Ich bin gerade zurück von einem kurzen Abstecher nach Turin. Italien liegt näher an Genf als dies meine mentale Karte zeigt. Ich war zwar im Museum, aber nicht wegen dem Grabtuch. Auch wenn die Ausstellung des vermeintlichen Grabtuchs Jesu noch am Laufen gewesen wäre, hätte ich mir mehrere Stunden Wartezeit für die fünf Minuten Anblick des ziemlich sicher mittelalterlichen Lappen nicht angetan. Trotzdem habe ich mir Jesus-Bilder angeschaut.

Torino-mole.jpg

In Turin findet man auch ein nationales Kinomuseum in einem kaum zu übersehenden Bau, dem Mole Antonelliana (siehe Bild). Da in Turin alles Sindone-dies und Sindone-das ist (Sindone heisst das Grabtuch auf Italienisch), bot auch das Kinomuseum eine Ausstellung an für die Legionen von Grabtuch-Pilgern die Turin in den Wochen der Ausstellung überrannten. Das Thema war die Darstellung von Jesus in der Filmgeschichte.

Die Idee klang bestechend und passt auch gut zu Fragen rund um das Bildnis von Jesus, ob es zulässig ist oder nicht und wie es in der Filmgeschichte aufgenommen wurde. Leider schafften es die Ausstellungsmacher nicht wirklich diesen Erwartungen gerecht zu werden. Die Ausstellung bestand aus einer langen und unkommentierten Bildergallerie in der grossen Halle des Mole. Nichts wird in Kontext gesetzt und kaum etwas wird systematisch verglichen. Am deutlichsten wird das, bedenkt man wie die Ausstellung konzipiert ist: Chronologisch nämlich und zwar nicht der Filmgeschichte folgend sondern dem Evangelium. Zu verschiedenen Stationen der Geschichten aus der Bibel wurden zwei bis drei Bilder aus Filmen einander gegenübergestellt. Manchmal gehen diese zurück bis Anfangs 20. Jahrhundert, grossenteils waren es neuere Filme. Die Konzentration auf die Chronologie des Evangeliums verrät vermutlich die primäre Motivation hinter dem Konzept. Leider wäre dies wohl im Vatikan angebrachter gewesen als im Kinomuseum.

Die Auswahl der Bilder schien sich mehr am eigenen Verständnis der Geschichten der Ausstellungsmacher auszurichten, als umgekehrt. So fand zum Beispiel Mel Gibsons Passion of the Christ überproportional viel Beachtung am blutigen Ende. Ironisierende Filme wie Monty Pythons Life of Brian fanden gar keine Beachtung. Das einzige was ich von der Aussstellung über das Bildnis Jesus im Film wirklich mitgenommen habe ist, dass er immer blonder, seine Augen blauer und die Bärte generell gestutzter werden.

Die Ausstellung Ecce Homo ist noch bis am 6. Juni in Turin zu sehen.

Bildquelle: Mole Antonelliana, Turin, unter CC 2.0 von Kevin Hutchinson

Kommentare (7)

  1. #1 danker
    Mai 28, 2010

    Ironisierende Filme wie Monty Pythons Life of Brian fanden gar keine Beachtung.

    Weil darin Jesus nur als Heiler eine ganz kleine Nebenrolle hat?
    Bei einer Ausstellung über A.Einstein würde ich auch keinen Bezug zu “Einstein Junior” erwarten. 😉

    Bilder zur Ausstellung wären nicht schlecht gewesen, dann wäre die Kritik greifbarer.

  2. #2 Muhja
    Mai 28, 2010

    Life of Brian ist ja an sich eine Ironie des Leben Jesus und deshalb interessant und nicht wegen des tatsächlichen Vorkommens Jesu im Film 🙂

  3. #3 ali
    Mai 28, 2010

    @danker

    Hatte leider keine Kamera dabei und auf der Website des Museums findet man nichts. Die beiden Personen mit denen ich dort war, hatten einen ähnlichen Eindruck.

    Bei einer Ausstellung über die Repräsentation von Einstein im Film würde ich Einstein Junior (so flach der Film auch ist) vermissen, nimmt er doch einige Klischees und Representationen auf.

    Dass Jesus im Life of Brian nur eine Nebenrolle spielt finde ich nebensächlich, folgt doch der ganze Film der biblischen Erzählung und ist somit schon eine Repräsentation zumindest der Geschichte. Jesus Christ Superstar hat auch Aufnahme gefunden.

  4. #4 Mike
    Mai 29, 2010

    Sie irren, wenn sie glauben, das Grabtuch stamme aus dem Mittelalter. Wer soll im Mittelalter in der Lage gewesen sein, ein Negativbild darzustellen bevor 500 jahre bevor die Fotografie erfunden wurde? Und warum sollte das jemand tun?

    Es gibt schon sehr viele Beweise für die Echtheit, die der wissenschaft momentan noch ein Dorn im Auge sind. In ca. drei Jahren werden wir gewissheit haben. Dann wird der Carbontest wiederholt!

    Gruß

    Mike

  5. #5 cydonia
    Mai 29, 2010

    Werter mike, dass das Tuch durchaus eine beachtliche künstlerische Leistung ist, bezweifelt niemand. Dass das Tuch im 14 Jhdt. angefertigt wurde bezweifelt aber auch niemand(Außer den Menschen, die dran glauben wollen).
    Jede wissenschaftliche Untersuchung hat das bestätigt. Viel interessanter aber ist es, dass der Glaube vieler Christen anscheinend so schwach ist, dass sie eine Fälschung brauchen, um diesen zu stützen. Es handelt sich also bei dem Tuch um ein psychologisches, und nicht um ein wissenschaftliches Problem.
    Aber der Beitrag von ali handelt auch nicht in erster Linie vom Tuch, deswegen sollte es das jetzt auch gewesen sein.

  6. #6 ali
    Mai 29, 2010

    @Mike

    Sie irren, wenn sie glauben, das Grabtuch stamme aus dem Mittelalter.

    Das ist sehr viel Gewissheit, wenn man die tatsächliche Beweislage anschaut. Wer wirklich agnostisch an die Sache herangeht muss zumindest bei der momentanen Evidenz zum Schluss kommen, dass es sich ziemlich sicher um eine Fälschung handelt. Mit Überzeugung zu sagen ‘Sie irren’ ist ein untrügerischer Hinweis darauf, dass Sie mit der Schlussfolgerung angefangen haben. Darum gehen Sie auch davon aus (“werden wir Gewissheit haben”) dass neue Messungen ein älteres Alter bestätigen werden, etwas was doch eigentlich weniger wahrscheinlich ist, ausser eben man glaubt fest daran, dass das Tuch älter sein muss.

    Die Perspektive stimmt nicht, ebenso die Proportionen der Gliedmassen, Augen etc. Angeblich entsprechen diese aber dem damaligen Konventionen in der Kunst. Drei unabhänge Labors haben das Alter auf die Zeit datiert, in der das Tuch auch in Quellen auftaucht. Eine Periode in der der Reliquienhandel blühte. Die ersten Quellen sprechen (auch die katholische Kirche!) von einer Fälschung.

    Fast alle ‘Belege’ für die Echtheit sind negative Beweise (Probe war verunreinigt, ein Negativ vor der Erfindung der Photographie, Pigmente/Abdruck können nicht erklärt werden, etc.). Auf der Pro-Seite steht nur eine gelinde gesagt sehr umstrittene Pollenanalyse und die historisch kaum verbürgte Behauptung, dass einmal ein Mann Namens Jesus gelebt hat und von den Toten auferstanden sei, etwas dass weder vorher noch nachher je wieder passierte. Nicht einmal die Verbindung dieser Geschichte mit dem Grabtuch ist wirklich hergestellt. Am ehsten noch durch die in der Bibel von den meisten Evangelisten erwähnten Dornenkrone und typische Verletzung. Doch könnte man dies genau so gut als Hinweis auf eine Fälschung nehmen, da ein Fälscher diese sicher übernehmen würde, wir hingegen historisch keine verbürgten Berichte haben, dass diese tatsächlich existierten.

    Auch nicht die katholische Kirche behauptet das Tuch sei echt. Warum katholischer als der Papst sein?

    P.S.: Es ist übrigens kein echtes Negativ.

  7. #7 S.S.T.
    Mai 29, 2010

    @ali

    Hast Du eigentlich mal ‘Quanten’ in Betracht gezogen? Im Falle eines Falles, erklären Quanten einfach alles.

    Und der Neutronenblitz (oder was auch immer) bei der AUFERSTEHUNG bringt doch eh jedes dogmatische Wissenschafftsgebäude unweigerlich zum Einsturz.

    Mir scheínt, Du bist ein wenig zu engstirnig und gegenüber alternativen (aka naiven) Ideen zu wenig aufgeschlossen. Nimm Dir mal ein Beispiel an @Mike und seinem höchst fundierten Kommentar, das sollte Deine Grundlage für zukünftige Artikel sein!