das Material schlecht zusammenquetschen, aber vergleichsweise gut abscheren, ist die Querko-Zahl klein, ist es umgekehrt. Man kann auch direkt das Verhältnis aus Schubmodul und Kompressionsmodul plotten (der E-Modul kürzt sich dann raus), dann ergibt sich dieses Bild:

Auf der horizontalen Achse ist die Querko-Zahl aufgetragen, auf der vertikalen das Verhältnis. Bei Querko-Zahl 0,5 geht es gegen Null, weil der Kompressionsmodul unendlich groß wird und im Nenner steht, bei Querko-Zahl 0 ist der Schubmodul 1,5 mal so groß wie der Kompressionsmodul.

Wenn wir den E-Modul als fest vorgegeben ansehen, dann muss sich das Material also entscheiden: Entweder kann es einen hohen Widerstand gegen Kompression haben, dann lässt es sich aber leichter abscheren, oder umgekehrt.

Und warum ist das so…?

Soweit findet ihr die Zusammenhänge auch in den meisten Werkstoffbüchern. Was aber nicht drin steht ist, was das Ganze physikalisch bedeutet.

Nehmen wir mal eine Keramik. Die besitzt chemisch gesehen kovalente Bindungen, also Bindungen zwischen den Atomen, die gerichtet sind:

Quelle: Rösler, Harders, Bäker, Mechanisches Verhalten der Werkstoffe, Springer Verlag

Die (bindenden) Elektronen sitzen hier in den Bindungen zwischen den Atomen, und es gibt Bereiche, in denen die Dichte der Elektronen sehr klein ist. Also lassen sich die Bindungen schlecht abscheren. Da es aber eben Bereiche mit wenigen Elektronen gibt, sollte es möglich sein, das Material zusammenzudrücken. (Absolut gesehen ist der Kompressionsmodul in Keramiken immer noch meistens hoch, weil die einen hohen E-Modul haben, aber hier geht es ja um das Verhältnis aus beidem.) Schwer abzuscheren, dafür eher zusammendrückbar – also muss die Querko-Zahl vergleichsweise klein sein.

Bei Metallen ist es anders: Hier geben die Atome Elektronen an das sogenannte Elektronengas ab, das für die Bindung sorgt. Die Bindung ist nicht gerichtet, die (bindenden) Elektronen sind einigermaßen gleichmäßig überall verteilt. Hier eine sehr schematische Darstellung mit punktförmigen Elektronen (eine detailliertere Erklärung der metallischen Bindung gibt es hier)

Nuvola di elettroni.svg
Von User:ARTEEigenes Werk, Gemeinfrei, Link

Abscheren sollte also einfach sein, aber das Metall zu komprimieren sollte nicht so einfach sein, denn dann quetschen wir das homogene Elektronengas zusammen. (Und das mögen Elektronen nicht so gern…) Also sollten Metalle eher einen niedrigeren Schubmodul und einen höheren Kompressionsmodul haben, also ist ihre Querko-Zahl größer.

Aber wieso ist die Querko-Zahl z.B. von Silber wesentlich höher als die von Wolfram? Silber ist ein Edelmetall, das dem Ideal einer metallischen Bindung sehr nahe kommt. Wolfram dagegen ist komplizierter. Wenn ihr ins Periodensystem schaut, seht ihr, dass es ein sogenanntes Übergangsmetall ist. Das sind solche, bei denen die sogenannte d-Schale der Atom-Orbitale nur teilweise besetzt ist. Das führt dazu, dass diese d-Orbitale miteinander Bindungen eingehen können, die eher wie die Bindungen in einer Keramik sind, also ein wenig gerichtet. Metalle, bei denen das der Fall ist, sollten also wieder etwas schwerer zu scheren sein und eine kleinere Querko-Zahl haben. (Bei Uran dürfte es wegen der f-Elektronen ähnlich sein.) Beim Nickel sind die Bindungen zwischen den d-Elektronen vergleichsweise schwach, deshalb ist die Querko-Zahl größer, beim Eisen sind sie stärker, also ist die Querko-Zahl kleiner. (Ich muss aber zugeben, dass Zink nicht so ganz ins Bild passt – warum Zink eine vergleichsweise kleine Querko-Zahl besitzt, ist mir nicht klar. Vermutlich kann – und sollte – man etwas tiefer einsteigen und sich z.B. Fermi-Flächen angucken, die sagen ja auch etwas über die Gerichtetheit der Elektronenzustände.)

Fazit

Und das ist das, was ich gerade gelernt habe: Die Querko-Zahl ist nicht einfach ein Parameter, der irgendwelche willkürlichen Werte hat oder dessen zu Stande kommen so kompliziert ist, dass man es nicht einfach erklären kann. Die Querko-Zahl sagt schlicht etwas darüber aus, ob ein Material sich eher abscheren oder eher komprimieren lässt, und das wird direkt durch die Bindungsart bestimmt. Bei Keramiken ist sie niedrig, bei Metallen hoch, bei Übergangsmetallen irgendwo dazwischen.

Meiner Meinung nach könnte man das in Einführungen in die Werkstoffkunde ruhig erklären – den ganzen Zinnober mit E-Modul, Schubmodul etc erklärt man da ja sowieso, ebenso die Bindungsarten. Wieso wird da nicht diese Verbindung hergestellt? Oder wird sie das? Kennt jemand ein Buch, wo das erklärt ist? Oder – schrecklicher Gedanke – ist es vielleicht einfach falsch?

Hinterlasst gern einen Kommentar, wenn ihr eine Idee habt oder mehr wisst als ich.

Kommentare (17)

  1. #1 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    18. Februar 2021

    Ekkehart Kröner hat seinerzeit geschrieben:

    … Natürlich muß auch die Querkontraktion in dem Hookesschen Gesetz enthalten sein. Wir formen um …

    aber auch:

    Eine Theorie der Plastizität ohne Versetzung ist nach unserer Überzeugung dasselbe wie eine Elektrodynamik ohne elektrischen Strom: eine physikalische Unmöglichkeit.

    Ins Detail geht Kröner in “Kontinuumstheorie der Versetzungen und Eigenspannungen”.

  2. #2 MartinB
    18. Februar 2021

    @Karl
    Klar, man kann die Querko direkt ins Hookesche Gesetz integrieren, wenn man das Ganze in Tensor-Schreibweise darstellt. (Siehe unser MechVer-Buch, da exerzieren wir das bis zum Abwinken vor.)

    Was die Plastizität angeht: Da muss man schon sehr metall-zentriert sein, um zu sagen, Plastizität ginge nur mit Versetzungen. Selbst einige Metall plastifizieren (auch) durch Zwillingsbildung, und bei Polymeren spielen “Versetzungen” gar keine Rolle, da gleiten ja Ketten ab.

  3. #3 Jürgen
    18. Februar 2021

    Hallo zwischen:
    “Zieht man Gummi also um 1% in die Länge, zieht es sich in Querrichtung um 0,5% ” …. “0,5”
    und
    “Bei Metallen ist das anders: Längt ihr ein Metallblech um 0,1% (1% wäre ziemlich viel, da werden die meisten Metalle schon plastisch), dann zieht es sich in Querrichtung typischerweise etwa um 0,03% zusammen, die Querkontraktionszahl (Kurz Querko-Zahl) ist also 0,3.”
    schein mir irgendwie was mit den Dezimalstellen nicht zu stimmen

  4. #4 Raumfahrtregler
    18. Februar 2021

    Warum? Wenn ich es richtig verstanden habe (Werkstoffkunde/Festigkeitslehre ist bei mir schon eine Weile her), ist doch 0,5% = 0,5 * 1% und 0,03% = 0,3 * 0,1%, also müsste das doch passen.

  5. #5 tohuwabohu
    Berlin
    18. Februar 2021

    Herzlichen Glückwunsch zum neuen Wort: Google findet “ausplumifikationieren” einmal (jetzt zweimal) – nur hier auf dieser Seite.

  6. #6 MartinB
    18. Februar 2021

    @Raumfahrtregler
    Danke, so ist es.

    @Jürgen
    Ich hätte vielleicht auch beim Gummi gleich 0,1% nehmen sollen. Die Querko-Zahl ist das Verhältnis aus Querstauchung und Längsdehnung.
    0,5%/1% = 0,5
    0,03% /0,1% = 0,3

  7. #7 Jürgen Lutz
    18. Februar 2021

    Danke Martin und Raumfahrtregeler. Da habe ich wohl zu flüchtig gelesen.

    Und vor allem Danke an Martin für die lesenswerten Blogeinträge. Und ja das kenne ich auch das durch längere Betrachtung von einem Problem, aus verschiedenen Perspektiven, nicht immer nur das Wissen sondern auch das Verständnis mit intuitivem Zugang wächst.
    Jürgen

  8. #8 MartinB
    18. Februar 2021

    @tohuwabohu
    “Plumifikation” war meine Erinnerung an Pippi Langstrumpf, aber google behauptet, da hieß das “plutimikation”.

  9. #9 tohuwabohu
    Berlin
    18. Februar 2021

    @ #8
    Danke, mein altes Mathematisches Begriffswörterbuch half da auch nicht weiter und ich habe es nicht als Metathese erkannt. 🙂  

  10. #10 Kerberos
    19. Februar 2021

    “”. (Ich muss aber zugeben, dass Zink nicht so ganz ins Bild passt – warum Zink eine vergleichsweise kleine Querko-Zahl besitzt, ist mir nicht klar. “”

    “”Zink kristallisiert in einer hexagonal-dichtesten Kugelpackung. Diese ist allerdings senkrecht zu den Kugelschichten gestreckt, die Abstände zwischen den Zinkatomen unterscheiden sich leicht (in einer Schicht 264,4 pm, zwischen den Schichten 291,2 pm.””
    Wikipedia
    291 pm und 264 pm halte ich nicht für einen “leichten”
    Unterschied. Insofern kann da auch nicht von einer hexagonal dichtesten Packung die Rede sein.
    Generell bräuchte man für das Verständnis der Ursachen
    der unterschiedlichen Poisson-Zahlen Untersuchungen des elastischen Verhaltens von
    Einkristallen, die aber für viele Stoffe vermutlich nicht
    verfügbar sind.

  11. #11 MartinB
    19. Februar 2021

    @Kerberos
    Zink hat also ein sehr hohes c/a-Verhältnis und ist dann nicht dicht gepackt. Ja, das könnte vielleicht erklären, warum es erstens kompressibler ist und zweitens leichter abschert (entlang der Ebenen, wo die Bindungen länger sind).
    Gute Idee, danke.

    Wenn man Einkristalle nimmt, muss man aber natürlich mit dem vollen Elastizitätstenosr rechnen, die sind ja nie isotrop und haben immer mehr Konstanten (z.B. 3 für kubisch). Aber du hast natürlich recht, eigentlich muss man für ne genaue Betrachtung die elastischen Konstanten der Einkristalle nehmen und mitteln; ich finde es aber trotzdem schön, dass man intuitiv zumindest qualitativ ein ganz gutes Bild bekommt, das war mir wirklich neu.

  12. #12 Ret
    22. Februar 2021

    Gott, wie langweilig.

  13. #13 MartinB
    22. Februar 2021

    Gott, wie armselig.

  14. #14 Hirk
    Geminesien
    25. Februar 2021

    Überhaupt nicht langweilig. Insbesondere wenn sich durch die zugrundeliegenden Bindungen eine Letztbegründung ergibt bin ich stets begeistert. In der Schule wurden meine Fragen immer mit “das ist eine Konstante – das ist halt so” beantwortet. Das war armselig.

  15. #15 MartinB
    25. Februar 2021

    @Hirk
    Deswegen war ich auch so begeistert, als ich das vestanden habe. Die Querko-Zahl war bei mir immer einfach als “ist halt so” abgespeichert, und man muss sich halt merken, dass Keramiken kleinere Werte haben usw.
    Jetzt brauche ich mir das gar nicht mehr zu merken, weil ich es mir einfach überlegen kann.

  16. #16 Till
    20. März 2021

    Sehr cooler Artikel 🙂
    Kann ich mir die Bindungen bei Keramiken so ähnlich vorstellen wie die Verstrebungen in einer Metallkonstruktion (z.B. Eiffelturm)? Diese Konstruktionen sind ja auch relativ Steif gegen Scherung und haben viel leeren Raum, den man komprimieren kann.

  17. #17 MartinB
    21. März 2021

    @Till
    Ist zumindest kein ganz schlechtes Modell – quantitativ funktioniert es nicht so einfach, aber qualitativ mMn schon.