Die Minarett-Verbotsinitiative die vom Schweizer Volk mit deutlichem Mehr angenommen wurde schlägt erwartungsgemäss weiterhin hohe Wellen. Die Schweizerische Volkspartei kostet ihren Sieg aus und verfällt in Hyperaktivismus und lautes Fordern. Der neuste Vorschlag liegt zwar ganz auf der bisherigen Linie, sollte aber in seinen Konsequenzen klar ausgelegt werden. Da es um das Völkerrecht geht, fühle ich mich zu einer kurzen Anmerkung berufen.
Die SVP überlegt sich eine Initiative zu lancieren, die einen der wenigen Gründe für eine Ungültigkeitserklärung einer Volksinitiative wegfallen lassen würde: Im Moment darf eine Volksinitiative nicht gegen zwingendes Völkerrecht verstossen. Die Auslegung dazu fällt, da politisch heikel, im Zweifelsfalle zugunsten der Initiative aus. Mir sind nur vier Fälle einer Ungültigkeitserklärung bekannt und davon war nur eine einzige wegen Verletzung von zwingendem Völkerrecht.
Diese Forderung ist ein alter SVP Hut und ich habe genau deswegen schon über die Unterscheidung zwischen zwingendem und und nicht-zwingendem Völkerrecht geschrieben. Nicht-zwingendes Völkerrecht wären, wie im verlinkten Post beschrieben, Regeln die ein Staat implizit oder explizit akzeptiert hat (zum Beispiel durch einen Internationalen Vertrag). Es geht der SVP hier aber ausdrücklich um das zwingende Völkerrecht (jus cogens) also ausschliesslich um Regeln, von denen es keine Ausnahme geben kann (schon das eigentlich ein Widerspruch).
Was sind also diese schrecklichen, von Aussen auferlegten Regeln, die unter das zwingende Völkerrecht fallen mit dem Ziel ein freies Volk zu unterjochen? Gerne leiste ich Aufklärung mit ein paar unbestrittene Beispiele von jus cogens:
- Agressionskriege
- Kriegsverbrechen
- Genozid (ein Spezialfall eines Kriegsverbrechens)
- Verbrechen gegen die Menschlichkeit
- Sklaverei
- Piraterie
- Folter
Nun setzt sich die SVP dafür ein, dass das Schweizer Volk ein Recht hat auch über solche Fragen zu bestimmen. Laut SVP bestehe keine Gefahr, dass etwas von der obigen Liste tatsächlich in einer Abstimmung gutgeheissen würde. In Anbetracht der konservativen Praxis bei der Ungültigkeitserklärung, heisst dies wohl es gibt zwei mögliche Motivationen für die Initiative:
- Die SVP setzt sich für ein Recht ein, das keiner will. Es geht ihr nur um die eigene Profilierung und sie schert sich nicht wirklich um die Volksrechte. Für das Wohl der eigenen Partei werden der Allgemeinheit Kosten verursacht.
- Die SVP denkt, dass wenn die Schweizer einen Genozid oder Angriffskrieg begehen wollen, sollten sie das Recht dazu haben, solange eine Mehrheit dafür ist. Die Mehrheit hat nunmal immer Recht. Das haben wir die letzten Tage mehr als einmal gehört.
Vielleicht kann mich ein Parteimitglied aufklären, welche der Erkärungen zutrifft.
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