Gestern ging die Meldung durch die Medien, dass Israel mit Syrien Friedensverhandlungen führe. Bis jetzt verlautete dies nur gerüchteweise und die Nachricht verfehlte nicht ihre Wirkung. Aber abgesehen von Newswert, was steckt dahinter und was ist der Kontext der Gespräche?

Mir sind die Gerüchte aufgefallen, nachdem ich einen Vortrag von Johan Galtung besucht habe (1). Er meinte damals ominös, dass sich im Nahen Osten etwas tut und wir wohl bald darüber in der Zeitung lesen würden. Ein paar Tage später las ich von den Gerüchten über Verhandlungen. Gemäss dem Zeitungsartkel war ein Lösungsvorschlag für den von Israel besetzten Golan einen Naturschutzpark einzurichten. Eine Lösung, die auf Anregung Galtungs auch schon in einem Konflikt zwischen Peru und Ecuador funktionierte und zu Galtungs Vorzeigebeispiel wurde. Ich kann mir also gut vorstellen, dass er auch irgendwie involviert war.

Warum jetzt diese Verhandlungen? Gemäss dem oben verlinkten NZZ Artikel begannen die Gespräche 2004. Ich vermute, dass Syrien mit dem Rücken zur Wand steht. Seit der Machtübernahme von Assad Junior im Jahr 2000 kämpft Assad mit innen- und aussenpolitischer Akzeptanz. Die Anschuldigungen betreffend seiner Rolle im Libanon haben diesen Druck zweifelsohne noch erhöht. Gleichzeitig ist die Besetzung des Golans für Israel wohl mehr und mehr eine Belastung, die die strategischen Vorteile aufwiegt.

Beide Seiten sind aber noch sehr vorsichtig und vermeiden sich schon in irgendeiner Form zu verpflichten. Man kann sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen wenn das Resultat ein ‘inoffizielles, nicht unterzeichnetes Non-Paper über das bisher Erreichte’ (NZZ) ist. Gemäss der NZZ und basierend auf diesem Dokument, würde Israel sich auf die Grenzen vor dem 6- Tage Krieg zurückziehen und eine demilitarisierte Zone würde eingerichtet, die sich auch in das Souveränitätsgebiet der beiden Länder erstreckt. Dies ist bestimmt nicht uninteressant für das militärisch schwächere Syrien. Auf Mount Hermon soll eine amerikanischen Beobachterstation zur Frühwarnung eingerichtet werden (was wohl einer entsprechenden israelischen Präsenz sehr nahe kommt). Syrien würde auf diverse Unterstützung verzichten (Hamas im Gaza, Iran), aber das scheint mir schwer kontrollierbar und würde wohl ein Lippenbekenntnis bleiben.

Offensichtlich besteht ein eindeutiger Wille zu einer Lösung zu gelangen. In einer lanfristigen Perspektive fällt auf, dass trotz der Skepsis der Amerikaner und trotz eines Luftangriffes Israels gegen Syrien im letzten Jahr (was als Kriegserklärung hätte aufgefasst werden können) während den Gesprächen, ist man weit gekommen. Vielleicht werden wir tatsächlich bald einmal wieder positive Neuigkeiten aus dem Nahen Osten vernehmen. Verhandeln scheint jedenfalls auch zu Lösungen zu führen und bestimmt zu nachhaltigeren als Bomben.

(1) Ich empfehle allen, die die Gelegenheit haben Johan Galtung einmal live zu hören, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Egal ob man mit allem Einverstanden ist, der Mann ist auf jeden Fall eine Show und ein spannender Redner.