Diese Woche gab es ja den Nobelpreis für Zeilinger, Clauser und Aspect für Forschungen zur Quantenverschränkung. Und natürlich überschlagen sich wieder alle darin, zu erklären, wie unverständlich diese Quantenverschränkung doch ist. (Florian Aigners Erklärung ist eine löbliche Ausnahme und vermutlich so ziemlich das beste, was man in 2 Minuten im Fernsehen umsetzen kann.) Grund genug, hier mal ein wenig zu erklären, was es damit auf sich hat. Zur Warnung sage ich gleich dazu: “Unverständlich” im Sinne von “geht gegen jede Intuition” ist die Sache, daran lässt sich nicht drehen. Aber was das Seltsame an der Verschränkung ist, das lässt sich schon verstehen.
Ich erkläre die Sache wie so oft an einem Spielzeugmodell (das allerdings eine gute Näherung für eine tatsächliche Eigenschaft von Elementarteilchen ist, nämlich den Spin). Unsere Teilchen (also die Dinger, die sich nach den Regeln der Quantenmechanik verhalten sollen und mit denen wir die Verschränkung bauen) haben eine Art eingebaute “Richtung”, die man durch einen Pfeil kennzeichnen kann. Der kann in beliebige Richtungen zeigen, nach oben, unten, rechts oder links, schräg rechts oben oder so, aber nur in zwei Dimensionen. Der Pfeil ist also wie ein Zeiger auf einem Kompass mit Richtungen Norden, Nordosten usw. Für’s erste brauchen wir aber nur vier mögliche Richtungen: Oben, unten, rechts links (oder Norden, Süden, Osten, Westen, wenn ihr das lieber mögt).
Nehmen wir an, wir haben ein Teilchen, dessen Pfeilwert wir nicht kennen. Wir können die Richtung nicht einfach messen, das erlauben die Spielregeln der Quantenmechanik nicht. Wir können nur entlang einer bestimmten Richtung messen, beispielsweise in der Vertikalen. Wir können uns zum Beispiel vorstellen, wie haben einen Apparat, der alle Teilchen mit Pfeil nach oben nach oben schickt und alle mit Pfeil nach unten nach unten.
Unser Teilchen mit unbekanntem Pfeil trifft also auf den Apparat und wird dann nach oben oder unten abgelenkt. Schicken wir es danach auf noch einen zweiten identischen Apparat, wird ein Teilchen, das beim ersten nach oben ging, auch beim zweiten nach oben gehen, eins, das beim ersten nach unten geht, auch beim zweiten und so weiter. Daraus können wir schließen, dass ein Teilchen, das hinter dem Apparat nach oben läuft auch tatsächlich den Pfeilwert “oben” hat.
Das gibt Regel 1: Ein Teilchen, dessen Pfeilwert wir gemessen haben, hat auch tatsächlich diesen Wert, denn wir messen ihn danach immer wieder. Teilchen können also einen eindeutigen Pfeilwert besitzen.
Jetzt nehmen wir einen zweiten Apparat hinzu, diesmal einen, der die Zustände Pfeil rechts und Pfeil links unterscheiden kann. Wir schicken wieder ein unbekanntes Teilchen auf den Apparat, hinterher haben wir dann ein Teilchen mit Pfeilwert rechts oder links.
Interessanter wird es, wenn wir ein Teilchen mit Pfeilwert oben (oder unten) auf den Apparat schicken, der rechts oder links unterscheiden kann. Dann bekommen wir nämlich zufällig einen Wert und zwar mit derselben Wahrscheinlichkeit von 50%. Umgekehrt genauso: Schicken wir ein Teilchen mit Zustand rechts (oder links) auf den Apparat, der oben und unten unterscheiden kann, bekommen wir mit 50% Wahrscheinlichkeit oben und mit 50% unten.
Ein Teilchen mit Pfeil oben (oder unten) hat also keinen eindeutigen Wert für die Eigenschaft rechts/links und umgekehrt genauso, misst man die Eigenschaft, ist das Ergebnis zufällig. Man sagt auch, der Zustand “oben” ist bezüglich der Eigenschaft links/rechts in einer Überlagerung. (Mehr über Überlagerungen findet ihr hier.)
Regel 2 Die Zustände oben/unten und links/rechts sind nicht miteinander vereinbar, kennt man den Wert in der einen Richtung, ist der Wert in der Richtung senkrecht dazu schlicht unbestimmt. Ein Teilchen kann also bezüglich einer bestimmten Eigenschaft keinen eindeutigen Wert haben.
So, und jetzt kommen wir such schon zur Verschränkung. Wir denken uns eine Maschine, die immer zwei Teilchen gleichzeitig aussendet, am einfachsten in entgegengesetzte Richtungen. Wenn wir die Pfeilrichtungen dieser Teilchen messen, stellen wir fest, dass sie immer genau entgegengesetzt sind, ist das eine oben, ist das andere unten, ist eins links ist das andere rechts. (Technisch lässt sich das z.B. umsetzen, indem man Elektron-Positron-Paare erzeugt, das Beispiel nimmt Feynman in den Feynman Lectures.)
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