In der Ausgabe des New Yorkers von letzter Woche fand sich ein interessanter Artikel zum Fall eines Häftlings, der in den USA seit 2001 unter den Terrorismus-Sondergesetzen der Bush Administration festgehalten wird. Die Art und Weise wie die Obama Administration diesen Fall handhabt wird vermutlich einen Präzedenzfall für viele andere schaffen, die als ‘feindliche Kämpfer’ (Illegal Combatants) festgehalten werden.

Ali Saleh Kahlah Al-Marri ist Bürger von Qatar und wurde 2001 im Rahmen der Untersuchungen zu den Anschlägen auf das World Trade Center festgenommen. Eigentlich hätte er vor Gericht gestellt werden sollen, 2003 wurde er aber auf Anordnung vom damaligen Präsident Bush vom Militär übernommen und unbefristet festgehalten. El-Marri beteuert nach wie vor seine Unschuld.

Interessant ist übrigens auch, wie die Haftbedingungen von Al-Marri, der sich in Einzelhaft befindet, in den letzen Jahren verbessert wurden, anscheinend auf Betreiben der Zuständigen in seinem Gefängnis.1 Diese waren nämlich nicht in der selben unsäglichen Befehlskette, die zu Abu Ghraib und Guantanamo führten, sondern wurden ausgebildet, einen halbwegs humanen Gefängnisbetrieb aufrecht zu erhalten. Ein weiteres Indiz wie sehr das Abrücken von fundamentalen Rechtsgrundsätzen in den letzen acht Jahren von oben diktiert wurde.

Der Fall hat Signalwirkung, wie die Administration Obama das Problem der im legalen Niemandsland Festgehaltenen lösen möchte. Obama war gezwungen zu reagieren, da der Fall El-Marri nach mehreren Rekursen vor dem obersten Gericht gelandet ist und die juristischen Argumente eingereicht werden mussten. Gestern hiess es nun, dass eine Klage wegen Terrorismus vor einem zivilen Gericht eingereicht wird und das bedeutet somit wohl, dass der Rekurs vor dem obersten Gericht als obsolet suspendiert werden wird. Damit wäre der letzte auf US Boden festgehaltene ‘Illegale Kämper’ ins reguläre Justizsystem überwiesen worden.

Die Kategorie ‘Illegale Kämpfer’ gab es im Völkerrecht bisher nicht. Es war aber ein Weg um den Festgehaltenen nicht die Rechte zukommen lassen zu müssen, die Kriegsgefangenen gemäss den Genfer Konventionen zustehen (ironischerweise eine indirekte Affirmation deren Gültigkeit). Da aber keine Alternative für die Beurteilung geschaffen wurde (die dafür vorgesehen Militärgerichte schienen von Anfang an nur eine halbherzige Lösung die schwer Umsetzbar war) blieben die Gefangenen in einer rechtlichen Zwischenwelt stecken. Aber auch aus Sicht des nationalen Rechts ist es eine Schande. Wen eine Person per präsidentielles Dekret auf unbestimmte Zeit ohne richterliche Beurteilung festgehalten werden kann, hebelt dies den Rechtsstaat per Definition aus. Obama, selber Jurist, scheint nun dieser Sache eine Ende setzen zu wollen. Er muss jedoch aufpassen, dass er nicht als ‘weich’ in der Terrorismusbekämpfung rüberkommt (Al-Marri könnte zum Beispiel freigesprochen werden, weil ihn belastende Aussagen unter Folter zustande kamen). Volksgefühl und Rechtstaat sind nicht immer zu hundert Prozent kompatibel.

1 Al-Marri hat inzwischen auch einen Fernseher hat aber nur beschränkten Zugang zu den Nachrichten. Er ist angeblich ein grosser Fan vom Colbert Report und Jon Stewarts Daily Show den er laut New Yorker ‘that Jewish Guy’ nennt.